Interview
Sommerwetter in Bremen: "Für die Jahreszeit schon ziemlich warm"
Die Temperaturen klettern heute auf bis zu 31 Grad. Was es mit dem Hochsommer-Wetter mitten im Juni auf sich hat, erläutert Joachim Pütz aus dem ARD-Wetterkompetenzzentrum.
Es war eine sehr warme Nacht. Kann man schon von einer tropischen Nacht sprechen?
Ab 20 Grad spricht man von tropischen Nächten. In der vergangenen Nacht ist die Temperatur erst nach Mitternacht, vor allem in den Städten Westdeutschlands, unter die 20-Grad-Marke gerutscht. Aber auch nur knapp. Da hatten wir etwa 19 Grad – das fühlte sich also schon sehr tropisch an. Im Raum Bremen lagen die Werte so bei 15 bis 16 Grad, in der vergangenen und auch in der kommenden Nacht. Das ist für die Region und für die Jahreszeit schon ziemlich warm.
Ist das noch normal?
Ich hab mal die Messreihen der vergangenen Jahre durchsucht. Da kam es auch schon mal vor, dass es zu einem ähnlichen Zeitpunkt über 30 Grad hatten und auch sehr warme Nächte. Das letzte Mal war es am 29. Mai 2018: Da hatten wir in Nienburg den Höchstwert mit 33,4 Grad. Es ist also durchaus im Bereich des Möglichen. Aber weil es nicht so oft vorkommt, kann man es schon als ungewöhnlich bezeichnen.
Ist das schon Klimawandel?
Es ist generell schwierig, so ein aktuelles Wetter in einer Region für Aussagen zum Klimawandel heranzuziehen. Da muss man schon die langen und großen Linien betrachten, zum Beispiel dass sich die Hitzetage pro Jahr mit 30 Grad und mehr in den vergangenen 70 Jahren verdreifacht haben. Auch halten sich die Wetterlagen oft zäher und entwickeln sich extremer als früher. Wir haben jetzt öfter trockene und heiße Phasen und auch sintflutartige Starkregen-Ereignisse gibt es häufiger.
Ein Grund dafür ist, dass sich unsere wetterbestimmende Strömung, also der Jetstream, durch den Klimawandel abgeschwächt hat. Deswegen kann er nicht mehr für so schnelle Wechsel der Wetterlagen sorgen wie früher. Das aktuelle heiße und sehr trockene Wetter reiht sich in diese Beobachtungskette ein.
Also Hoch- und Tiefdruckgebiete werden nicht mehr so schnell abtransportiert. Stichwort Tiefdruckgebiet: Haben wir denn zu befürchten, dass es wieder Hochwasser gibt, weil der Regen einfach nicht abzieht?
Ja, das ist durchaus im Bereich des Möglichen. Das Ahr-Hochwasser war ja zum Beispiel auch so eine Tiefdrucklage, die sich festgebissen hatte. Deswegen zogen die heftigen Niederschläge nicht weiter, sondern blieben dort hängen. Das brachte dann 200 bis 250 Liter pro Quadratmeter. Das ist natürlich auch in dieser Saison wieder möglich
Wie steht es um die Waldbrandgefahr?
Die ist sehr hoch. Wir haben fast die höchste Stufe erreicht. In Brandenburg brennt es ja schon. Ein böiger Ostwind facht das Feuer auch noch weiter an. Aber es ist nicht nur die Waldbrandgefahr, auch der sogenannte Graslandfeuer-Index ist auf der höchsten Stufe. Und die Trockenheit wird langsam auch für die Landwirtschaft ein ziemliches Problem, denn die jetzt aufkeimenden Pflanzen brauchen dringend Wasser. Also da sind Ernteausfälle jetzt schon erwartbar.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 11. Juni 2023, 9:40 Uhr