Interview

"Wie viele müssen noch sterben?" Bremer CDU verteidigt Asylabstimmung

Bremer CDU steht hinter der umstrittenen Abstimmung im Bundestag

Bild: dpa | Focke Strangmann

Nach dem Bundestagsbeschluss zur Migration läuft die Debatte um den Umgang der CDU mit der AfD. Bremens CDU-Chef Heiko Strohmann sieht das Problem bei SPD und Grünen.

Die Union hat ihren Antrag zur Migration mit Hilfe der AfD durchgesetzt. Seither läuft eine Debatte darum, wie der Schritt zu bewerten ist. Mehrere Politiker der SPD und Grüne sehen darin einen Tabubruch. Altkanzlerin Merkel hält das Vorgehen ihrer Partei für falsch. Wir haben mit dem Bremer CDU-Landesvorsitzender, Heiko Strohmann, über die Abstimmung gesprochen.

Herr Strohmann, wie nehmen Sie die Stimmung in Ihrem Landesverband wahr?

Die Stimmung ist sehr positiv. Die Unterstützung für Friedrich Merz, mit dem wir uns in Bremen ja immer relativ schwer getan haben, ist groß. Wir unterstützen diesen Weg mit voller Klarheit.

Der Antrag für eine schärfere Migrationspolitik wurde mit den Stimmen der AfD im Bundestag beschlossen. Ist das in Ihrem Sinne passiert?

Ja, weil dieser Antrag sehr wichtig ist. Die Frage ist, wie es in Deutschland weitergeht. Wenn wir die Politik nicht der AfD überlassen wollen, müssen wir Entscheidungen treffen, müssen wir ins Handeln kommen. Diese Ankündigungsrhetorik von Bundeskanzler Scholz im Sinne von "Wir haben Defizite in der Umsetzung", das wollen die Leute nicht mehr hören. Deswegen ist es auch richtig, diesen Antrag gestellt zu haben. Und die Grünen und die SPD hätten ja mitstimmen können.

Sie haben es angesprochen: Sie haben sich am Anfang schwer getan mit Friedrich Merz. Mehr noch: Ihr ehemaliger Vorsitzender, Carsten Meyer-Heder, musste 2023 zurücktreten auch unter Druck der eigenen Partei, weil er die Zusammenarbeit mit der AfD nicht kategorisch ausgeschlossen hatte.

Naja, das ist noch ein bisschen anders, als das, was heute war. Zusammenarbeit und dass man einen guten Antrag von den Falschen unterstützt bekommt, ist ein gravierender Unterschied. Das hat auch der Spitzenkandidat vom BSW gesagt (BSW-Landesvorsitzender Christopher Schulze, Anm. d. Red.), das will ich also auch zurückweisen. Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben.  

Dann möchte ich Ihren Spitzenkandidaten Thomas Röwekamp wiedergeben, der damals gesagt hat, dass es auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit mit der verfassungsfeindlichen AfD geben dürfe. Auch andere CDU-Politiker hatten sich deutlich distanziert. Warum ist das heute eine andere Situation als damals?

Also: Wir haben einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Eine gute Sache kann ja nicht falsch werden, wenn es die Falschen unterstützen. Diese Rhetorik, die ja auch aus dem Bremer Rathaus kam, halte ich für falsch. Dieses Nicht-Handeln ist das Problem, das wir in Deutschland haben.

Wir haben jetzt nur noch vier Jahre Zeit, ansonsten haben wir 2029 Verhältnisse wie in Österreich. Und deswegen hat Friedrich Merz gesagt "Ich gehe diesen Weg, ich schaue geradeaus, ich schaue nicht links, ich schaue nicht rechts". Wer den Weg mitgehen will, ist herzlich willkommen. Das hat aber nichts mit der Zusammenarbeit zu tun. Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – in keiner Art und Weise.

Aber die Frage, wie glaubwürdig die CDU noch ist, muss man sich dennoch gefallen lassen. Friedrich Merz hatte gesagt, eine Zusammenarbeit mit der AfD wird es nicht geben und jetzt doch auf eine gemeinsame Sache mit der AfD gesetzt.

Ich glaube, Rot-Grün hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Friedrich Merz hat heute gesagt "Ich will die illegale Migration begrenzen und das beste für dieses Land machen". Und Rot-Grün hat mit der Entscheidung zu unserem Antrag und auch mit diesem aufgeregten Gegacker gezeigt, dass sie weiter nichts tun wollen. Sie wollen es so lassen, wie es ist mit überlasteten Systemen und mangelnder Durchsetzung. Und da frage ich mich, wie viele Menschen müssen noch sterben, dass die SPD endlich mal aufwacht.

Wie sicher kann man sich aber sein, dass Friedrich Merz auch nach der Wahl nicht mit doch mit der AfD zusammenarbeiten möchte?

Die CDU hat eine DNA. Und die heißt: nicht mit radikalen Kräften. Daraus sind wir nach dem Zweiten Weltkrieg erwachsen. Nie wieder Faschismus. Demokratie. Wir sind die demokratische Partei, wir sind die Partei der West-Bindung. Wir sind die Partei der Wiedervereinigung und des europäischen Gedankens. Und deshalb habe ich bei Friedrich Merz und dem Großteil der Funktionäre keinen Zweifel, dass wir auch nur einen Schritt in die falsche Richtung gehen.

(Das Gespräch führte Lea Reinhard für buten un binnen TV. Aufgeschrieben und redigiert hat es Milan Jaeger.)

CDU-Generalsekretär sieht Migration als wichtigstes Wahlkampfthema

Bild: Radio Bremen

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. Januar 2025, 19:30 Uhr