Kommentar
Kampf gegen das Auto in Bremen ist nicht fortschrittlich
Gibt es bald kein aufgesetztes Parken in Bremen mehr? 2023 will dazu ein Gericht entscheiden. Radio-Bremen-Redakteur Martin Busch gehen die Pläne gegen die Autofahrer zu weit.
Es ist nicht frei von Komik, wenn ausgerechnet Mobilitätssenatorin Maike Schaefer gerichtlich dazu gezwungen werden soll, mehr gegen Autofahrer zu unternehmen. Die Grünen in Bremen kommen mir seit einiger Zeit vor, als würden wir in einem mittelalterlichen Utopia leben: Alle wohnen und arbeiten auf wenigen Hundert Metern, alle haben sich lieb, alles ist mit dem Fahrrad erreichbar.
Ich kann seit Monaten, wenn ich nach getaner Arbeit kurz noch in die City will, nicht mehr mit dem Auto auf die zentrale Straße Am Wall einbiegen – dort wird eine Premiumroute für den Radverkehr gebaut. Und im Verwaltungsgericht scheint man genauso zu ticken. Bezüglich des aufgesetzten Parkens kann man sogar sagen: Das Gericht ist grüner als die Grünen!
Wenig Parkmöglichkeiten, enge Straßen
Ja, die Straßenverkehrsordnung deckt ein rigideres Vorgehen gegen aufgesetztes Parken, allein die Realität steht im Weg: Wenig Parkmöglichkeiten, die engen Straßen gerade in älteren Vierteln, die die Grünen doch so charmant finden. Wenn ich mal nach Walle fahre, um besonders leckeres Ciabatta zu kaufen, dann komme ich dort mit meinem zugegebenermaßen nicht kleinen Auto kaum durch, weil die Anwohner eben brav komplett auf der Straße parken. Der Bürgersteig ist allerdings auch sehr hoch.
Natürlich ist es nicht tragbar, wenn Menschen, die einen Kinderwagen vor sich herschieben oder mit einem Rollator unterwegs sind, auf die Straße ausweichen müssen, weil Autos den halben Bürgersteig blockieren. Aber daraus abzuleiten, dass aufgesetztes Parken generell unterbunden werden muss, halte ich für abwegig – höchstens in Neubaugebieten könnte es eine sinnvolle Maßnahme sein. Denn da gibt es in der Regel ja auch genügend Parkplätze. Die SPD-geführte Bremer Innenbehörde hat übrigens darauf hingewiesen, dass die Lage komplizierter ist, als es die Herrschaften im Verwaltungsgericht darstellen.
Politik und Verwaltung haben doch einen Hang zur Pedanterie. Wie wäre es also, wenn man sich auf eine bestimmte Zentimeter-Anzahl verständigte, die erlaubt bleibt? Vielleicht sind die vorgeschriebenen 1,50 Meter Mindestbreite für Fußgänger angesichts der Bremer Gegebenheiten schlicht zu viel.
Rollstuhl selten breiter als 70 Zentimeter
Künftig sollen ja 55 Menschen für die Verkehrsüberwachung in der Stadt zuständig sein. Deren Ausstattung müsste entsprechend lediglich um einen Zollstock erweitert werden. Was weiß ich: Wenn der Platz für die Fußgänger weniger beträgt als einen Meter, dann gibt’s ein Knöllchen. Die Breite eines Rollstuhls beträgt jedenfalls selten mehr als 70 Zentimeter. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass vor allem das Personal für Sicherheitsüberwachung in Bremen deutlich aufgestockt werden gehörte, aber das ist eine andere Geschichte.
Ja, im Mittelalter war die Luft besser und alle hatten draußen viel mehr Platz. Der Kampf gegen das Auto, liebes Verwaltungsgericht (und liebe Senatorin Schaefer), ist in dieser Vehemenz aber nicht fortschrittlich, er ist fast reaktionär. Deutschland verdankt seinen Wohlstand unter anderem der Produktion von Personenkraftwagen. Nebenbei bemerkt: Der Anteil an SUV's unter den E-Autos ist größer als bei den herkömmlich angetriebenen. Das eine, was die klimapolitisch Engagierten wollen, das andere, was die Bevölkerung, der Souverän, möchte.
Und by the way: Nicht immer handelt es sich um Autos, die den freien Gang für freie Bürger behindern, manchmal sind es abgestellte E-Scooter, in einzelnen Fällen sogar – ups – angeschlossene Fahrräder.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 13. Dezember 2022, 8:20 Uhr