Fragen & Antworten
Video-Überwachung: An diesen Orten schaut Bremens Polizei genau hin
Die Polizei startet die Kamera-Überwachung an einem Brennpunkt in Gröpelingen. Warum sie das macht und wo schon jetzt in der Stadt genau hingeschaut wird, erklären wir hier.
Wenn der Staat seine Bürger überwacht, muss er dies gut begründen. In Bremen gibt es inzwischen zahlreiche Videokameras, die Gebäude, Straßen und Plätze in den Blick nehmen. Wo dies passiert, warum und auf welcher Grundlage, beantworten wir hier.
Wo findet Videoüberwachung in Bremen statt?
In Bremen werden, inklusive des jetzt neu dazugekommenen Bürgermeister-Koschnick-Platz derzeit 113 öffentliche Einrichtungen, Straßen und Plätze überwacht. Dies geht aus einer Übersicht hervor, die vom Senat im Netz veröffentlicht worden ist. Viele der überwachten Einrichtungen befinden sich in der und rund um die Bremer Altstadt. Darunter Brennpunkte wie die Discomeile oder der Hauptbahnhof, politische sensible Standorte wie das Haus der Bürgerschaft oder das Haus des Reichs, in dem Bremens Finanzressort und das Finanzamt ihren Sitz haben.
Videoüberwachung im Bremer Zentrum (ausgewählte Standorte)
Ebenfalls überwacht werden Verkehrs-Knotenpunkte wie Brill und Stern. Hinzu kommen Arbeitsämter und Sozialzentren, viele Schulen und auch Bremens Hochschulen. So weist die Stadt beispielsweise für die Universität drei überwachte Standorte aus.
Videoüberwachung im Bremer Nordosten (ausgewählte Standorte)
Ob auch der Bürgermeister-Koschnick-Platz als Brennpunkt in Gröpelingen dauerhaft videoüberwacht wird, soll in einigen Wochen entschieden werden.
Videoüberwachung im Bremer Nordwesten (ausgewählte Standorte)
Nicht zuletzt werden diverse polizeiliche Liegenschaften videoüberwacht. Welche Liegenschaften genau, darüber gibt das Innenressort jedoch "aus taktischen Gründen" keine Auskünfte.
Wird auch in Bremerhaven videoüberwacht?
Nein. In der Stadt Bremerhaven gibt es dem Innenressort zufolge keine Kamerastandorte zur Überwachung des öffentlichen Raums. "In Planung ist zurzeit die Videoüberwachung der Maritimen Tage", sagt Ressortsprecherin Canan Sevil. Diese Maßnahme sei jedoch ausschließlich für den ausgewiesenen Veranstaltungsraum genehmigt. Die Maritimen Tage finden vom 14. bis zum 18. August statt.
Wann darf der Staat Überwachungskameras installieren?
Nicht überall darf Bremen Videokameras aufstellen. Wo dies erlaubt ist, regelt im Wesentlichen das Bremische Polizeigesetz. Dort heißt es in Paragraf 32, dass der Polizei unter anderem Videoüberwachung erlaubt ist für "öffentlich zugängliche Orte, an denen vermehrt Straftaten begangen werden oder bei denen aufgrund der örtlichen Verhältnisse die Begehung von Straftaten besonders zu erwarten ist […]."
Darüber hinaus ist die Kameraüberwachung erlaubt "für die öffentliche Versorgung wesentlicher Infrastruktureinrichtungen" sowie die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Objekt stehenden Grün- oder Straßenflächen. Allerdings muss dafür die Annahme gerechtfertigt sein, dass eine Gefahr für die Sicherheit des Landes oder für Leib oder Leben einer Person vorliegt.
Für den seit Ende Juli überwachten Bürgermeister-Koschnick-Platz argumentieren Polizei und Innenbehörde mit der hohen Kriminalitätsrate. Von Juni 2022 bis Ende Mai 2024 wurden rund um den Platz 1.559 Straftaten festgestellt. Die Hälfte davon Diebstähle. Jede zehnte Straftat hatte darüber hinaus mit Körperverletzung oder etwa ebenso häufig mit Drogenmissbrauch zu tun.
Welche Beteiligten müssen eingebunden werden?
Auch wenn die Kriminalstatistik für eine Überwachung spricht, dürfen Polizei und Innenbehörde nicht ohne Weiteres Videokameras installieren.
So muss die Anordnung einer Videoüberwachung in Bremen stets durch den Innensenator erfolgen. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) befürwortet die Installation von Kameras am Bürgermeister-Koschnick-Platz allerdings ausdrücklich.
Die Kriminalitätsbelastung ist auf diesem hoch frequentierten Platz und seiner unmittelbaren Umgebung deutlich zu hoch. Das ist nicht hinnehmbar.
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer zur Situation am Bürgermeister-Koschnick-Platz in Gröpelingen
Das allein reicht jedoch nicht. Denn das Polizeigesetz legt auch fest, dass Videoaufzeichnungen "nicht gegen den Willen der Eigentümerin oder des Eigentümers dieser Objekte oder öffentlich zugänglichen Räume erfolgen" dürfen.
Für den Hans-Koschnick-Platz unterstützt der Beirat Gröpelingen das Vorhaben. "Im Moment massiert es sich an dieser Stelle und da muss ganz dringend etwas passieren", sagt Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer. Sie sieht die Überwachung als eine Maßnahme von vielen, neben zusätzlichen gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen wie einer verbesserten Bildung und Integration.
Um die Bürgerinnen und Bürger vor Ort über eine Überwachung zu informieren, müssen zudem gut sichtbar Hinweisschilder auf die Kameras hinweisen.
Nicht zuletzt muss der Datenschutz gesetzlich durch Polizei und Innenbehörde berücksichtigt werden. Weshalb Bremens Landesbeauftragte für Datenschutz, Imke Sommer, dem Innenressort zufolge im Vorfeld der Entscheidung rund um den Brennpunkt in Gröpelingen in die Planungen einbezogen worden sei. Auch am Evaluationsprozess soll Sommer beteiligt werden.
Wie und wie lange darf überwacht werden?
Am Bürgermeister-Koschnick-Platz plant die Innenbehörde zunächst, die Videoüberwachung auf drei Monate zu begrenzen. Bereits nach vier Wochen soll allerdings geprüft und bewertet werden, ob die Maßnahme fortgeführt oder angepasst werden muss.
Die Kamerabilder werden der Innenbehörde zufolge in Gröpelingen zwei Wochen lang gespeichert und dann gelöscht. Die gesetzliche Fristen liegen eigentlich, je nach Art der Überwachung, bei ein oder zwei Monaten – außer sie dienen im Einzelfall zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten.
Generell gilt laut Polizeigesetz, dass die Zustimmung zu einer Videoüberwachung alle zwei Jahre erneut einzuholen ist. Das heißt, es muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Maßnahme noch immer erfüllt sind.
Was kostet die Videoüberwachung?
Die Kosten für die Videoüberwachung lassen sich nur grob fassen. In einer jüngst veröffentlichten Mitteilung des Senats zu einer Kleinen Anfrage der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft heißt es dazu: "Konkrete Aussagen zu den einzelnen Kosten eines Videoaufklärungssystems einer Haltestelle sind nur bedingt möglich, da die Videoüberwachung maßgeblich von den örtlichen Gegebenheiten abhängt."
Als grobe Schätzwerte nennt der Senat für einen kleineren bis mittleren Überwachungsbereich für Infrastruktur-, Boden- und Planungskosten sowie Kameratechnik pro Standort rund 125.000 bis 250.000 Euro. Als Wartungskosten für Standorte wie den Hauptbahnhof oder den Bahnhof Vegesack werden rund 26.000 Euro pro Jahr angegeben.
Für die rund um die Uhr besetzte Leitstelle der Polizei, die die Videosysteme überwacht, entstehen der Mitteilung zufolge Personalkosten von rund 500.000 Euro für sieben Mitarbeitende.
Welche Ergebnisse haben Videoüberwachungen in Bremen bislang gebracht?
Das Innenressort erhofft sich von der Videoüberwachung am Bürgermeister-Koschnick-Platz und an anderen Brennpunkten in Bremen unter anderem eine bessere Abschreckung und somit Straftatenvermeidung sowie eine bessere Aufklärungsquote bei der Strafverfolgung.
Konkrete Zahlen, wie sich Abschreckung und Aufklärung an anderen kameraüberwachten Standorten entwickelt haben, nennt das Innenressort auf Nachfrage buten un binnens allerdings nicht. "Die Wirkung präventiver Maßnahmen lässt sich nicht anhand einzelner Parameter bemessen, vielmehr bedarf es hier der Berücksichtigung einer Vielzahl möglicher Einflussfaktoren", sagt Ressortsprecherin Canan Sevil.
Neben dem Zweck der Abschreckung im Allgemeinen, trage die Videoüberwachung auch dazu bei, dass polizeilich relevante Sachverhalte frühzeitig als solche erkannt werden. "Durch die gezielte Entsendung von Einsatzkräften können so Situationen bereits vor ihrer Eskalation beruhigt, Straftaten verhindert, Bürgerinnen und Bürger geschützt und gleichzeitig das vorhandene Personal zielorientiert eingesetzt werden", sagt Sevil. Darüber hinaus würden Videoüberwachungsdaten regelmäßig als Beweismittel für Ermittlungsverfahren herangezogen. Dadurch sei es möglich, auch unbekannte Tatverdächtige im Nachhinein zu identifizieren. "Die Videoüberwachung trägt daher zur Steigerung des Entdeckungsrisikos bei."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. Juli 2024, 19:30 Uhr