Darum kann Bremerhaven so wenig gegen die vielen Schrottimmobilien tun

Ein heruntergekommenes Gründerzeithaus steht an einer Straße.
Bild: Radio Bremen | Catharina Spethmann

Gründerzeithäuser in Bremerhavener-Lehe sind zwar schön und alt, aber vom Verfall bedroht. Warum es so schwierig ist, verantwortungslose Eigentümer einzunorden und die Gebäude zu retten.

Es gibt ein Viertel in Bremerhaven, das müsste eigentlich zu den begehrtesten auf dem Mietmarkt gehören – wenn es in einer anderen Stadt läge: das Goethe-Quartier, das einzige in Bremerhaven mit einem großen Bestand an prächtigen alten Gründerzeit-Häusern mit hohen Räumen, großen Fenstern und Stuckfassaden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass genau hier viele vernachlässigte und heruntergekommene Häuser stehen.

Eine heruntergekommene Fassade steht an einer Straße.
Die betreffende Schrottimmobilie in der Körnerstraße. Bild: Radio Bremen | Catharina Spethmann

Zum Beispiel ist es eigentlich ein schönes Haus, wie es da in der Bremerhavener Körnerstraße steht: hübsch gegliederte Fassade, große Rundbogenfenster im Erdgeschoss. Aber es hat schon bessere Tage gesehen. Der Putz bröckelt, der Bürgersteig ist abgesperrt – Fassadenteile könnten herabstürzen. In den letzten 15 Jahren habe es fünf bis sechs Eigentümer gehabt, erzählt Hauseigentümer André Hübner. Zuletzt eine inzwischen insolvente Münchner Aktiengesellschaft, vermutlich angelockt von den billigen Immobilienpreisen im Vergleich zu München.

Jetzt zerfällt das. Vor vier Jahren war da richtig viel Aktion, wurde viel umgebaut. Dann kam der Zoll und hat festgestellt, dass da Schwarzarbeit abgeliefert wurde. Jetzt ist das Haus innen halb fertiggestellt. Und man sieht: Die Balkone und die Fenster sind alle rausgerissen worden.

André Hübner, Hauseigentümer in Bremerhaven-Lehe

70 leerstehende Mehrfamilienhäuser

André Hübner ist Eigentümer des Nachbarhauses. Der Verfall nebenan macht ihm Sorgen. Das teilt Dieter Rehrbehn von der Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe (ESG). Sie kämpft seit Jahren gegen die Verwahrlosung im Viertel.

Wir haben schon sehr viel geschafft. Die Karte zeigt, dass viele der rot eingezeichneten Gebäude inzwischen saniert sind oder sich in Sanierung befinden. Aber Recherchen der ESG aus dem vergangenen Jahr haben alleine 70 leerstehende Mehrfamilienhäuser aufgezeigt.

Dieter Rehrbehn, Eigentümerstandortgemeinschaft Lehe
Gründerzeithäuser stehen auf beiden Seiten einer Straße.
Eine Straßenflucht in Lehe, Goethestraße, Ecke Heinrichstraße. Bild: Radio Bremen | Catharina Spethmann

Die ESG arbeite eng und erfolgreich mit dem Bauordnungsamt zusammen, betont Rehrbehn. Aber man wünsche sich auch härtere Maßnahmen gegen die schwarzen Schafe, die die Häuser zum Beispiel als Abschreibungs- oder Spekulationsobjekte nutzten. Andreas Geywitz, Leiter des Bremerhavener Bauordnungsamtes, kann das verstehen.

Möglichkeiten der Stadt sind begrenzt

Geywitz sagt: "Lehe ist ein wesentlicher Teil der Bremerhavener DNA." Aber er sagt auch: Die Möglichkeiten der Stadt, einzugreifen, seien begrenzt. Das Eigentumsrecht sei ein hohes Gut in Deutschland, Maßnahmen – auch gegen den Willen der Eigentümer – durchzusetzen, entsprechend schwierig. Enteignungen? Eher eine theoretische Option.

Ich würde sagen, im gesamten Bundesland Bremen gab es die letzten fünf Jahre nicht einmal so einen Fall. Nicht eine einzige Enteignung, die auf Grundlage von Immobilienmissständen begründet wurde.

Andreas Geywitz, Leiter des Bremerhavener Bauordnungsamtes

Das bestätigt Torsten Neuhoff (CDU), Stadtkämmerer und auch für Stadtplanung zuständig. Oft habe die Stadt nicht nur mit einem Eigentümer zu tun, sondern mit Eigentümergemeinschaften von bis zu 20 Parteien – nicht selten über ganz Europa verstreut. Bremerhaven setzt daher auf mehrere Strategien: Verhandlungen mit Eigentümern, Zusammenarbeit mit Wohnungsgesellschaften vor Ort und mit Investoren, die einzelne Häuser sanieren.

Stadt sieht auch Bewohner in der Pflicht

Ein Gründerzeithaus mit restaurierter Fassade steht zwischen zwei Straßen.
Positiv-Beispiel: eine frühere Bremerhavener Schrottimmobilie, jetzt restauriert. Bild: Radio Bremen | Catharina Spethmann

Gegen die Vermutung, die Stadt vernachlässige Viertel wie Lehe zugunsten des geplanten neuen Werftquartiers, verwahrt sich Neuhoff. Er sieht auch die Bewohner in der Pflicht, das Viertel weiterzuentwickeln. Inwieweit das in einem Stadtteil möglich ist, in dem viele Menschen ohne viel Geld leben? Vielleicht fraglich. Aber André Hübner, der Eigentümer aus Lehe, hat die Hoffnung für die Gründerzeithäuser im Viertel – und sein Nachbarhaus – noch nicht aufgegeben.

Da sieht man schon Investitionen überall, aber da sind auch immer Häuser, so wie dieses hier, das dann immer weiter zerfällt – leider. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass irgendjemand kommt, der Interesse hat, dieses Haus zu kaufen, zu renovieren und schön wieder herauszustaffieren.

André Hübner, Hauseigentümer in Bremerhaven-Lehe

Warum in Bremerhaven so viele Häuser leer stehen

Bild: Radio Bremen

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Autorin

  • Catharina Spethmann
    Catharina Spethmann

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Tag, 20. Dezember 2024, 14:40 Uhr