Darum sind 26 Nicht-EU-Ausländer in der Bremen-Liga jetzt gesperrt
Aufgrund eines alten Paragrafen, der jahrelang ignoriert wurde, herrscht im Bremer Fußball nun große Aufregung. Auch bei vier Spielern der SV Hemelingen.
Diese beiden Fußballer gehören fest zur SV Hemelingen: Muhammed Sanneh aus Gambia ist seit fünf Jahren in Bremen und spielt im zweiten Jahr in Hemelingen. Und Abdula Genaev aus Russland, der seit elf Monaten zum Team gehört und in dieser Zeit 14 Treffer erzielt hat. Jetzt dürfen beide plötzlich nicht mehr mitspielen in der Bremen-Liga – und das kurz vor Saisonende.
Ich war wirklich fertig. Ich bin hergekommen, um Fußball zu spielen. Jetzt fühlt sich das an, als hätte jemand mein Leben weggenommen.
Abdula Genaev im Sportblitz
Legal hier, aber passende Dokumente fehlen
Sanneh und Genaev sind zwei von vier Spielern des Bremen-Ligisten, denen nun die Spielberechtigungen entzogen worden sind. Sie alle sind legal hier, haben teilweise Jobs und eine Visums-Verlängerung ist nur Formsache. Und doch fehlen ihnen die passenden Dokumente, um in der 5. Liga Fußball zu spielen.
Zumindest laut aktueller Spielordnung des Bremer Fußball-Verbandes. Da heißt es in Paragraph 14, Absatz acht: "Die Spielerlaubnis als Amateurspieler (...) darf für einen Nicht-EU-Ausländer erst nach Vorlage einer Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die mindestens bis zum Ende des jeweiligen Spieljahres gültig ist."
Eine Duldung reicht nicht als Spielberechtigung
Bedeutet: Wer nur geduldet ist, also dessen Abschiebung vorläufig ausgesetzt ist, darf nicht spielen, da er keine Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis besitzt. Bei der SV Hemelingen besitzen zwei der betroffenen Spieler nur eine Duldung, bei den anderen beiden endet die Aufenthaltserlaubnis vor dem Ende der Spielzeit.
Mit einer Duldung darf man in Deutschland arbeiten, zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen – Fußballspielen in der Bremer Oberliga jedoch nicht.
Das ist ein Skandal, aber auch diskriminierend, wenn man Menschen ausgrenzt aus dem Fußball aufgrund des Status, den sie zurzeit haben. Das ist widersprüchlich zu dem, was wir im Verein machen sollen. Nämlich Teilhabe der Gesellschaft, Integration.
Günter Tuncel, Trainer der SV Hemelingen, im Sportblitz
DFB passte den Paragrafen 2014 an – Bremen nicht
Und schließlich werbe der Bremer Fußball-Verband damit, es Geflüchteten mit der Spielerlaubnis so leicht wie möglich zu machen, kritisiert SVH-Trainer Günter Tuncel. Er fühlt sich nun, als habe der Verein vom BFV "einen Schlag ins Gesicht bekommen".
Doch der BFV befindet sich in einem Dilemma. Der Paragraf existiert schon jahrelang und habe niemanden je wirklich gekümmert. Der Deutsche Fußball-Bund hatte sich bereits 2014 von ihm verabschiedet und fordert nur von Nicht-EU-Ausländern im Profibereich den Aufenthaltstitel ein. Der BFV hatte es damals verpasst seine Spielordnung ebenfalls anzupassen.
"Wir hätten es vorher ändern sollen"
Daher gilt der Paragraf in der Bremen-Liga weiterhin. In der Praxis bedeutete das jedoch, dass die Vereine nur angegeben haben, bei ihren Spielern sei der Status korrekt. Nachweise zur Aufenthaltserlaubnis wurden nicht erbracht. Einzig der Brinkumer SV hielt sich an diesen Paragrafen und legte am 1. April nun Protest ein – und brachte das Ganze so ins Rollen.
Wir bedauern, dass es erst jetzt zu diesem Zeitpunkt aufgefallen ist, wir hätten das zu Saisonbeginn machen müssen oder als der DFB es angepasst hat. Wir hätten es vorher ändern sollen, es ist leider versäumt worden.
Sebastian Störer vom Bremer Fußball-Verband im Sportblitz
"Es geht um Gleichbehandlung von allen"
Daraufhin hat der Verband alle 16 Oberliga-Klubs und insgesamt 79 Fußballer geprüft – von ihnen dürfen 26 Spieler aus neun Vereinen nun nicht mehr eingesetzt werden. Beim BFV bedauert man den Zeitpunkt und dass man die aktuelle Regelung eben hätte anwenden müssen nach dem Protest. "Es geht um Gleichbehandlung von allen", so Störer.
Ich habe mich gefühlt wie in einer Behörde, wie so ein Kontrollfreak. Ich muss den Spielern hinterherlaufen, um die Personalien nochmal festzuhalten. Da haben sie sich einfach angegriffen gefühlt und der Safe Place beim Fußball war nicht mehr gegeben.
Günter Tuncel, Trainer der SV Hemelingen, im Sportblitz
Es ist eine belastende Zeit, nicht nur für Genaev und Sanneh von der SV Hemelingen. Auch der Brinkumer SV bereut inzwischen, den Protest nicht erst am Saisonende eingelegt zu haben. Doch ein Gutes hatte er immerhin: In der Beiratssitzung am 13. Juni wird der Bremer Fußball-Verband den Paragrafen 14, Absatz acht für die Bremen-Liga streichen.
Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 27. April 2023, 18:06 Uhr