Der Herbst ist ganz nah – eine Liebeserklärung

Eine Frau spaziert durch den Wald.

Wettergespräch vom 12. September, 8:20 Uhr

Bild: dpa | William Perugini (Symbolbild)

Mit einer letzten heißen Woche hat sich der Sommer verabschiedet. Ok, es wird noch einmal wärmer – aber unserer Autorin freut sich, Badeanzug gegen Kuscheldecke zu tauschen. Endlich.

Fein säuberlich gefaltet liegt sie in meinem Schrank und wartet seit Wochen und Monaten geduldig – auf jeden Fall geduldiger als ich – darauf, dass ihre Zeit wieder kommt: meine Wolldecke, etwas kratzig, aber doch perfekt, um sich unter ihr für eine Weile vor der Welt zu verstecken.

Und jedes Mal, wenn mein Blick auf sie fällt, dann denke ich: "Bald." Bald können wir wieder Nachmittage bei Kerzenschein verbringen. Ein gutes Buch in der Hand, das Trommeln des Regens an der Scheibe.

Mit etwas Fantasie

Klar: Auch, wenn es jetzt erst einige Grad kühler ist, ist noch nicht so wirklich das richtige Wetter für die Kuscheldecke. Und wenn man auf die Wettervorhersage guckt, dann klettern die Temperaturen nach bedauerlich wenigen Tagen wieder nach oben.

Aber man darf ja schon träumen, oder? Lassen Sie es mich erklären, diesen Zauber der ersten Herbsttage auf den ich mich jedes Jahr wieder freue.

Goldene Herbst-Träume

Wir stehen im Wald. Bei jedem tiefen Atemzug kitzelt die kühle Luft in den Nasenlöchern, kurz bevor der erdige Duft fallender Blätter und feuchter Erde in die Nase steigt. Für einen Moment schließen wir die Augen. Die Sonne fällt durch die lichter werdenden Blätterkronen und zeichnet tanzende Muster auf unsere Augenlider.

Noch erinnert die Wärme ihrer Strahlen schwach an heiße Sommertage. Doch der angenehm kühle Wind, der über unsere Wangen streicht, weckt Vorfreude auf Nachmittage auf der Couch. Auf den Geruch dampfenden Tees und das Gefühl rauer Bücherseiten unter den Fingerspitzen.

Und nicht zuletzt auf die wohlige Zufriedenheit, mit einem Tag nichts anderes anfangen zu können, als sich mit ebenjener Kuscheldecke zu verkriechen. Kein Treffen am Werdersee, an dem man inzwischen jede Ente persönlich kennt. Nicht die nächste viel zu warme Nacht, in der selbst die kühlere Seite des Kissens keinen Ausweg aus der Hitze bringt.

Lebe wohl, lieber Sommer

Stattdessen lässt gerade nach den vergangenen Tagen, an denen sich die ganze Stadt mit letzter Kraft an den Sommer geklammert hat, das Geräusch platschender Regentropfen beim Aufwachen die Vorfreude um ein Vielfaches wachsen. Schon bevor ich die Augen aufschlage spüre ich einen kühlen Luftzug über mein Gesicht streichen, und trotz der Herrgottsfrühe lockt er mich aus dem Bett und an das geöffenete Fenster.

Der Blick zwischen den Vorhängen hindurch offenbart schließlich den Schleier der Feuchtigkeit, der in der Luft hängt – und der die harten Kanten der Gebäude, der Bäume und der Menschen ein wenig weicher zeichnet. Und als ich so den ersten tiefen Atemzug seit Tagen nehme, gibt er mir das Gefühl, die Weser nicht nur im Herzen, sondern auch in der Lunge zu tragen.

Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 12. September 2023, 8:20 Uhr