Bremerhavenerin erhält Preis für Schlaganfall-Engagement

Eine Frau sitzt mit einem Laptop an einem Tisch.
Berbel Häsecker hat als Betroffene viel für Schlaganfall-Patienten bewegt.

Bremerhavenerin erhält Preis für Schlaganfall-Engagement

Bild: Radio Bremen | Heinrich Pfeiffer

Berbel Häseker erleidet einen Schlaganfall, kämpft sich zurück ins Leben und engagiert sich seither für andere Patienten. Nun wird die Bremerhavenerin dafür ausgezeichnet.

Auf einmal ist nichts mehr wie vorher. Von einem Moment auf den anderen ist man Pflegefall: Sprachprobleme, Lähmungen, Ausfall von Gehirnfunktionen. Die Diagnose Schlaganfall trifft nicht nur ältere, sondern auch junge Menschen und verändert das Leben meist komplett. Betroffene müssen sich mit viel Kraft und Anstrengung zurück ins Leben kämpfen. So erging es auch Berbel Häseker. Die 72-Jährige aus Bremerhaven hat es geschafft – und eine Selbsthilfegruppe gegründet, um anderen zu helfen. Für ihr Engagement wird sie nun mit dem Motivationspreis der deutschen Schlaganfall-Hilfe geehrt.

Mehrere Personen sitzen an einem Tisch und blicken in die Kamera.
Berbel Häsekers Selbsthilfegruppe "Schlaganfall und Hoffnung" trifft sich in Bremerhaven-Geestemünde. Bild: Radio Bremen | Heinrich Pfeiffer

Zu Gast im Bremerhavener Stadtteil Geestemünde: Hier in der "Guten Stube", Ecke Schillerstraße, trifft sich die Selbsthilfegruppe "Schlaganfall und Hoffnung". Zwischen zehn und fünfzehn Betroffene kommen zusammen und tauschen sich aus – über die Erkrankung, mögliche Hilfen und Schwierigkeiten. Häseker hat die Gruppe gegründet, sie sitzt am Kopfende und spricht über psychische Auswirkungen der Krankheit.

"Dann habe ich Angst gekriegt und den Notarzt gerufen"

Vor drei Jahren erfuhr die Seniorin am eigenen Leib, wie unerwartet und plötzlich einen ein Schlaganfall treffen kann. Am 17. März 2021 zitterten abends nach einer digitalen Fortbildung auf einmal ihre Finger an der rechten Hand. Etwas Falsches gegessen? Kreislauf? Als Krankenschwester kennt sie eigentlich die Schlaganfall-Symptome. Sie geht ins Bett, doch es hört nicht auf.

Dann habe ich irgendwie Angst gekriegt und den Notarzt angerufen, ob ich mir Sorgen machen muss. Wir hatten mit meiner Freundin Schlaganfall schon mal angerissen – als Thema. Eigentlich stand das nicht auf meiner Agenda, dass ich einen kriege, weil ich viel zu fit bin.

Berbel Häseker, Schlaganfall-Betroffene

Sie kämpft sich zurück ins Leben

Und doch ist es einer. Halbseitig gelähmt wird Häseker zum Pflegefall und verbringt ein Vierteljahr im Krankenhaus und in der Reha. Eine schwierige Zeit für sie – vor allem psychisch. Sie fühlte sich vom Pflegepersonal alleingelassen. Niemand bespricht wirklich mit ihr, wieviel von ihren früheren Fähigkeiten sie sich zurückerobern kann – und welches Training ihr dabei hilft.

Die Schwestern waren ein bisschen überfordert, weil auch Lockdown war. Die hatten gut zu tun und waren teilweise nicht so nett. Und dann war ich wütend, richtig sauer. Wenn ich wütend bin, kann ich heulen und dann kann ich kämpfen.

Berbel Häseker, Schlaganfall-Betroffene
Eine Frau sitzt mit einem Buch auf einem Sofa.
Berbel Häseker hat ein Buch über ihre Geschichte geschrieben. Bild: Radio Bremen | Heinrich Pfeiffer

Mit Logopädie, Physio- und Ergotherapie kämpft Häseker sich zurück: Treppensteigen, Körperübungen, Sprechen teilweise wieder neu lernen. Sie beantragt bei der Krankenkasse ein Dreirad. Die lehnt ab. Häseker nimmt sich eine Anwältin und gewinnt einen langen Prozess gegen die Kasse. Außerdem schreibt sie ein Buch, in dem sie ihre Geschichte aufarbeitet. So will sie anderen Betroffenen Mut machen.

Jeder Schlaganfall ist anders

Ihr Engagement geht weiter, denn auch der Austausch mit anderen ist ihr wichtig. Häseker gründet Anfang dieses Jahres eine Selbsthilfegruppe. Zwar habe jeder seine eigene Geschichte, aber eines gilt für alle, sagt sie.

Das Leben nach einem Schlaganfall wird nie wieder so, wie vorher. Auch für Angehörige nicht. Wenn ein Betroffener schon sehr schlimm betroffen ist, ist ein Angehöriger noch ein Tick schlimmer betroffen – auch wenn er das nicht körperlich hat. Er ist gesund und muss sein Leben total umkrempeln. Es wird auch für ihn nie mehr so sein, wie vorher.

Berbel Häseker, Schlaganfall-Betroffene

Betroffene gibt Tipps für Betroffene

Die Betroffenen sollten achtsam und wertschätzend mit ihren Angehörigen umgehen, das sei eine große Herausforderung, so Häseker. Sie sieht sich als Netzwerkerin, weiß was momentan nötig ist, um Patientinnen und Patienten besser zu betreuen. Die Psyche bleibe oft auf der Strecke, sagt sie, daher die Selbsthilfegruppe.

Die Bremerhavenerin möchte nicht, dass die Menschen allein dastehen und freut sich immer wieder über neue Gesichter in ihrer Gruppe. Hier sind alle froh, dass Häseker sie so regelmäßig zusammenbringt und schon längst geht es nicht mehr nur um das Thema Schlaganfall. Auch andere persönliche Schicksale werden besprochen – das hilft und schweißt zusammen.

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Bild: Radio Bremen

Autor

  • Heinrich Pfeiffer

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 15. November 2024, 17:20 Uhr