Füllkrug ist weg – und Werders Krise verschärft sich
Nach dem Verkauf von Niclas Füllkrug stehen die Bremer nicht als Gewinner da. Die Ablöse hätte höher sein können und sportlich lässt sich der Verlust kaum auffangen.
Ole Werner ist der nordisch-nüchterne Typ, unaufgeregt. Einer, den scheinbar so leicht nichts umwerfen kann. Doch als der Werder-Trainer am Donnerstagmittag zur wöchentlichen Spieltagspressekonferenz erschien, da war selbst ihm anzumerken, dass er gerade mit der Schattenseite seines Berufes konfrontiert wurde.
Offiziell stand da noch gar nicht fest, dass Niclas Füllkrug nach Dortmund wechseln würde. Aber es war längst klar. Füllkrug ist weg und Werner steht plötzlich ohne seinen wichtigsten Spieler da.
15 Millionen Euro für Füllkrug – war mehr drin?
Und das nach dem bitteren Pokal-Aus und den ersten beiden Saisonspielen, die daneben gingen. Einen Tag vor Transferschluss, ein echter Tiefschlag. Aber Werner kennt die finanziellen Zwänge des Bremer Klubs, den Verbindlichkeiten von 40 Millionen Euro belasten. Und so saß der Trainer mit stoischer Miene da, als Clemens Fritz, der Sportliche Leiter, erklärte, warum Werder gar keine Wahl hatte.
Wir sind ein Unternehmen, das Einnahmen generieren muss. Das haben wir im vergangenen Jahr durch Verkäufe nicht getan, weil wir die Mannschaft zusammengehalten haben. Von daher war es klar, dass es in diesem Sommer passiert.
Werders Sportlicher Leiter, Clemens Fritz
Fritz fügte hinzu: "Es ist eine Option, die für alle passt." Dennoch wirkt Werder bei diesem Transfer nicht wie ein Gewinner. Dass Füllkrug für kolportierte 15 Millionen Euro verkauft wurde, obwohl ihn die Bremer nicht für weniger als 20 Millionen Euro hergeben wollten, lässt Werder nicht gut aussehen. Es bleibt der Eindruck, dass mehr drin gewesen wäre. Schließlich waren die Dortmunder fast schon verzweifelt auf Last-Minute-Stürmersuche.
Füllkrug ist "ein prägender Spieler für uns"
Und Werder gab zudem ja nicht irgendeinen Spieler ab, sondern den Torschützenkönig, den Nationalstürmer und mehr noch, das Gesicht des Vereins. Mit keinem Namen verkauften die Bremer mehr Trikots, keiner lebte die Identifikation mit der Stadt und dem Verein mehr als Füllkrug. Eigentlich war er unbezahlbar.
"Die Bedeutung von Niclas innerhalb der Mannschaft haben wir ja schon immer betont. Er ist ein prägender Spieler für uns", versuchte dann auch Werner den sportlichen Verlust in Worte zu fassen. Füllkrug pägte Werders Spiel in den vergangenen drei Jahren tatsächlich wie kein anderer und war auch in der Kabine ein wichtiger Lautsprecher und Freund klarer Worte.
Auf die Schnelle ist Füllkrug nicht zu ersetzen
An ihm konnten sich die anderen reiben, Füllkrug scheute keinen Konflikt und ging voran. Dass er nach dem Pokal-Aus öffentlich die schwache Werder-Abwehr anzählte, obwohl er selbst seit April keine Tore mehr beigesteuert hatte, kam in der Kabine allerdings nicht so gut an. Dass er sie nun in einer sportlich so schwierigen Phase verlässt, dürfte ihm mancher Kollege vielleicht verübeln. Aber so ist eben das Geschäft.
Einen wie Füllkrug hat Werder zuletzt mit Max Kruse gehabt. Dessen Weggang 2019 konnten die Bremer nicht auffangen, Werder stieg danach ab. Auch Füllkrug werden die Bremer so schnell nicht ersetzen können. Das ist auch Werner klar, obwohl er betonte, wie viel Lust er darauf habe, diese Situation nun zu managen. Sein Gesicht sagte etwas anderes.
Wer wird Füllkrugs Nachfolger?
Auf den letzten Drücker sucht Werder nun einen Stürmer, der vielleicht drei, vier Millionen Euro kosten darf und im Schlussspurt der Transferphase immer noch auf dem Markt ist. Es wird ein Spieler sein, der sich erst an den Verein und Werners Spielsystem gewöhnen muss, aber sofort Tore schießen soll. Am besten so viele wie Füllkrug. Das scheint utopisch.
Um sich zu sanieren, reichen die 15 Millionen Euro Ablöse nicht einmal annähernd aus für Werder Bremen. Daher bleibt die Sorge, dass die Grün-Weißen mit Füllkrugs Verkauf vor allem ihre sportliche Krise deutlich verschärft haben. Schon am Samstag um 15:30 Uhr gegen Mainz 05 wird sich zeigen, ob sie seinen Abgang kompensieren können. Die Zweifel überwiegen.
Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 31. August 2023, 18:06 Uhr