Interview
Diese 23-Jährige aus Bremen ist professionelle Gamerin
Evi Sutter oder auch "Blossom" ist eine von wenigen Pro-Gamerinnen. Wie sie Sexismus erlebt und was sie sich für sich und die Gaming-Branche wünscht, sagt sie im Interview.
Die Bremerin Evi "Blossom" Sutter spielt das E-Sport-Game des Jahres, "Valorant", für Deutschlands einziges professionelles Frauenteam. In dem Spiel treten zwei Fünferteams gegeneinander an, die Spieler übernehmen die Rolle von Agenten mit besonderen Fähigkeiten. Für "Blossom" und ihr Team geht es aktuell um die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in dem Spiel.
Im Vergleich zu anderen E-Sport-Spielen spielen "Valorant" besonders viele Frauen, rund 40 Prozent der Spieler sind weiblich. Die Bremerin Evi Sutter spielt seit ihrer Kindheit Computerspiele. Wie sie zum Pro-Gaming gekommen ist und warum sie glaubt, dass "Valorant" die männerdominierte Gaming-Szene verändern könnte, erzählt sie im Interview mit Bremen Next.
Wie sind Sie zum professionellen Gaming gekommen, Frau Sutter?
Das ist eine gute Frage, irgendwie bin ich da so herein gerutscht. Ich habe relativ früh angefangen zu spielen, so mit zwölf. Aber das war dann eher so "Minecraft", dann "League of Legends" – und dann kam "Valorant" raus. Und irgendwie habe ich mich in das Spiel verliebt und bin relativ schnell, relativ gut geworden. Dann hatte ich eine Anfrage für ein "Try-Out", das heißt ein Testspiel für ein Team. Und da wurde ich genommen und so hat sich eins zum anderen entwickelt und plötzlich war ich bei "Alternate Attax".
Wie sieht Ihr Alltag als professionelle Gamerin aus?
Pro-Gaming oder professionelles Spielen generell ist mittlerweile relativ weit weg von diesem klassischen Bild, dass man 18 Stunden am Tag nur zockt. Mein Alltag sieht relativ normal aus, ich mache das noch nicht in Vollzeit. Ich habe auch noch andere Aktivitäten wie Uni – das Training mit meinen Mitspielerinnen und Coaches geht erst abends los.
Dann setzten wir uns hin und spielen ein Spiel, das nennt sich "Scrim". Das ist ein Testspiel gegen andere. Dann gehen wir in die VOD-Review (Anmd. d. Red.: Sichtung der Video-Spielaufnahmen) und gucken uns an, welche Fehler wir im Spiel gemacht haben und analysieren das Ganze. Dann wird weitergespielt und so geht das immer Hin und Her. An einem "Official Tag", also wenn wir ein Tunier haben, ist das Ganze ein bisschen ernster. Da machen wir ein Warm-Up-Game und versuchen uns mental darauf vorzubereiten.
Können Sie vom professionellen Gaming leben?
Ja, momentan schon. Ich studiere noch nebenbei. Es ist jetzt nicht so, dass ich super reich bin, aber als Studentin ist das schon ganz angenehm.
"Valorant" hat viele weibliche Spielerinnen, in vielen anderen E-Games ist das nicht so. Ist Sexismus auch bei "Valorant" noch ein Thema?
Leider ja. Ich denke, das wird uns auch noch eine Zeit lang begleiten. Aber "Valorant" ist auf dem besten Weg, die Ansätze ein bisschen zu verändern. Von Anfang an war eine Frauenszene dabei und das Spiel spricht viele Frauen an. Allein wegen der Visualität des Spiels, weil es nicht so trocken ist. Zum Beispiel gibt es Waffenfarben, die ein bisschen mehr rosa sind. Ein bisschen klischeehaft, aber ich finde es cool und süß.
Außerdem wird mit Turnieren dafür gesorgt, diese Lücke, die wir leider über die Zeit aufgebaut haben, weil Gaming so lange männerdominiert war, zu schließen. Man gibt Frauen die Chance, sich weiterzuentwickeln und überhaupt erstmal zu zeigen, dass es für junge Spielerinnen die Option gibt, Gaming professionell zu machen. Wenn man sich die meisten Ligen anguckt, sind da nur Männer und dadurch geben viele Frauen auch auf. Und dann gibt es natürlich noch Beleidigungen et cetera, die damit einhergehen.
Ich würde mir wünschen, dass es irgendwann keine Rolle mehr spielt, ob man Frau oder Mann ist. Wir sind alle da, um die Leidenschaft zu leben, das Spiel zu spielen und Spaß zu haben.
Evi Sutter, professionelle Gamerin aus Bremen
Ist es Ihnen selbst schon passiert, dass Sie beleidigt wurden?
Ja, da war alles mit dabei, von Todesdrohungen bis sonstigen üblen Beleidigungen, die ich mir in jeglichen Bereichen anhören durfte. Das passiert auch leider nicht zu selten, das ist sehr schade. Ich denke, bei manchen muss man unterscheiden, ob die nur beleidigen, weil sie sauer sind. Wenn man jetzt zum Beispiel in einem Ranked-Game (Anmd. d. Red.: nach Rang geordnetem Spiel) ist, dann lassen Leute gerne ihren Frust raus. Oft suchen sie sich dann eine "Schwäche" und ich bin halt eine Frau, wie schlimm. Aber dann gibt es auch Leute, die meinen das todernst und sind super sauer ohne Grund. Man muss immer noch viel Aufklärungsarbeit leisten. Da bin ich auch dabei – genau wie meine Mitspielerinnen.
Gab es Situationen, in denen Sie nicht wussten, wie Sie damit umgehen sollten?
Ja, vor allem am Anfang, wenn du deine erste Todesdrohung bekommst. Ich habe viele Leute um mich, die mich dabei unterstützen. Ich habe natürlich meine Freundinnen beziehungsweise meine Mitspielerinnen aus meinem Team an meiner Seite. Wir haben auch einen E-Sport-Psychologen an unserer Seite, mit dem wir über so etwas reden können. Ich bin der Typ Konfrontation, ich rede dann darüber und damit verarbeite ich das so ein bisschen.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft des professionellen Gamings?
Ich würde mir wünschen, dass es irgendwann keine Rolle mehr spielt, ob man Frau oder Mann ist. Wir sind alle da, um die Leidenschaft zu leben, das Spiel zu spielen und Spaß zu haben. Für mich persönlich würde ich mir wünschen, irgendwann ganz oben mit dabei zu sein.
Geführt hat das Interview Hannah Bräuer für Bremen Next, aufgeschrieben für butenunbinnen.de hat es Hannah Busch.
Dieses Thema im Programm: Bremen Next, 10. September 2024, 15:10 Uhr