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Rassismusvorwurf und Spielabbruch: Was passiert jetzt beim Bremer SV?
Nach dem Regionalliga-Eklat auf dem Panzenberg steht Aussage gegen Aussage. Ein Sportgericht entscheidet nun über das weitere Vorgehen – mehrere Szenarien sind möglich.
Nach dem Spielabbruch auf dem Panzenberg geht das Rätselraten weiter. Denn auch einen Tag nach dem Eklat im Heimspiel des Bremer SV gegen Teutonia Ottensen ist immer noch unklar, ob die Kontrahenten noch einmal auf den Platz müssen – oder ob das Endergebnis der Partie am grünen Tisch entschieden wird. Fest steht hingegen: Die Zeit drängt.
Was ist überhaupt passiert?
Am letzten Spieltag der Regionalliga Nord war auf dem Panzenberg alles angerichtet für ein grandioses Abstiegsendspiel. Die Sonne schien, mehr als 1.000 Zuschauer sorgten für Stimmung und der BSV erwischte einen Start nach Maß: Schon nach vier Minuten traf Lukas Muszong per Kopf zum 1:0 für die Waller, die um jeden Preis gewinnen mussten, um noch den Klassenerhalt zu schaffen.
Doch nach der frühen Führung kam alles anders. Erst drehten die Hamburger per Doppelschlag (10. und 13. Minute) die Partie, dann ruhte wenige Zeigerumdrehungen vor dem Pausenpfiff der Ball. Der Unterbrechung vorausgegangen war ein Disput zwischen BSV-Akteur Nikky Goguadze und Ottensen-Kapitän Marcus Coffie. Nach mehrminütiger Diskussion verließen die Gäste schließlich den Platz. Wenig später brach der Schiedsrichter die Begegnung vorzeitig ab.
Was sagen die Beteiligten?
Im Gespräch mit buten un binnen gibt Coffie an, dass er "auf dem Spielfeld rassistisch beleidigt" wurde. Nach dem Vorfall habe er dem Schiedsrichter mitgeteilt, welche Worte gefallen seien. "Der Schiri hat aber gemeint, dass er das so nicht gehört hat. Dementsprechend konnte er schwer jemanden runterschicken", so Coffie. Für den 28-Jährigen war jedoch klar: "Wenn jemand rassistische Äußerungen tätigt und nicht sanktioniert wird, ist das Spiel für mich vorbei." Weil Mitspieler, Trainerteam und Betreuer die Auffassung des Ottensen-Kapitäns teilten, ging die Mannschaft geschlossen vom Platz.
Ralf Voigt hingegen hat für diese Reaktion "überhaupt kein Verständnis", denn: "Er (Marcus Coffie, Anm. d. Red.) hat das wahrscheinlich als Einziger gehört. Es gibt ansonsten niemanden, der das mitgekriegt hat", so der sportliche Leiter des BSV. Auch mit dem beschuldigten Spieler habe Voigt gesprochen. Und dieser habe "ganz klar gesagt: Da war nichts", so der BSV-Verantwortliche. Ohnehin steht für Voigt fest: "Dem BSV wird es garantiert nicht passieren, dass ein Spieler von uns irgendjemanden beleidigen würde. Niemals."
Wie geht es jetzt weiter?
Nach dem Spielabbruch entscheidet nun das Sportgericht des Norddeutschen Fußball-Verbands (NFV) über das weitere Vorgehen. Mehrere Möglichkeiten stehen nun im Raum: Die Partie könnte zum einen komplett wiederholt oder ab dem Zeitpunkt, an dem es zum Abbruch kam, fortgesetzt werden. Zum anderen könnte die Wertung über den Spielausgang am grünen Tisch erfolgen. In dem Fall käme es darauf an, wer nach Ansicht des Sportgerichts die Schuld am Abbruch trägt.
Möglich wäre, dass der NFV zugunsten des BSV entscheidet, da Ottensen eigenmächtig den Platz verlassen hat. Sollte es trotz der heftigen Vorwürfe dazu kommen, ginge mit dem Urteil ein 5:0-Sieg der Bremer einher. Mit den drei Punkten würde das Team von Coach Torsten Gütschow noch auf den 14. Tabellenplatz springen und sich für die Relegation qualifizieren. Falls jedoch das Sportgericht trotz der noch dünnen Beweislage zugunsten der Ottenser entscheidet, würde das Spiel mit 0:5 aus BSV-Sicht gewertet werden – was den 15. Tabellenplatz und letztendlich den Abstieg für die Bremer zur Folge hätte.
Und was bedeutet das für Werders U23?
Die U23-Auswahl der Grün-Weißen verlor am letzten Spieltag ihr eigenes Abstiegsfinale mit 2:3 gegen Phönix Lübeck. Sowohl die Schleswig-Holsteiner als auch Jeddeloh II (2:0-Sieg gegen Havelse) zogen auf der Zielgeraden noch an den Bremern vorbei, die aktuell auf dem Relegationsrang liegen. Sollte der BSV aber seine abgebrochene Partie am grünen Tisch noch gewinnen, würde Werder in der Tabelle einen weiteren Platz abrutschen und als 15. in die Bremen-Liga absteigen – was für den Verein eine sportliche Katastrophe wäre.
So oder so drängt die Zeit: Spätestens am Montag soll das Urteil des Sportgerichts feststehen. Denn schon am Mittwoch kommt es laut Spielplan zum ersten Relegationsduell (19:30 Uhr) zwischen dem Regionalliga-14. und Gastgeber Lupo Martini Wolfsburg, dem Vizemeister der Oberliga Niedersachsen. Das Rückspiel steigt am 4. Juni (15 Uhr) in Bremen – sei es nun auf dem Panzenberg oder bei Werder auf Platz 11.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. Mai 2023, 18:06 Uhr