Wird diese Bremer Torhüterin am Samstag Deutsche Meisterin?
Nicht mit Werder, sondern mit der SpVg Aurich steht Paula Blum am Samstag (13 Uhr) im Finale um die U17-Meisterschaft. Für den Traum von der Karriere verließ sie Bremen.
Wenn Paula Blum am Freitag in den Bus nach Bergisch Gladbach steigt, tritt die Bremerin die Reise zum bisher größten Spiel ihres Lebens an. Einen Tag später wird die 15-jährige Torhüterin gegen Bayer Leverkusen das Finale um die Deutsche Meisterschaft der U17-Juniorinnen bestreiten. Allerdings nicht mit Werder, sondern mit der Sportvereinigung (SpVg) Aurich – einem kleinen Verein aus Ostfriesland.
Dass die Auricherinnen es so weit geschafft haben, ist eine kleine Sensation. Blum und ihre Mitspielerinnen sicherten sich zunächst den Titel in der U17-Bundesliga-Staffel Nord/Nordost und schlugen dabei Kaliber wie den VfL Wolfsburg, Hamburger SV oder Werder. Dadurch qualifizierten sie sich für das Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt, in dem Blum im Elfmeterschießen zur Heldin avancierte.
Nach dem 1:1 im Hinspiel in Frankfurt endete auch das Rückspiel vor mehr als 3.000 Zuschauerinnen und Zuschauern in Aurich 1:1. Als Sophia Schalke den fünften Elfmeter der Ostfriesinnen an die Latte setzte, hätte die Eintracht das Final-Ticket lösen können – doch Blum parierte zunächst gegen Lisa Berger und im Anschluss auch den Schuss von Frankfurts Torjägerin Sarah Preuss, ehe sie von einer Jubeltraube begraben wurde.
Vom FC Union 60 in die Bundesliga
"Es ist ein tolles Gefühl, im Finale zu stehen. Die Vorfreude ist jetzt riesengroß", sagt die Zehntklässlerin, die Bremen im vergangenen Sommer mit 14 Jahren verlassen hat, um die Chance in der U17-Bundesliga zu ergreifen. Mit dem FC Union 60 gewann sie in der Saison 2021/22 den Bremer Landespokal der U15-Juniorinnen. Dank eines Zweitspielrechts mischte sie seit dem Frühjahr 2022 parallel bereits bei den Auricherinnen mit. Vorerst als Ersatztorhüterin, die einmal pro Woche zum Training und für die Punktspiele anreiste.
Im Sommer 2022 zog sie dann fest nach Aurich. Der Klub hat sich im Mädchen- und Frauenfußball trotz seiner bescheidenden Mittel einen Namen gemacht. Während die 1. Herren mit Ach und Krach in der Bezirksliga den Klassenerhalt geschafft hat, träumt die 1. Damen aktuell vom Aufstieg in die Regionalliga, also in die dritthöchste Spielklasse. Die Juniorinnen spielen seit 2018 in der U17-Bundesliga. Training steht fünfmal pro Woche an. In der Kleinstadt wohnen die jungen Spielerinnen in mehreren WGs zusammen. "Das klappt gut, weil wir uns alle super verstehen", berichtet Blum, die vom Gymnasium Links der Weser in Bremen an die Integrierte Gesamtschule in Aurich gewechselt ist. Zunächst standen jedoch einige Gespräche zu Hause an.
Ich musste meine Eltern erst einmal überreden und ihnen von Aurich erzählen. Dann meinten sie aber, dass sie mich unterstützen und ich es machen soll, wenn das mein Traum ist.
Paula Blum im Gespräch mit buten un binnen
Werder hatte kein Interesse
Vor dem Schritt nach Ostfriesland hat Blum sich natürlich auch mit einem Wechsel zu Werder beschäftigt. In der U15 absolvierte sie beim Bremer Vorzeigeklub ein Probetraining, erhielt jedoch eine Absage. Mit einem 3:0 im Hinspiel und einem 2:1 im Rückspiel gewann sie nun in dieser Saison gleich beide Partien gegen die Grün-Weißen. "Da ist bei mir schon ein kleines Schmunzeln dabei", gibt Blum zu. "Ganz einfach, weil Werder mich damals nicht wollte."
Dies kam den Auricherinnen und ihrem Trainer Stefan Wilts zugute, dem die Keeperin zum ersten Mal in der Bremer Landesauswahl auffiel. Im Anschluss baute er den Kontakt auf. Der Klub setzt auf Spielerinnen, die anderswo durchs Raster fallen und bildet aus diesen dann ein starkes Kollektiv, um erfolgreich zu sein. Im aktuellen Team ist Blum ein wichtiger Bestandteil für den Coach.
Wir hatten schon einige talentierte Torhüterinnen hier, die alle gut waren. Aber Paula macht aus, dass sie auch mal einen Ball hält, der eigentlich unhaltbar ist und den alle schon im Tor sehen.
Stefan Wilts
Kulturschock in Ostfriesland
Der Wechsel nach Aurich hat sich für Blum gelohnt. Die Umstellung war zunächst allerdings groß. "Ich war erstmal ein bisschen schockiert", scherzt sie. "Aurich ist schon relativ klein und ländlich gelegen. Hier kommt man nicht, wie in Bremen, mit dem Bus überall schnell hin." Viele Angebote für junge Menschen gibt es in der Kreisstadt nicht. Nicht mal über einen Bahnhof verfügt Aurich. "Ich vermisse es, so flexibel zu sein. Das ist schon cool, wenn man in Bremen wohnt."
An spielfreien Wochenenden fährt Blum in die Heimat, um ihre Familie und ihre Freunde zu besuchen. Mittlerweile gefällt es ihr in Ostfriesland ansonsten jedoch richtig gut. Vor allem, weil es im Verein so familiär zugeht. Auch der Schulwechsel nach Niedersachsen, berichtet sie, habe gut geklappt. Ab dem Sommer will sie mit der 11. Klasse weitermachen. Dass sie mindestens noch ein Jahr in Aurich bleibt, ist für sie klar.
Geht es auf den Rathaus-Balkon?
Blum gehört zum jüngeren Jahrgang, darf also noch eine weitere Saison in der U17-Bundesliga spielen. "Ich lasse erstmal alles auf mich zukommen", sagt sie. "Falls ich in einem Jahr ein Angebot von einem Bundesligisten bekomme, möchte ich das aber definitiv machen."
Vorher steht am Samstag jedoch das große Finale um die Deutsche Meisterschaft an. "Ich habe das Gefühl, dass Leverkusen nicht unbedingt stärker ist als Frankfurt. Deswegen glaube ich, dass unsere Chancen ganz gut stehen", so Blum. Klappt es, soll es direkt nach der Rückkehr einen Empfang auf dem Auricher Rathaus-Balkon geben.