Infografik
Fickmühlen, Adolfshausen und Werder: Kuriose Ortsnamen rund um Bremen

Was haben Amerika, Werder und Jerusalem gemeinsam? Genau, es sind Dörfer nahe Bremen. Bei einem ähnlichen Ort mit besonderem Namen wird das inzwischen zum Problem.
Es geschah zwischen Weihnachten und Neujahr. Unbekannte stahlen das Ortsschild des Dorfs "Adolfshausen" – und das nicht zum ersten Mal.

Schon 2013 habe sie erstmals über einen Diebstahl des Ortsschilds berichtet, schreibt die "Kreiszeitung" in einem Artikel zum jüngsten Raub. Bewohner und Bürgermeister sprechen von bestimmt zehn Diebstählen in den vergangenen zehn Jahren.
"Für uns ist es immer ein Ärgernis", sagt Sönke Haverich, Leiter des Ordnungsamts der Samtgemeinde Thedinghausen, zu der Adolfshausen gehört. Das seien dann mal eben ein paar hundert Euro, die es koste, ein neues Schild anzubringen. "Wir haben die ja nicht einfach so hier in Reserve herumliegen."
Appelle und Abreißschrauben helfen nicht
Vieles haben die Beteiligten versucht, um den Schilderklau zu beenden. So erinnert beispielsweise seit Sommer 2022 ein viereinhalb Tonnen schwerer Findling unter dem Ortsschild mit einer eingravierten Krone an den adeligen Ursprung des Örtchens. Denn benannt wurde Adolfshausen nach Adolf Friedrich Herzog von Cambridge, Sohn des britischen Königs Georg III. Für das Haus Hannover gründete er das Dörfchen 1798 im Zuge der Moorkolonisation – also rund 140 Jahre bevor in Nazi-Deutschland Straßen, Brücken und Plätze nach dem Diktator gleichen Vornamens umbenannt wurden.
Der, wegen dem das Schild vermutlich immer geklaut wird, war zum Glück nie hier.
Sönke Haverich, Leiter des Ordnungsamts der Samtgemeinde Thedinghausen
Nur auf den Verstand der Ewiggestrigen zu setzen, reichte dem Bauhof der Gemeinde nicht. Weshalb das Ortsschild zusätzlich durch besonders sichere Abreißschrauben gesichert werden sollte. Ordnungsamtsleiter Haverich betont zudem, dass der Ortsname auf den jüngsten Schildern bewusst neu angeordnet worden sei. Oben stehe nun zunächst der Name der Gemeinde "Blender", darunter dann "Ortsteil Adolfshausen". Geholfen hat es wenig.
Wobei Haverich durchaus einen Vergleich ziehen kann. Denn in seiner Gemeinde wimmelt es geradezu von besonderen Ortsnamen.
Kuriose Ortsschilder rund um Bremen und Bremerhaven
Ein Beispiel: das Ortsschild des Dörfchens "Werder". Ja, auch das sei schon geklaut worden, sagt Haverich – zuletzt im vergangenen Sommer. Dafür sei aber der Landkreis Verden zuständig. Meistens begnügen sich die Fans des Fußballklubs damit, mit grünen Aufklebern am Ortsschild ihr Revier zu markieren.
Noch ruhiger geht es Haverich zufolge in "Jerusalem" zu, das wiederum nur drei Kilometer von Adolfshausen entfernt liegt. Keine Pilger, keine Diebe, kein Stress für die Verwaltung.
45 Minuten Autofahrt zwischen Jerusalem und Paradies

Auch "Jerusalem" und "Paradies" liegen für Bremerinnen und Bremer laut Navi nur jeweils eine Dreiviertelstunde mit dem Auto entfernt – und der Weg vom einen zum anderen führt stets über Bremen.
Ähnlich steht es um das vor allem von Bremerhaven aus gut zu erreichende "Himmelpforten" im Landkreis Stade und das für Bremer näherliegende "Nikolausdorf" im Landkreis Cloppenburg. Vor allem Kindern dürften diese beiden Dörfer ein Begriff sein. Denn beide verfügen über entsprechende Postämter für Wünsche und Briefe an den Weihnachtsmann oder wahlweise an das Christkind. Vor Ort werden sie von ehrenamtlichen Mitarbeitenden und der Deutschen Post bearbeitet und gegebenenfalls auch an die zuständigen Stellen weitergeleitet.
Von Amerika bis Egypten
Dass Atlantiküberquerungen von Bremerhaven per Schiff oder direkt von Bremen per Flieger nicht mehr angeboten werden, ist ebenfalls kein Problem. Denn nur einen Steinwurf von Nikolausdorf entfernt liegt schließlich "Amerika". Von dort ist auch "Neuengland" leicht zu erreichen. Es liegt nördlich von Westerstede.
Internationalen Flair bietet auch das an der A1 zwischen Bassen und Ottersberg gelegene "Egypten". Hier können Touristen ihren Urlaub in einer Ferienwohnung verbringen.
Unbestätigte Gerüchte um Achim
Ein besonderer Fall ist hingegen das nicht weit entfernte, an der A27 gelegene "Achim". Dessen Ortschild galt in den 1980er und 1990er Jahren gerüchteweise als eines der am häufigsten gestohlenen der Republik – beliebt vor allem für Junggesellenabschiede. Ob es tatsächlich so war, kann der Sprecher der Stadt Achim nicht bestätigen. Heute sind Männer mit Vornamen Achim in Deutschland im Schnitt 63 Jahre alt, hat der Vornamen-Statistiker Knud Bielefeld errechnet. Vielleicht ist auch das ein Grund, weshalb ein Sprecher der Stadt Achim diese Gerüchte heute nicht mehr bestätigen kann.
Wie Fickmühlen zu seinem Namen kam

"Affendorf" hinter Bruchhausen-Vilsen, das nicht weit entfernte "Hodenhagen" und "Fickmühlen" östlich von Bremerhaven haben den zeitlosen Charakter ihres Ortsnamens hingegen bewahrt.
Wobei die Fickmühler es vergleichsweise gelassen sehen, dass ihr Ortsschild schon mehrfach stibitzt worden ist. Denn sie selbst verbreiten gern die Geschichten von den "schweinerischen Dörfern", zu denen auch das benachbarte "Flögeln" und "Drangstedt" gehören. Dabei leitet sich der Ortsname nicht von den Nebenbeschäftigungen junger Bäuerinnen und Bauern in einer alten Mühle ab. Die eigentliche Herkunft des Namens stammt wohl in abgewandelter Form von einem Müller namens Friedrich ab, nach dem vor Jahrhunderten das Gut Fickmühlen benannt wurde.
Das Gut gibt es bis heute. In Bremen gehören dessen Betreiber zu den Förderern des Kunstvereins – allerdings nicht unter dem ursprünglichen Namen. Inzwischen heißt es, etwas weniger verfänglich, Rittergut Valenbrook.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 23. Februar 2025, 19:30 Uhr