Bremer Kliniken behandeln immer mehr junge Diabetes-Patienten

Ein an Diabetes Typ 1 erkranktes Mädchen bekommt in Berlin den Katheter ihrer Insulinpumpe in den Oberschenkel gesetzt.

Bremer Kliniken behandeln immer mehr junge Diabetes-Patienten

Bild: dpa | Jens Kalaene

Rund 390 junge Diabetes-Patienten werden regelmäßig in Bremer Krankenhäusern behandelt. Die Zahl steigt kontinuierlich – zuletzt um etwa vier Prozent pro Jahr.

Für junge Diabetes-Patienten sind in Bremen vor allem die Kliniken Bremen-Mitte sowie Bremen-Nord Anlaufpunkte. Etwa 390 Patienten bis 21 Jahren behandelt der Klinikverbund Gesundheit Nord in Bremen regelmäßig wegen Diabetes. Sie kommen aus dem Stadtgebiet und dem Umland.

Beate Krone ist Diabetesberaterin beim Klinikverbund Gesundheit Nord.
Beate Krone ist seit 35 Jahren Diabetesberaterin. Bild: Radio Bremen | Mario Neumann

Die meisten sind zwischen vier und zehn Jahren alt, sagt Beate Krone. Sie ist Diabetesberaterin der Deutschen Diabetesgesellschaft sowie Kinderkrankenschwester in Bremen-Nord. Die Zahl der jungen Patienten steigt kontinuierlich und in letzter Zeit stärker als zuvor. Jedes Jahr kommen etwa vier Prozent mehr Patienten dazu.

Fast alle haben Diabetes Typ 1. Bei dieser Art des Diabetes produziert der Körper gar kein Insulin. Einige wenige haben auch Diabetes Typ 2. Da reicht das körpereigene Insulin nicht aus, um nach dem Essen die Kohlenhydrate im Blut abzubauen, und es ist eine Extraportion Insulin nötig. Diese Form von Diabetes, auch Alterszucker genannt, kann gerade bei jungen Menschen durch einen gesunden Lebenswandel und ausgewogene Ernährung verschwinden. Diabetes Typ 1 begleitet die Betroffenen hingegen ein Leben lang.

Keine Klarheit über Ursache

Es gibt keine Antwort auf die Frage, wer wann die Auto-Immun-Krankheit Diabetes Typ 1 bekommt, sagt Beate Krone. Ein erhöhtes Risiko bestehe bei Verwandten mit Diabetes Typ 1, insbesondere väterlicherseits. Möglicherweise hängt es auch mit Covid zusammen oder mit anderen Viruserkrankungen, sagt sie. Die Ernährung in den ersten Monaten nach der Geburt könnte ebenfalls eine Rolle spielen. Das Risiko für Diabetes Typ 1 soll erheblich höher sein, wenn Kinder in den ersten drei Monaten statt Muttermilch Kuhmilch bekommen.

Die Kinder können nichts dafür, die Eltern können nichts dafür, das Umfeld kann nichts dafür. Es weiß noch keiner genau, warum der eine Diabetes kriegt und der andere nicht.

Beate Krone, Diabetesberaterin

Treten die vier Warnsymptome auf, sollten Eltern umgehend in einer Kinderarztpraxis oder beim ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Hotline 116-117 anrufen, rät die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie. "Unentdeckt und unbehandelt ist Diabetes lebensbedrohlich", warnt die Arbeitsgemeinschaft. Es sei wichtig, die Krankheit ernst zu nehmen, sagt Beate Krone. Aber man solle auch keine übermäßigen Ängste aufkommen lassen.

Was wir häufig erleben ist tatsächlich, dass tatsächlich Menschen im Internet gucken: Was passiert, was kommt auf mich zu. Und da gibt es leider ganz häufig Aussagen, die nicht mehr stimmig sind mit den heutigen Therapieformen.

Beate Krone, Diabetesberaterin

Insulinpumpe, Mut und 24/7 Aufmerksamkeit

Eine Insulinpumpe hilft Diabetespatienten dabei, mit ihrer Krankheit klarzukommen.
Insulinpumpen helfen Diabetespatienten, ihre Krankheit in den Griff zu bekommen. Bild: Radio Bremen | Mario Neumann

Die meisten jungen Patienten nutzen eine Insulinpumpe, die sie dicht am Körper tragen. Zum Teil werden die bereits automatisiert gesteuert, über einen Glukosesensor am Bein, Po oder bei älteren Kindern auch am Bauch. Den Blutzuckerwert im Blick behalten, ausrechnen, wie viel Insulin man vor welcher Menge Kohlenhydrate braucht, Unternehmungen und Vorhaben planen – das prägt den Alltag der gesamten Familie. Dementsprechend nennt sich eine Selbsthilfegruppe für Bremen und um zu auch "Typ F" – F für Familie, weil Eltern und Geschwister alle damit zu tun haben.

In Selbsthilfegruppen für die Kleinen ist letztendlich oft so, dass die sich einfach treffen, auf dem Spielplatz. Die Kinder lernen sehr viel voneinander, die profitieren wahnsinnig voneinander. Also zu sehen: Der Andere muss das auch machen, ich bin nicht alleine, ist total toll. Und da spielt das Alter überhaupt keine Rolle.

Beate Krone, Diabetesberaterin

Grundsätzlich sei die Krankheit gut zu behandeln, wenn man wisse, wie es geht, sagt Beate Krone. "Aber es ist natürlich für einen 14-Jährigen viel schwieriger als für einen 35-Jährigen, weil einfach die ganze Umgebung anders ist, nicht so stabilisiert."

Hilfe ist nicht immer optimal zu bekommen

Psychologische Hilfe spielt eine entscheidende Rolle, gerade auch bei Begleiterkrankungen der Schilddrüse oder einer Glutenunverträglichkeit. Dass technische Hilfsmittel von Kassen bewilligt werden, sei bei kleineren Kindern unproblematisch, berichtet Beate Krone. Bei älteren hingegen sei es schwieriger, von Kindergarten- und Schulassistenzen ganz zu schweigen. Die sozialmedizinische Nachsorge werde gut genehmigt. Insgesamt sei die diabetologische Versorgung in Bremen auf einem Level, von dem andere Bundesländer träumten, meint Krone.

Chancen auf Heilung?

Seit 35 Jahren macht Beate Krone den Job als Diabetesberaterin für Kinder und Jugendliche. Seitdem erzählt sie, dass es viele Forscher gibt, die sich mit einer Heilung des Diabetes Typ 1 beschäftigen. "Aber es hat noch keiner eine Lösung gefunden." Diabetes Typ 1 verwächst sich nicht, sagt sie.

Besonders kniffelig sei die Situation für Jugendliche, wenn einerseits die Hormone in der Pubertät verrückt spielen, andererseits vielleicht noch Alkohol oder andere Drogen ins Spiel kommen. Das mache die Sache wahnsinnig schwierig und gefährlich, sagt Krone. Helfen können alle, wenn sie statt Betroffene zu stigmatisieren, ihnen offen und wohlwollend begegnen.

Autor

  • Mario Neumann
    Mario Neumann Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 14. November 2023, 6:20 Uhr