Interview

NFV-Präsident tadelt Teutonia: "Nicht mit Fair Play vereinbar"

Ralph-Uwe Schaffert während einer Talk-Runde.Fußbal
Ralph-Uwe Schaffert hätte sich am Samstag ein anderes Verhalten von Teutonia Ottensen gewünscht. Bild: dpa | Monika Skolimowska

Für Ralph-Uwe Schaffert, Präsident des Norddeutschen Fußball-Verbands ist klar, dass das Spiel nur für den Bremer SV gewertet werden konnte. Den Teutonen macht er Vorwürfe.

Auch zwei Tage danach schlägt das Regionalliga-Spiel zwischen dem Bremer SV und Teutonia Ottensen noch hohe Wellen. Marcus Coffie, Spieler der Teutonen, bekundet, dass er während der Partie von einem BSV-Spieler rassistisch beleidigt worden sei. Seine Mannschaft verließ daraufhin das Feld und weigerte sich, die Partie fortzusetzen. Der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV) wertete die Partie nun am Sonntagabend mit 5:0 für den Bremer SV. Im Interview mit buten un binnen spricht NFV-Präsident Ralph-Uwe Schaffert über das Urteil.

Herr Schaffert, wie ist es zu diesem Urteil gekommen?

Wir hatten am Samstag die missliche Lage, dass wir einen Spielabbruch hatten. Bei einem Spielabbruch ist es so, dass der Schiedsrichter einen Sonderbericht anfertigt. Der wird an die spielleitende Stelle gesandt. Das ist sofort passiert.

Die spielleitende Stelle leitet dann ein Sportgerichtsverfahren ein, weil das Sportgericht die Wertung des Spiels vornehmen muss oder ein Wiederholungsspiel anzusetzen hat. In diesem Fall hat das Sportgericht den beteiligten Vereinen eine Stellungsnahmefrist bis Sonntagabend eingeräumt. Davon haben die Vereine Gebrauch gemacht. Dann hat das Sportgericht auf der Grundlage der geltenden Satzung und Spielordnung des Norddeutschen Fußball-Verbandes eine Entscheidung treffen müssen.

Und weshalb ist die Entscheidung nun so ausgefallen?

Das Sportgericht hat zu prüfen, wer den Spielabbruch schuldhaft herbeigeführt hat. Grundsätzlich ist es so, dass ein Spiel nur durch den Schiedsrichter abgebrochen werden kann. Das war vorliegend nicht der Fall. Teutonia Ottensen hat eigenmächtig das Spielfeld verlassen. Und auch nach Aufforderung durch den Schiedsrichter, der 20 Minuten lang versucht hat, das Spiel fortsetzen zu lassen, hat Teutonia sich nicht dazu bereit erklärt, das Spiel fortzusetzen.

Die Spieler und Verantwortlichen von Teutonia Ottensen haben dann die Sportanlage verlassen. Das führt dann dazu, dass ein Verschulden des Vereins Teutonia Ottensen anzunehmen ist. Das Sportgericht konnte auf dieser Grundlage gar nicht anders entscheiden, als das Spiel für Ottensen als verloren und für den Bremer SV als gewonnen zu werten.

Um welche rassistische Äußerung soll es sich gehandelt haben?

Nach der Stellungnahme von Ottensen und nach dem Bericht des Schiedsrichters soll das "N-Wort" gefallen sein. Der Spieler des Bremer SV hat das in Abrede genommen und gesagt, dass das überhaupt nicht der Fall war. Es steht Aussage gegen Aussage. Wenn sie keinen Dritten haben, der irgendetwas gehört hat, dann ist es schwierig, das nachzuweisen.

Teutonia Ottensen hat öffentlich eine Stellungnahme abgegeben. Haben Sie diese bereits gesehen?

Nein, weil ich, ehrlich gesagt, keine Lust habe, mir diese Stellungnahmen anzuschauen. Grundsätzlich ist es so, dass Entscheidungen der Sportgerichte von anderen Institutionen des Verbands nicht kommentiert werden. Die Sportgerichte sind unabhängig. Ich kann aber, weil ich viele Jahre selbst Sportrichter war, sagen, dass auf der Grundlage der Rechts- und Verfahrensordnung eine andere Entscheidung hier überhaupt nicht möglich war.

Das Verschulden liegt also bei Teutonia Ottensen?

Teutonia Ottensen muss die Spielordnung bekannt sein. Wenn Teutonia Ottensen ein Spiel einseitig beendet, ohne, dass der Schiedsrichter einen Grund für einen Abbruch sieht, muss Teutonia Ottensen klar sein, dass das Spiel für den Gegner als gewonnen gewertet wird.

Wenn man sich dann die Tabellensituation veranschaulicht, muss Ottensen, glaube ich, sich auch darüber im Klaren sein, dass das Verhalten unmittelbare Auswirkungen auf den Abstiegskampf gehabt hat. Der Umstand, dass Ottensen das Spielfeld verlassen hat, führt nun dazu, dass die 2. Mannschaft von Werder Bremen als Absteiger feststeht. Das finde ich mit einem Fair Play nicht vereinbar.

Betrachten Sie es nun aus der Bremer Brille?

Nein, ich bin kein Bremer, sondern Niedersachse. Von daher sehe ich das rein objektiv. Ich möchte ganz deutlich an dieser Stelle sagen, dass rassistische Äußerungen auf unseren Sportplätzen nichts zu suchen haben. Vorliegend muss man aber sehen, dass solche Äußerungen erstens feststellbar sein müssen. Das ist hier nicht der Fall gewesen. Es steht Aussage gegen Aussage.

Zweitens berechtigt eine solche Äußerung den betroffenen Verein nicht, wenn sie als erwiesen anzusehen wäre, das Spielfeld zu verlassen. Es ist dann die Aufgabe des Schiedsrichters, zu entscheiden, ob das Spiel fortgesetzt oder abgebrochen wird. In diesem Fall hat der Schiedsrichter sich dazu nicht in der Lage gesehen, sondern er war der Meinung, das Spiel muss fortgesetzt werden. Wenn dann eine Mannschaft einfach das Spielfeld verlässt, dann hat das in meinen Augen mit Fair Play und Sportlichkeit relativ wenig zu tun.

Wie haben Sie diese Entscheidung Werder Bremen übermittelt?

Ich habe gestern Abend Björn Schierenbeck (Direktor des Leistungszentrums bei Werder, Anm. d. Red.) angerufen und ihm das Urteil mitgeteilt. Sie können sich vorstellen, dass das keine angenehme Aufgabe ist. Aber auch das gehört zu den Aufgaben, die ein Präsident dann wahrzunehmen hat.

Werder Bremen hat das mit Fassung aufgenommen. Das ist für die 2. Mannschaft von Werder natürlich der Super-Gau, aber die Spielordnung gibt leider keine andere Wertung her. Ich werfe es Teutonia Ottensen vor, dass man sich über die weitreichenden Folgen offensichtlich keine Gedanken gemacht hat.

Kann Werder dagegen noch vorgehen?

Nein, Werder ist an dem Spiel nicht beteiligt gewesen und hat insofern keine Möglichkeit, das Urteil anzufechten.

Teutonia Ottensen muss nun eine Geldstrafe bezahlen?

Im Urteil ist Ottensen als derjenige Verein festgestellt worden, der den Spielabbruch verursacht hat. Dafür gibt es eine Geldstrafe in einem geringen dreistelligen Betrag. Mehr gibt die Rechts- und Verfahrensordnung auch nicht her. Wir befinden uns hier ja nicht in der Bundesliga oder der 2. Liga. Unter Berücksichtigung der weitreichenden Folgen für einen dritten Verein kann man sich natürlich darüber streiten, ob das eine angemessene Bestrafung ist.

Spiel des Bremer SV nach Rassismus-Vorwurf abgebrochen

Bild: Radio Bremen

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Autorin

  • Ariane Wirth
    Ariane Wirth

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 30. Mai 2023, 18:06 Uhr