Was ist los rund um den Bürgermeister-Koschnick-Platz?
2023 erhielt der Platz in Bremen-Gröpelingen seinen jetzigen Namen. Jetzt wird er videoüberwacht. Der Grund: Die vielen Straftaten, die dort begangen werden. Ein Ortsbesuch.
Seit Ende Juli hängen die beiden neuen Überwachungskameras an einem Mast am Einkaufscenter Lindenhof – mit bestem Blick auf den Bürgermeister Koschnick-Platz in Gröpelingen. Das Dreieck zwischen der Gröpelinger Heerstraße und der Straße "Am Ohlenhof".
Ein belebter Ort, an dem sich viele Menschen aufhalten und an dem in den letzten zwei Jahren viele Straftaten begangen worden sind. Erst Ende Mai gab es hier eine Massenschlägerei, bei der mehrere Leute verletzt wurden. Im April war ein Mann mit einer Machete in einen Streit verwickelt. Laut der Bremer Polizei waren es rund 1.500 Straftaten in den letzten beiden Jahren.
Mit den Kameras möchte die Polizei potenzielle Täterinnen und Täter abschrecken. Außerdem sollen damit Straftaten besser verfolgt werden können.
Ortsamt findet Videoüberwachung richtig
Für Anwohnerinnen und Anwohner sei der Platz inzwischen ein regelrechter Angstort, wie Cornelia Wiedemeyer, Leiterin des Ortsamts West betont.
Die Anwohner der Straßen haben Angst, diesen Platz zu queren. Die gehen mittlerweile teilweise Umwege um in ihre Wohnstraße zu kommen.
Cornelia Wiedemeyer, Leiterin Ortsamt West
Eine Drogenszene habe es an dem Platz schon immer gegeben, sagt Wiedemeyer. Doch seit 2023 habe sich die Situation verschlimmert. Das Ortsamt hofft, dass durch die Videoüberwachung der Angstraum rund um den Platz beseitigt wird und dass potenzielle Täterinnen und Täter abgeschreckt werden.
"Es ist uns klar, dass diese Probleme, die wir da haben, gesamtgesellschaftliche Probleme sind", sagt Wiedemeyer. Videoüberwachung und mehr Polizeipräsenz allein würden nicht ausreichen. "Wir müssen Integration betreiben, wir müssen Bildung betrieben. Also man muss an ganz vielen Stellen an diesen gesamtgesellschaftlichen Problemen arbeiten."
Trotzdem sei es wichtig gewesen, jetzt an dem Platz einzugreifen. Dennoch schließt Wiedemeyer nicht aus, dass sich die Kriminalität in andere Straßen verlagern könnte.
Anwohner fühlen sich unsicher
Anwohnerinnen und Anwohner der Ritterhuder Straße hatten Ende Juli sogar ein Schreiben aufgesetzt, in dem sie ein Waffenverbot und Videoüberwachung gefordert haben. Viele von ihnen fühlen sich hier einfach nicht sicher.
Ich habe Kinder und die muss ich immer ganz schön aus der Schusslinie nehmen. Wir gehen nur zum Einkaufen und wieder zurück und dann geht’s schon wieder los. Das ist ja nicht wie früher, dass die sich mit Fäusten schlagen, sondern die ziehen ja Messer, Waffen.
Anwohnerin
Ich bin hier in Gröpelingen seit 2008 und es war noch nie so, wie in den letzten Jahren. Wenn ich damals von der Arbeit gekommen bin, habe ich mich sicher gefühlt. Jetzt nein.
Anwohnerin
Juwelier Mehmet Argundogan arbeitet seit 35 Jahren an der Gröpelinger Heerstraße. Sein Juwelier-Geschäft betreibt er seit zwei Jahren. Es liegt direkt am Bürgermeister Koschnick-Platz. Er denkt nicht, dass die Kameras etwas bringen.
Ich sehe, das hat nicht viel verändert. Abends ist es immer das Gleiche.
Mehmet Argundogan, Juwelier aus Gröpelingen
Eine Zeit lang habe vor der Deutschen Bank an dem Platz ein Streifenwagen gestanden, da wäre die Situation besser gewesen, sagt Argundogan.
Der Imbiss neben seinem Geschäft habe sogar darauf verzichtet, drinnen Stühle aufzustellen: "Die sitzen da und dealen oder machen irgendwas. Deswegen haben sie ihre Stühle und Tische in den Keller gepackt."
Auch Kiosk-Besitzer Dennis schräg gegenüber vom Juwelier denkt nicht, dass die Kameras Straftaten verhindern: "Hier passiert immer was. Egal ob da jetzt Kameras hängen oder nicht. Wir haben ja auch Kameras und das ist halt wichtig für uns."
Datenschützer kritisiert Videoüberwachung
Auch der Landesbeauftragte für Datenschutz, Steffen Bothe, kritisiert den Einsatz von Überwachungskameras im öffentlichen Raum. Laut ihm würden die Kameras nicht dafür sorgen, dass dort weniger Straftaten stattfinden.
Weil unserer Erfahrung nach die Kriminalitätsrate dadurch nicht sinkt oder vielleicht auch nur verlagert wird. Die Ursachen liegen woanders. Und eine Überwachung von allen Menschen, die sich auf dem Gebiet aufhalten, ist dann schon sehr problematisch.
Steffen Bothe, Landesbeauftragter für Datenschutz
Eine verstärkte Polizeipräsenz wäre laut Bothe effektiver. Laut dem Innenressort hat die Polizei den Platz auch im Auge. Zusätzlich zu den Kameras seien regelmäßig Polizisten auf dem Platz im Einsatz.
Nach drei Monaten soll die Überwachung durch das Innenressort, die Polizei und den Landesdatenschutzbeauftragten ausgewertet werden.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. August 2024, 19:30 Uhr