Interview

Bremer Justizstaatsrat: Sanierung und Verlegung löst JVA-Probleme

Bremen will JVA-Probleme mit Sanierung und Verlegungen lösen

Bild: Radio Bremen

In Bremen kommen vorerst keine Menschen in Haft, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Bremens Justizstaatsrat hat die Entscheidung verteidigt.

Björn Tschöpe (SPD) ist Bremens Justizstaatsrat. Im Interview erklärt er, welche Lösung er für das Platzproblem sieht und warum ein Neubau nicht dazu gehört.

Herr Tschöpe, was ist Ihrer Meinung nach die beste Lösung, um das Problem auch langfristig in den Griff zu bekommen?

Wir haben ja schon eine Lösung mit 60 weiteren Plätzen, die wir geschaffen haben, um den Umbau und die Sanierung der bisher vorhandenen Hafthäuser organisieren zu können. Wenn die Sanierung durch ist, haben wir sowieso schon mal 60 Plätze mehr. Das ist der erste Schritt. Der zweite Schritt ist: Ich werbe sehr dafür, dass wir den Jugendstrafvollzug nach Hameln verlagern. Das ist gut für die Jugendlichen, weil die Qualifizierungangebote dort deutlich besser sind. Die haben mehr Jugendliche, also auch mehr Angebote. Und ein Bau wie von Herrn Schröder [Marcel Schröder, FDP, Anm. d. Red.] vorgeschlagen hat, jetzt, wäre ja frühestens in acht bis neun Jahren fertig. Das würde also die Probleme jetzt nicht lösen.

Wie konkret sind denn die Pläne, Häftlinge auch auf andere Bundesländer zu verteilen? Denn da kommen ja auch Kosten auf das Land Bremen zu, die so vermutlich nicht vorgesehen sind.

Die sind nicht vorgesehen, aber wir haben jetzt so viele Häftlinge, und da muss man mit einem Bündel von Maßnahmen drauf reagieren. Für Hameln sind wir schon in Gesprächen mit Niedersachsen. Niedersachsen benötigt selbst zur Zeit Kapazitäten und kann uns nicht den übergangslosen Umzug ermöglichen, hat uns aber angeboten, ab Weihnachten mit uns darüber zu sprechen, sodass eine Verlagerung 2025 möglich ist. Kurzfristig könnten wir auch Häftlinge nach Sachsen-Anhalt verlagern. Die wollen aber eine Haftkostenentschädigung, das wäre in der Tat sehr teuer.

Wie wollen Sie denn mit den Konsequenzen umgehen? Es gibt eine gesetzliche Resozialisierungspflicht, vor allem für die jungen Häftlinge, die dann nicht mehr erfüllt ist, aus Hameln nach Bremen.

Ich halte das für Quatsch. Wenn man in Buxtehude straffällig geworden ist, wird man auch in Hameln resozialisiert.

Man könnte auch sagen: Man hat schon mal den Heimvorteil, in Bremen zu sein.

Natürlich ist das ein Heimvorteil. Aber alle Jugendlichen aus Niedersachsen gehen nach Hameln. Warum dann eine Bremer Sonderwurst gebacken werden muss, kann ich nicht nachvollziehen. Und ich glaube auch, dass das mit der Resozialisierung kein Stück schwieriger wird – es wird eher besser, weil das Qualifikationsangebot besser wird.

Wie wird denn der Bedarf in Zukunft geregelt? Denn bei der Polizei liegen mehr als 20.000 Akten auf Halde, bei der Jusitz stapeln sich die Akten. Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass auch künftig mehr Plätze in Bremen gebraucht werden?

Mit der Prognose ist es immer schwierig. Wir haben immer wellenförmige Bewegungen im deutschen Strafvollzug gehabt, seit den 70er Jahren, wo gesagt worden ist: "Jetzt brauchen wir deutlich mehr" oder "Ihr müsst Kapazitäten abbauen". Das sind immer so fünf- bis sieben-Jahres-Rhythmen. Wenn man die fortschreiben würde, kommt man zu dem Ergebnis, dass man wahrscheinlich in fünf bis sieben Jahren weniger braucht. Das ist im Moment nicht abzusehen. Auch die Entwicklungen in Europa sind so. In Großbritannien sind die Knäste voll, Labour hat als eine der ersten Maßnahmen verfügt, dass 5.000 Häftlinge früher entlassen werden müssen.

Nochmal zurück nach Bremen: Das heißt, Ihr Motto ist mehr oder weniger Augen zu und durch? Die Halde und die Akten werden schon irgendwie beseitigt werden?

Nein, nicht Augen zu und durch. Wir haben 60 Plätze sowieso, wenn die Sanierung durch ist. Wir haben die Möglichkeit, 50 Leute nach Hameln zu bringen. Wir haben die Möglichkeit, zehn Leute nach Sachsen-Anhalt zu bringen –

Und das wird ausreichen, Ihrer Meinung nach?

– und, in der weiteren Sanierung steht an, die Pavillonstruktur am Fuchsberg neu zu bauen. Und auch da könnte man noch weitere Haftplätze einrichten. Aber all das, was man baulich macht, hat eine Perspektive von sieben bis acht Jahren.

Das Interview führte Lea Reinhard. Aufgeschrieben von Phyllis Frieling.

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Autorin

  • Lea Reinhard
    Lea Reinhard

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 15. Juli 2024, 19:30 Uhr