Bremer Lehrergewerkschaft empört über Vorschläge gegen Personalnot
- Expertenkommission macht Vorschläge für Umgang mit Lehrermangel.
- Bremer GEW: "Schlag ins Gesicht der Beschäftigten".
- Bildungssenatorin Aulepp sieht in dem Gutachten eine Bestätigung für ihren Kurs.
Seit Jahren klagen Schulen über Lehrkräftemangel. Eine Expertenkommission hat nun der Kultusministerkonferenz in einem Papier mit dem Titel "Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel" Vorschläge unterbreitet, wie die Personalnot kurzfristig entschärft werden könnte. Unter anderem sollen ein höheres Unterrichtspensum für Lehrkräfte geprüft, weniger Teilzeitmöglichkeiten eingeräumt und gegebenenfalls auch größere Klassen gebildet werden. Die Hinweise werden mit gemischten Reaktionen aufgenommen.
GEW fordert mehr Geld für Finanzierung von Quereinsteigern
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bremen sieht die Vorschläge skeptisch. "Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten", sagte die Bremer GEW-Sprecherin Elke Suhr zu buten un binnen. Aus Sicht der GEW wäre es der falsche Weg, die Teilzeitmöglichkeiten für Lehrkräfte einzuschränken, denn das mache den Beruf nur unattraktiver. Stattdessen fordert Suhr: "Es muss massiv in die Finanzierung von Quereinsteigerin investiert werden, dafür braucht es Geld."
Der dramatische Lehrkräftemangel ist ein Ausdruck eines systematischen Versagens der Politik. Jetzt soll dieses Versagen auf dem Rücken der Lehrkräfte ausgetragen werden.
Bremer GEW-Sprecherin Elke Suhr zu buten un binnen
Der niedersächsische GEW-Landesvorsitzende Stefan Görmer ergänzte, die Empfehlungen seien weltfremd und schädlich für das gesamte System Schule: "Falls Niedersachsen diese völlig ungeeigneten Vorschläge auch nur ansatzweise umsetzt, kollabiert das System Schule endgültig." Die Landesregierung müsse die Dauerüberlastung in allen Schulformen bekämpfen und endlich genug Personal ausbilden. Insgesamt brauche es "eine nie gekannte Investitionsoffensive und keine Vorschläge aus dem Giftschrank der Unzumutbarkeiten".
Der Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte, Torsten Neumann, sagte, Teile des Gutachtens würden sich wie das Drehbuch eines schlechten Filmes lesen. So bedeute etwa die Empfehlung, Beschäftigungsreserven bei qualifizierten Lehrkräften zu erschließen, "einzig und allein eine nicht hinnehmbare Überbelastung der bereits am oder über dem Limit arbeitenden Lehrkräfte". Diese Lehrkräfte verzichteten aus wichtigen Gründen auf einen Teil ihrer Besoldung, betonte Neumann.
Ältere Lehrkräfte haben ihre Unterrichtsverpflichtung aus Alters- und Gesundheitsgründen, jüngere dagegen aus familiären Gründen reduziert.
Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte
Gutachten erhält Lob aus der Politik
Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) hingegen sieht in dem Gutachten eine Bestätigung für ihren Kurs. Sie will noch mehr Quereinsteiger und die Anerkennung ausländischer Lehrkräfte ermöglichen. Größere Klassen, um den Lehrkräftemangel aufzufangen, soll es in Bremen allerdings nicht geben, so Aulepp.
Auch Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) lobt, das Gutachten sei wissenschaftlich fundiert und münde in konkrete Handlungsempfehlungen. Zugleich werde deutlich, dass Niedersachsen und alle weiteren Bundesländer "weiterhin riesige Baustellen zu bearbeiten" hätten. Die Kommission prognostiziert unter anderem, dass das Problem Lehrkräftemangel in den nächsten 20 Jahren präsent bleiben wird.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 27. Januar 2023, 16 Uhr