CDU-Mehrheit dank AfD: Bremens Bürgermeister spricht von "Tabubruch"

Bremer CDU steht hinter der umstrittenen Abstimmung im Bundestag

Bild: Radio Bremen

Der Antrag der Union für einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik ist vom Bundestag mit Stimmen von AfD und FDP angenommen worden. SPD, Grüne und Linke sind empört.

Der Bundestag hat sich für mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag der CDU/CSU-Fraktion fand eine Mehrheit, wie die Sitzungsleiterin Katrin Göring-Eckardt mitteilte. Ein zweiter Antrag der Union mit umfassenden Reformvorschlägen für eine restriktive Migrationspolitik und zusätzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden wurde mehrheitlich abgelehnt. 

Knappes Abstimmungsergebnis

Der erste Antrag für mehr Zurückweisungen erhielt 348 Ja-Stimmen, 345 Nein-Stimmen, 10 Abgeordnete enthielten sich. Das geht aus dem Ergebnis der namentlichen Abstimmung hervor, das die Bundestagsverwaltung zur Verfügung stellte. Demnach stimmten 187 Abgeordnete von CDU/CSU, 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Abgeordnete dafür, was die nötige Mehrheit von 348 Stimmen ergab. Der zweite Antrag für weitreichende Reformen bekam 190 Ja-Stimmen und 509 Nein-Stimmen sowie 3 Enthaltungen.

Bremen will keinem AfD-Gesetz zustimmen

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) kritisierte das Zustandekommen der Mehrheit am Abend nach der Abstimmung scharf. CDU-Fraktionschef Friedrich Merz beschädige die Glaubwürdigkeit demokratischer Politik massiv, "wenn das öffentliche Versprechen eines Kanzlerkandidaten nicht einmal länger als zwei Monate hält", sagte der SPD-Politiker in einem Statement.

Dass Union und FDP bei ihren Plänen zur Verschärfung des Asylrechts bewusst die Zustimmung einer Partei in Kauf nehmen, die in Teilen gesichert rechtsextrem ist, das ist ein durch nichts zu rechtfertigender Tabubruch.

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD)

Sollten CDU und FDP auch bei der geplanten Gesetzesabstimmung am Freitag die Zustimmung der AfD in Kauf nehmen, "wäre die Brandmauer offensichtlich endgültig Geschichte". Bremen werde im Bundesrat keinem Gesetz zustimmen, das nur mit Unterstützung der AfD zustande komme.

Bremer CDU-Chef sieht kein Problem

Aus der Bremer CDU kam hingegen Unterstützung für Friedrich Merz. "Dieser Antrag ist sehr wichtig", sagte Landeschef Heiko Strohmann zu buten un binnen. "Wenn wir die Politik nicht der AfD überlassen wollen, müssen wir ins Handeln kommen." Sollte die CDU die Wahl gewinnen, glaubt Strohmann nicht an eine Zusammenarbeit mit der AfD. "Die CDU hat eine DNA. Und die heißt: nicht mit radikalen Kräften."

Eine gute Sache kann ja nicht schlecht werden durch die falsche Unterstützung.

Bremens CDU-Landeschef Heiko Strohmann

Bremens SPD-Chef Falk Wagner ist sich dessen hingegen nicht so sicher. "Das ist das Ende der Brandmauer der CDU", sagte er bei buten un binnen. "Das ist eine unentschuldbare Beschädigung unserer Demokratie." Auch die Bremer Linke zeigte sich "fassungslos". Die Landesvorsitzende Anna Fischer sprach wie Bovenschulte von einem Tabubruch. Grünen-Chefin Josephine Asmuss sagte, sie wolle angesichts der Zustimmung der AfD "nichts von 'Mitte' und von 'richtigem Weg' hören".

FDP-Landeschef Thore Schäck hingegen geht es nach eigener Aussage nur um Inhalte. "Es kann ja nicht sein, dass man am Ende gegen eigene Positionen stimmen muss, wenn die Falschen dafür sind." Ähnlich äußerte sich das BSW. Die Bremer AfD feiert den Tag als zukunftsweisend. "Die links-grüne Meinungshegemonie wurde heute beendet", sagte Landesvorsitzender Sergej Minnich.

In den Augen des Bremer Landesvorsitzenden von Bündnis Deutschland, Jan Timke, ist der Antrag der CDU "ein reines Wahlkampfmanöver". Inhaltlich sei die CDU beim Thema "Sicherung der Außengrenzen" zerstritten. So habe der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bereits angekündigt, entsprechende Initiativen im Bundesrat zu blockieren. "Ganz offensichtlich ist sich die Union nicht einig, was sie in der Frage der Grenzsicherung will", sagt Timke. Grundsätzlich unterstütze Bündnis Deutschland "jede Initiative, die unsere Grenzen vor unkontrollierter Migration schützt", so Timke.

Was im ersten Antrag steht 

Die Union hatte zwei Anträge zur Abstimmung gestellt, zudem einen Gesetzentwurf. Die Anträge wurden am Mittwoch als sogenannte Entschließungsanträge in der Debatte zur Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) behandelt, der Gesetzentwurf dann am Freitag. In dem ersten Antrag heißt es: "Es gilt ein faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen." Dies soll ausdrücklich auch für Menschen gelten, die in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, soll in Haft genommen werden. Vorgesehen ist zudem eine größere Rolle der Bundespolizei bei Rückführungen. 

Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen unbefristet so lange in Arrest kommen, bis sie freiwillig ausreisen oder die Abschiebung vollzogen werden kann. Gefordert werden auch dauerhafte Grenzkontrollen. Allerdings gibt es seit einigen Monaten auf Anordnung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ohnehin stationäre Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen. 

Was im zweiten Antrag steht

In dem Unionsantrag heißt es: "Wenn Menschen, die bei uns zu Gast sind und Hilfe in Anspruch nehmen, straffällig werden oder Konflikte auf deutschem Boden austragen, muss ihr Aufenthalt beendet werden." Die Befugnisse zur elektronischen Gesichtserkennung sollen ausgeweitet werden – auch an Bahnhöfen und Flughäfen. Telekommunikationsunternehmen sollen zur Speicherung von IP-Adressen verpflichtet werden, mit denen sich Geräte im Internet identifizieren lassen. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, häufig Bürgerkriegsflüchtlinge, sowie alle freiwilligen Aufnahmeprogramme sollen gestoppt werden. Die Einsatzkräfte an den deutschen Grenzen sollen personell verstärkt werden.

Empörung bei SPD und Grünen

Die CDU/CSU hatte mit ihrer Initiative Empörung bei SPD und Grünen ausgelöst, weil absehbar war, dass die Pläne nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit finden könnten. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hatte über die Vorhaben gesagt: "Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt", hatte der Unionsfraktionschef betont. Unmittelbarer Auslöser der Unions-Vorstöße war eine Bluttat in Aschaffenburg.

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck appellierte im Bundestag an Union und FDP, mit der AfD keine gemeinsame Sache zu machen. "Stimmen Sie nicht mit denen ab in dieser entscheidenden Frage", sagt Habeck im Bundestag mit Blick auf die Unions-Anträge für eine Verschärfung der Asylpolitik. Das hieße, mit "Rassisten" gemeinsame Sache zu machen, sagte Habeck in der Aussprache zur Regierungserklärung von Scholz. Und wenn Union und FDP in einer solch wichtigen Frage gemeinsame Sache mit der in Teilen rechtsextremistischen Partei machten, dann werde dies auch in anderen Fragen passieren, warnt der Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister.

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Quellen: buten un binnen und dpa.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. Januar 2025, 19:30 Uhr