Interview

55 tote Schafe in Stade: Könnte es ein einzelner Wolf gewesen sein?

Ein Wolf mit grauem Fell steht vor einem Baum

55 tote Schafe nach mutmaßlichem Wolfsangriff im Landkreis Stade

Bild: dpa | Bernd Weißbrod

Bei einem mutmaßlichen Wolfsangriff im Landkreis Stade sind Dutzende Schafe gestorben. Der Niedersächsische Wolfsbeauftragte erklärt, wie es zu so einem Angriff kommen konnte.

Insgesamt 85 Schafe sind im Landkreis Stade verletzt oder tot. 18 Tiere wurden bei dem mutmaßlichen Wolfsangriff gerissen, 37 weitere mussten eingeschläfert werden, weitere Schafe tragen Verletzungen davon.

Doch wie konnte es passieren, dass so viele Tiere auf einmal gerissen wurden? Ist das ein Zeichen dafür, dass ein Rudel hinter dem Angriff steckt? Im Interview mit buten un binnen erklärt der Wolfsbeauftragte der niedersächsischen Landesjägerschaft, Raoul Reding, wie sich Wölfe beim Angriff verhalten.

Sehr viele Schafe wurden bei dem Angriff nicht gefressen. Warum töten oder verletzen Wölfe auch Schafe, die sie dann gar nicht fressen?

Das ist ein natürliches Verhalten des Wolfes. Das finden wir sicher nicht toll, aber es ist so. Wenn der Wolf in einer Herde ist, hat er vor sich weitere Beutetiere herumlaufen. Diese halten den Jagdtrieb aufrecht.

Der Wolf ist wie andere Hetzjäger auf das Jagen getrimmt. Er weiß ja nicht, wann er wieder Futter findet.

Raoul Reding, Wolfsbeauftragter der Landesjägerschaft Niedersachsen

Die Situation ist anders, als in der freien Umgebung: Während ein Wolf ein Tier aus einem Rudel Rotwild reißt, ist der Rest des Rudels schon weggelaufen. Das ist bei Schafen, die eingezäunt sind, nicht der Fall.

Wo im vergangenen Jahr Wölfe nachgewiesen wurden:

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Wie besonders ist dieser Riss?

Wir hatten eine Herde von 112 Schafen, davon sind 85 beschädigt. Das ist natürlich schon eine ordentliche Hausnummer. Das ist eine Besonderheit, die wir in der Dimension eher selten erleben. Es ist aber nicht selten, dass mehr als ein Tier getötet wird. Das ist bei einer Schafsherde eher der Standard. Meistens kommen in solchen Fällen fünf bis zehn Tiere zu Schaden.

Kann ein Wolf allein so viele Schafe töten und verletzen?

Ein Wolf wäre in der Lage dazu. Es können aber auch mehr gewesen sein. Anhand der getöteten Schafe kann man keinen direkten Rückschluss auf die Anzahl der beteiligten Wölfe ziehen. Das lässt sich eher anhand der gefressenen Schafe bestimmen.

Offenbar gab es auf der entsprechenden Weide einen wolfsabweisenden Schutzzaun. Wie wirksam sind diese Zäune?

Ich war nicht vor Ort, deshalb kann ich die Situation nicht beurteilen. In der Regel hilft der Schutz aber ganz gut. Aber grundsätzlich können Wölfe auch einen Schutz überwinden. Wenn es Schwachstellen gibt, dann findet sie der Wolf. Wölfe sind sehr intelligente Tiere und haben viel Zeit, um Schwachstellen im Zaun zu suchen.

Einen hundertprozentigen Schutz gibt es sowieso nicht.

Raoul Reding, Wolfsbeauftragter der Landesjägerschaft Niedersachsen

Wie nah ist der Wolf hier in Bremen und Bremerhaven? Könnten sich Wölfe auch in die Stadt verirren?

Wir erleben schon, dass Wölfe auch hier auftauchen. In Bremen wurde schon mal ein Wolf gesehen. In Garlstedt und Schiffdorf gibt es jeweils Wolfsrudel. Man kann also sagen: Der Wolf ist hier in der Region angekommen.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Morgen, 28. August 2023, 7 Uhr