Performa Nord: Hat Bremen die Digitalisierung verschleppt?
Lange Wartezeiten bei der Erstattung von Kranken- und Pflegekosten: Nach Ansicht von Kritikern kommt die Digitalisierung beim landeseigenen Unternehmen Performa Nord nicht schnell genug voran.
Seit Monaten warten manche Beamte und Beamtinnen in Bremen auf die Rückerstattung von Beihilfe. Sie sind privat versichert, müssen die Kosten für Pflege oder medizinische Behandlungen vorstrecken. Teilweise belaufen sich die Summen auf mehrere Tausend Euro. Der Staat übernimmt einen Teil der Ausgaben und erstattet sie den Patienten.
Doch in den vergangenen Monaten kam es zu langen Wartezeiten. Bei der landeseigenen Firma Performa Nord, die für die Erstattungen zuständig ist, stapelten sich aus verschiedenen Gründen tausende Akten. Und die Betroffenen, ehemalige und aktive Beamtinnen und Beamte, warteten und warteten.
Mehrere Betroffene haben sich im Juni an buten un binnen gewandt. Mit der medialen Aufmerksamkeit kamen unterschiedliche Lösungsvorschläge – und auch Kritik. Etwa an der schleppenden Digitalisierung, die für einige Beobachter zu langsam voranschreitet.
So sagt FDP-Politiker Marcel Schröder, digitale Technologien sollten dabei helfen, Anträge schneller und effizienter zu bearbeiten. Dass dies noch nicht ganz gelungen sei, lasse unter anderem auf Probleme bei der Digitalisierung schließen. "Das deutet wiederum daraufhin, dass man mit dem Digitalisierungsprozess entweder zu spät begonnen hat oder dieser aufgrund von Problemen länger dauert als geplant."
Andere Bundesländer schon viel weiter
In der Tat ist der Weg zur Beihilfe in Bremen, anders als in anderen Bundesländern, immer noch stark papierlastig. Niedersachsen hat seit knapp einem Jahr eine App, mit der Berechtigte ihre Rechnungen fotografieren und einreichen können. Gut die Hälfte der Anträge kommt nach Angaben des dortigen Finanzministeriums inzwischen in digitaler Form. Hamburg und Schleswig-Holstein haben ebenfalls bereits eine Beihilfe-App.
Auch Bremen hat die Notwendigkeit einer Modernisierung erkannt. So steht in der Antwort des Bremer Senats auf eine Anfrage der CDU-Fraktion von Anfang August, eine App könnte 2024 bereitstehen. Ein komplett digitales Fachverfahren sollte hingegen erst ab 2025 die Arbeit erleichtern. Dies liege daran, dass beim Dienstleister-Unternehmen Dataport das Personal begrenzt sei.
Aufgrund begrenzter personeller Kapazitäten des IT-Dienstleisters Dataport ist mit einem Rollout des Fachverfahrens Beirefa im Land Bremen zu Beginn des Jahres 2025 zu rechnen.
Antwort des Senats auf die Anfrage der CDU
Firma: Genug Personal vorhanden
Dazu schreibt jedoch die Firma Dataport auf Nachfrage: "Für die Einführung der App und des neuen Beihilfeverfahrens stehen bei Dataport ausreichend Personalkapazitäten zur Verfügung. Von Bremer Seite steht noch die Entscheidung darüber aus, welche App künftig eingesetzt werden soll."
Seit August 2022 arbeitet das IT-Unternehmen an einem Digitalisierungsprojekt für die Bremer Beihilfe. Bundesländer wir Hamburg und Schleswig-Holstein, die ebenfalls mit Dataport kooperieren, sind bei der Digitalisierung vom Beihilfeverfahren in der Tat weiter als Bremen. Den Vertrag für das neue digitale Beihilfeverfahren hat das kleinste Bundesland nach Angaben des Unternehmens erst im Juni 2023 abgeschlossen.
DBB: Problem bei Beihilfebearbeitung seit 2017 bekannt
Dabei ist offenbar seit Jahren schon bekannt, dass das aktuelle Bearbeitungsverfahren modernisiert werden soll. In einem Bericht des Bremer Rechnungshofs aus dem Jahr 2017 wird dies bereits erwähnt.
Der Bremer Beamtenbund (DBB) sieht den aktuellen Stand der Digitalisierung bei der Performa Nord ebenfalls kritisch an. Vor allem die Tatsache, dass noch kein neues digitales Verfahren vorhanden sei. Vize-Landesvorsitzender Sven Stritzel nimmt Bezug auf den Bericht des Rechnungshofs und bemängelt, das Problem sei seit Jahren nachweislich bekannt. Unternommen worden sei aber immer noch zu wenig.
Und da liegt ja das Problem, wenn man keine modernen Fachverfahren einführt beziehungsweise nutzt, benötigt man im Ergebnis wesentlich mehr Personal, um eine schnelle Bearbeitung sicherstellen zu können.
Sven Stritzel, Vize-Landesvorsitzender DBB
Finanzressort: Man hat entsprechend gehandelt
Das Finanzressort bestätigt, dass bereits 2017 klar gewesen sei, dass die Beihilfe modernisiert werden sollte. Allerdings findet die Behörde, der Senat habe entsprechend gehandelt. So sei es genau vorgesehen gewesen, dass bei dem Projekt Hamburg und Schleswig-Holstein anfangen sollten. Und dass die App noch nicht beschlossen sei, liege daran, dass es inzwischen eine andere, eventuell bessere Variante in anderen Bundesländern gebe. "Es kann bei solchen Projekten immer mal zu Verzögerungen kommen", schreibt Finanzressort-Sprecher Matthias Makosch.
Wichtig ist, dass das Projekt frühzeitig geplant wurde und ganz konkret die Schritte zur Einführung des Programms bereits begonnen wurden.
Matthias Makosch, Sprecher Finanzsenator
CDU: Digitalisierung bei Performa Nord hängt hinterher
Die Bremer CDU-Fraktion zeigt sich ihrerseits von der Antwort des Senats auf ihre Anfrage "enttäuscht". Etwa bei der Personalgewinnung und der Digitalisierung bei Performa Nord sieht sie noch Verbesserungsbedarf. Und sie fordert unter anderem ein Digitalressort im Senat, um den digitalen Wandel in der Verwaltung zu unterstützen.
Die Digitalisierung der Beihilfebearbeitung hängt bei Performa Nord dem ursprünglichen Zeitplan, der objektiven Notwendigkeit und anderen Bundesländern hinterher.
Bremer CDU-Fraktion
Inzwischen hat sich die Lage in der Beihilfeabteilung der Performa Nord ein wenig entzerrt. Einige Antragssteller bekommen inzwischen zügiger ihr Geld, andere erhalten Abschlagszahlungen. Doch für manche Beamte und Beamtinnen geht das Warten einfach weiter.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 22. August 2023, 19:30 Uhr