Das erleben Seenotretter: "Wir sind keine Helden, wir sind Profis"
![Bild: Die Seenotretter – DGzRS/Alexander Krüger Das Seenotrettungsboot Wolfgang Paul Lorenz der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)](/bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-2560x1440_c-1739268770213.jpg 2560w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-2240x1260_c-1739268770213.jpg 2240w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-1920x1080_c-1739268770213.jpg 1920w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-1600x900_c-1739268770213.jpg 1600w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-1280x720_c-1739268770213.jpg 1280w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-1120x630_c-1739268770213.jpg 1120w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-960x540_c-1739268770213.jpg 960w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-800x450_c-1739268770213.jpg 800w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-640x360_c-1739268770213.jpg 640w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-512x288_c-1739268770213.jpg 512w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-320x180_c-1739268770213.jpg 320w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-256x144_c-1739268770213.jpg 256w, /bilder/dgzrs-bremen-seenotretter-102~_v-160x90_c-1739268770213.jpg 160w)
Plötzlicher medizinischer Notfall an Bord, ein Segelboot, das kentert: Für diese Fälle ist die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DzGRS) verantwortlich.
Für Carsten Ihnken ist das Meer nicht nur seine Arbeitsstelle. Es ist seine Berufung: "Ich habe schon als Zehnjähriger vorm Info-Wagen gestanden und wollte unbedingt Seenotretter werden. Die Leidenschaft war damals schon da. Mit 16 bin ich dann meinen ersten Einsatz gefahren."
Der große Mann erscheint in seiner Arbeitskleidung zum Interview, darauf das weiß-rote Emblem der Seenotretter. Er arbeitet seit fast 30 Jahren als Freiwilliger für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger – neben seinem Vollzeitjob in der Rettungsleitstelle See der DGzRS in Bremen. Dort ist Ihnken für Rettungs- und Suchaktionen auf Nord- und Ostsee verantwortlich.
Wenn er selbst als Seenotretter unterwegs ist, wissen er und sein Team nie, was auf sie zukommt. Mal geht es um einen riesigen Frachter, mal um eine kleine, aber teure Segelyacht.
Auch in seiner Freizeit ist er nie weit weg vom Wasser: Egal, ob als freiwilliger Seenotretter an Bord seines Schiffs oder beim Angeln. Und trotzdem: Der 42- Jährige redet nüchtern über seinen Beruf, wenig aufgeregt. Das sei eben seine norddeutsche Art, meint er.
Für den Alltag auf See oder in der Rettungsleitstelle ist diese Unaufgeregtheit hilfreich: Zwar geht es nicht immer um spektakuläre Hubschrauberabstürze oder um Ertrinkende, die über Bord gegangen sind. Oft kümmern sich die Seenotretter auch um festgefahrene Schiffe oder Yachten.
Brenzlige Situationen
Jeder Einsatz kann für Schiffsbesatzung und Rettungsmannschaft sehr schnell sehr gefährlich werden. Wie zum Beispiel vor kurzem, als sie einen Segler retteten, der noch an Bord seines Bootes einen Schock erlitt. "Der hat nur noch apathisch gegrüßt. Egal, was wir gesagt haben, der war gar nicht anwesend. Der Mann kam irgendwann wieder zu sich und konnte mitsteuern. Im Hafen haben wir dann die Segelyacht mit kniehohem Wasser auf dem Wasser gehoben. Und ja, die hatte einen Totalschaden, weil das Wasser von unten nach oben durchgedrückt hat."
Ich habe schon als Zehnjähriger vor dem Info-Wagen gestanden und wollte unbedingt Seenotretter werden.
Carsten Ihnken, Seenotretter
Und trotz dieser herausfordernden Situationen hält Ihnken Angst für die falsche Reaktion: "Also gewissen Respekt sollte man schon haben, um nicht blauäugig in irgendwas reinzulaufen. Wir sind eigentlich ein Team, das zusammenarbeitet und darauf muss man sich auch verlassen können."
Bescheidenheit in eigenen Reihen
Bei der DGzRS sind rund 1.000 Rettungsleute aktiv, etwa 800 davon sind Freiwillige, die übrigen sind fest angestellt. Die Herausforderungen dieser Arbeit kennt Patrick Testa-Kreitz sehr genau. Er ist Sprecher der DGzRS und spricht nach den Einsätzen mit der Crew.
Dabei stellt er bei der Besatzung des Schiffs immer wieder Bescheidenheit fest – egal, wie hart der Einsatz war: "Da fragt man dann: Wie war der Einsatz? Und dann kommt als Antwort rüber: 'Da sind wir dann längsseits gegangen, da haben wir den übernommen und dann sind wir zurückgefahren.' Dass es dann drei Meter hohe Wellen gab und Seitenwind, das wird dann unter den Scheffel gestellt. Dat is einfach der Job, das wird dann so gemacht."
Und nicht nur dort zeigt sich Bescheideneit: Rund 3.000 Menschen haben die Kollegen von Testa-Kreitz im vergangenen Jahr gerettet. Als Heldinnen oder Helden wollen sie sich allerdings nicht feiern lassen. Da wird eher abgewunken: "Die Kollegen wollen sich nicht so bezeichnen. Die sagen: Also, wir sind Profis, aber wir sind keine Helden.“
Doku zeigt einmalige Einblicke
Dennoch freuen sich die Seenotretter, dass sie und vor allem ihre Arbeit jetzt ins Fernsehen kommen. Die zehnteilige Serie von Radio Bremen und dem NDR zeigt beispielsweise ein Großeinsatz um einen gesunken Frachter. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.
Szenen, die es sonst eher nicht ins TV schaffen, werden so sichtbar, erzählt Sprecher Testa-Kreitz: "Für diese neue Doku-Reihe sind wir ja die letzten anderthalb Jahre auf verschiedenen Einheiten immer mal wieder begleitet worden. Und da sieht man das gesamte Einsatzspektrum." Mal geht es um ein kleines Boot, welches sich festfährt. Mal geht es um einen Brand auf einem großen Tanker.
![Bild: Die Seenotretter – DGzRS/David Hecker Patrick Testa-Kreitz, Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger](/bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-2560x1440_c-1739268769418.jpg 2560w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-2240x1260_c-1739268769418.jpg 2240w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-1920x1080_c-1739268769418.jpg 1920w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-1600x900_c-1739268769418.jpg 1600w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-1280x720_c-1739268769418.jpg 1280w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-1120x630_c-1739268769418.jpg 1120w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-960x540_c-1739268769418.jpg 960w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-800x450_c-1739268769418.jpg 800w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-640x360_c-1739268769418.jpg 640w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-512x288_c-1739268769418.jpg 512w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-320x180_c-1739268769418.jpg 320w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-256x144_c-1739268769418.jpg 256w, /bilder/patrick-testa-kreitz-dzgrs-100~_v-160x90_c-1739268769418.jpg 160w)
Die Einsätze sind herausfordernd – auch finanziell. Rund 50 Millionen Euro jährlich kostet der Betrieb der Flotte. Alles wird nur durch Spenden finanziert, betont DGzRS-Sprecher Testa-Kreitz. Deshalb sei die Doku-Serie in seinen Augen umso wichtiger. Vor allem, wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Arbeit auch interessant finden: "Vielleicht ist dann so in allerletzter Konsequenz, dieser Gedanke das kann man ja auch unterstützen. Insofern ist das natürlich für uns auch eine Gelegenheit."
Seenotrettung als Familientradition
Für Carsten Ihnken ist Seenotrettung eigentlich Familietradition. Die Freiwilligen-Station in Horumersiel, deren Vormann er ist, hat zuvor sein Vater geleitet. Der ist nach wie vor Teil des Teams. Auf die Frage nach einem Wunsch für seine Arbeit antwortet Ihnken gewohnt kurz und knapp mit einer Bitte an die Kolleginnen und Kollegen in der Seefahrt: "Generell freuen wir uns eigentlich immer, wenn die Leute gut vorbereitet sind, wenn jemand an Land ist, der über den Törn Bescheid weiß, sodass wir immer alle Infos kriegen können.“
Was diese wenigen Worte theoretisch beschreiben, lässt sich in der Fernseh-Serie gut erleben: Dass sich Leichtfertigkeit auf See schnell rächt. Und, dass die Seenotretter alles tun, um Leben zu retten.
Vor 60 Jahren: Crew der "Bremen" rettet 25 Seeleute aus der Nordsee
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 11. Februar 2024, 7:10 Uhr