Haare spenden für Krebskranke – so geht das in Bremen

So werden Haare für Perücken aus Echthaar geschnitten und gespendet

Bild: dpa | Catherina Hess

Viele Krebskranke wollen eine Perücke. Zweithaarspezialisten passen Perücken an und sammeln Haarspenden für die Produktion. Hier erklären sie, wie so eine Spende abläuft.

Täglich lassen sich viele Menschen die Haare beim Friseur schneiden oder schwingen die Schere zu Hause selbst, am Ende hat man eine neue Frisur und die alten Haare landen in der Regel im Müll. Dabei kann man mit einer Haarspende jemandem ganz einfach etwas Gutes tun. Besonders Menschen, die wegen einer Chemotherapie ihre Haare verloren haben, wünschen sich häufig eine Echthaarperücke. "Für viele ist der Haarverlust das Schlimmste an der Erkrankung. Gerade Frauen ohne Haare werden stigmatisiert", sagt die Friseurin und Zweithaarspezialistin Britta Hespos-Schröder. Sie passt in Bremen-Vegesack Zweithaar an und nimmt auch Haarspenden entgegen.

Ein Portrait von Britta Hespos-Schröder
Britta Hespos-Schröder ist Friseurin in Vegesack und hat sich auf Zweithaare und Perücken spezialisiert. Bild: vege.net GmbH

Die Bremer Krebsgesellschaft empfiehlt Spendenwilligen, sich an die Internetseite "haare-spenden.de" oder an den Bundesverband der Zweithaarspezialisten Rapunzel (BVZ) zu wenden. Beim BVZ werden die Spenden gesammelt, geordnet und einmal pro Jahr an Haarwarenhersteller versteigert. "Wir hatten zuletzt immer so zwischen 300 und 400 Kilo Haare pro Jahr. Als wir 2009 angefangen haben, sind es nur 23 Zöpfe gewesen", sagt die Geschäftsführerin des BVZ, Ramona Rausch.

Der Erlös aus der Versteigerung spendet der BVZ dann abzüglich der eigenen Kosten. "Letztes Jahr haben wir 197.000 Euro eingenommen und davon 167.000 Euro an die DKMS LIFE gespendet", sagt die Geschäftsführerin. Die Organisation bietet Kosmetikseminare für Krebskranke an, um einen Umgang mit den äußerlichen Veränderungen durch die Erkrankung zu finden. "Der nächste Erlös geht an die Stiftung Deutsche KinderKrebshilfe."

Für viele ist der Haarverlust das Schlimmste an der Erkrankung. Gerade Frauen ohne Haare werden stigmatisiert.

Britta Hespos-Schröder, Friseurin und Zweithaarspezialistin

Wo kann ich meine Haare spenden?

"Wir haben alle Friseure dazu aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen", sagt Rausch, "Fragen Sie einfach nach, ob der jeweilige Friseur mitmacht, falls ja, schneidet er die Haare ab und schickt sie fachgerecht zu uns." Der BVZ erhält aber auch von Privatpersonen Haarspenden. "Gehen Sie einfach zum Friseur Ihres Vertrauens, lassen Sie sich die Haare schneiden und senden Sie sie einfach selbst zu uns", sagt sie.

Spenden beim Friseur können auch Vorteile bieten, so bekommen Spender bei Hespos-Schröder den Haarschnitt sogar umsonst: "Wir bekommen etwa 10 bis 30 Haarspenden pro Jahr, ich finde es immer ganz entzückend, wenn junge Frauen spenden wollen, um jemandem zu helfen", sagt die Zweithaarspezialistin.

Worauf muss ich achten, wenn ich Haare spenden möchte?

Portrait von Ramona Rausch
Ramona Rausch ist Geschäftsführerin des "Bundesverbands der Zweithaarspezialisten Rapunzel" und setzt sich dafür ein, dass Krankenkassen häufiger Perückenkosten übernehmen. Bild: Andrea Leibfritz

Das Haar sollte mindestens 30 Zentimeter lang und trocken sein, damit es von Haarknüpfern verarbeitet werden kann. "Um einen ordentlichen Knüpfknoten machen zu können, müssen die Haare mindestens 25 Zentimeter lang sein. Alle Haare, die kürzer sind, fallen bei der Verarbeitung also schon raus. Als wir noch 25 Zentimeter als Mindestlänge angegeben haben, kamen oft Zöpfe an, die ein paar Zentimeter kürzer und somit gar nicht zu gebrauchen waren", sagt Rausch. Spender, die Haare privat zusenden, sollten laut Rausch darauf achten, dass sie in einem oben und unten zugebundenen Zopf verschickt werden.

"Lose Haare sind eine Katastrophe. Wir nehmen sie nicht an, denn Haare sind nicht glatt, sondern haben Schuppen wie Tannenzapfen und wenn sie durcheinander geraten, verhaken sie sich deswegen und verfilzen schnell", sagt Rausch. Ein weiteres Kriterium sei, dass die Haare nicht chemisch behandelt worden sein dürfen, da dadurch die Haarstruktur aufgebrochen wird. "Abgesehen davon, dass solche Haare brüchig sind, können sie auch zu Problemen führen, wenn die Endverbraucher sich die neuen Haare selbst blondieren oder färben lassen wollen, aber die Haare sich aufgrund der vorherigen Behandlung anders verfärben", sagt Rausch.

Was passiert mit meinen gespendeten Haaren?

Die gespendeten Haare werden zu Echthaarperücken verarbeitet. Diese haben gegenüber Kunsthaarperücken den Vorteil, dass sie länger haltbar sind. "Echthaarperücken kann man außerdem auch noch färben und die Frisur kann man verändern. Wobei es mittlerweile auch Kunsthaarperücken gibt, die man verändern kann", sagt Hespos-Schröder. Laut BVZ braucht man bis zu fünf Zöpfe für eine Perücke. "Eine Echthaarperücke ist etwa zwölf bis 15 Monate lang tragbar, je nach Tragegewohnheit, und eine Kunsthaarperücke etwa ein halbes Jahr", sagt Rausch.

Wie wichtig sind Perücken für Betroffene und was kosten sie?

"Gerade Frauen leiden unter dem Haarverlust", sagt Hespos-Schröder, "aber auch Männer leiden darunter. Allerdings übernimmt die Krankenkasse bei Männern nicht die Kosten für eine Perücke, weil gesagt wird, dass eine Glatze bei Männern zum normalen Erscheinungsbild gehört. Ich finde, das ist ein Unding."

Generell übernehme die Krankenkasse die Kosten in Höhe des Preises einer Kunsthaarperücke: "Das sind etwa 420 Euro, bei Echthaarperücken muss die Kundin die Differenz selbst aufbringen, es sei denn, sie leidet an einer Allergie gegen Kunsthaar. Echthaarperücken kosten aber schnell 1.000 bis 2.000 Euro. Abgesehen davon, dass sie sich länger halten, sind sie auch notwendig. Wenn die Kundin beispielsweise gerne in die Sauna geht, ist das mit einer Kunsthaarperücke gar nicht möglich", sagt Hespos-Schröder.

Ich finde es schon toll, dass Haarersatz mittlerweile anerkannt wird, das war bis vor drei, vier Jahren noch anders. Trotzdem sind die Leistungen noch nicht zeitgemäß.

Britta Hespos-Schröder

"Wir setzen uns dafür ein, dass Betroffene einmal pro Jahr eine Echthaarperücke von der Krankenkasse erstattet bekommen, leider gibt es Kassen, die diese Leistung gar nicht mehr oder nur alle 24 Monate übernehmen", sagt Rausch. Auch Hespos-Schröder wünscht sich mehr Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

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Autor

  • Lukas Scharfenberger

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 7. Februar 2024, 19:30 Uhr