Ist unsere Demokratie in Gefahr, Herr Köcher?
Die AfD könnte bald in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg an die Macht kommen. Was das für Folgen hätte, erklärt der Chef der Bremer Landeszentrale für politische Bildung.
Es sind nur noch sechs Wochen bis zu den Landtagswahlen in Sachsen. Thüringen und Brandenburg sind wenig später dran. Diese drei Landtagswahlen sind so brisant wie lange nicht. Denn in all diesen Bundesländern liegt die zu Teilen gesichert rechtsextreme AfD in Umfragen vorn, wäre überall stärkste Kraft.
Jetzt können wir sagen: Sachsen, Thüringen, Brandenburg – das ist weit weg, der Osten halt. Aber es wäre doch naiv zu sagen, dass wir damit gar nichts zu tun haben, dass wir nicht doch auch davon betroffen sind. Was wäre, wenn eine zumindest teilweise rechtsextreme Partei die Regierung stellt oder zumindest so stark wird, dass sie den anderen das Leben richtig schwermacht? Ist unsere Demokratie in Gefahr? Das hat buten un binnen-Moderator Felix Krömer Thomas Köcher gefragt, den Leiter der Bremer Landeszentrale für politische Bildung.
1 Müssen Demokraten jedes Wahlergebnis akzeptieren?
Mit Blick auf Umfragen, in denen die AfD kurz vor den Landtagswahlen bei rund 30 Prozent der Stimmen liegt, möchte Krömer wissen: Inwiefern gehört es zum demokratischen Verständnis dazu, auch den Wahlsieg einer Partei zu akzeptieren, die als demokratiefeindlich anzusehen ist? Zumindest dürfe die Gesellschaft nicht einfach das Wahlergebnis ignorieren. Sie müsse herausfinden, womit genau die Wählerinnen und Wähler so unzufrieden sind, dass sie ihre Stimmen der AfD gegeben haben, erklärt Köcher ab Minute 2.50.
2 Rechtsextrem oder rechtspopulistisch? Das ist der Unterschied
Im Zusammenhang mit der AfD fallen immer wieder die Begriffe "rechtsextrem" und "rechtspopulistisch". Während sich Rechtsextreme Köcher zufolge bereits außerhalb des demokratischen Systems bewegen, stricken Populisten an der Legende einer vermeintlichen Elite, die das Volk übergeht. Im Detail erklärt Köcher den Unterschied ab Minute 4.04.
3 Kommt die AfD an die Macht?
Mit Blick auf die drei bevorstehenden Landtagswahlen im Osten drängt sich die Frage auf, ob es der AfD gelingen wird, in zumindest einem der Länder an die Macht zu kommen und einen Ministerpräsidenten zu stellen. Ausschließen lässt sich das jedenfalls nicht, sagt Köcher. Wie groß aus seiner Sicht die Wahrscheinlichkeit ist, dass es dazu kommt, erörtert er ab Minute 5.55.
4 Was wäre, wenn Höcke an die Macht käme?
Angenommen: Es gelingt der AfD in Thüringen an die Macht zu kommen, so dass sie den Ministerpräsidenten stellen könnte. Was würde ihr Spitzenkandidat, Björn Höcke, mit der gewonnenen Macht anstellen? Hierzu hat Thomas Köcher einige Ideen. Vor allem aber bezweifelt er, dass die AfD Höcke tatsächlich zum Ministerpräsidenten machen würde. Wieso, sagt er ab Minute 7.42.
5 Wie gut ist unsere Demokratie geschützt?
Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte mit den Nazis und dem Zweiten Weltkrieg stellt sich die Frage, was das Land dazu gelernt hat – und wie gut es mit welchen Mechanismen seine Demokratie schützt. Thomas Köcher ist diesbezüglich von der Qualität unserer Verfassung überzeugt. Trotzdem macht er deutlich, dass die Gesellschaft handeln müsse. Inwiefern, skizziert er ab Minute 14.56.
Eine wehrhafte Demokratie und ein Rechtsstaat funktionieren immer nur dann, wenn genügend Leute davon überzeugt sind.
Thomas Köcher
6 Was könnte die AfD mit einer Sperrminorität erreichen?
Parteien, die bei einer Landtagswahl ein Drittel der Stimmen gewinnen, gewinnen damit zugleich eine so genannte Sperrminorität. Damit können sie vor allem ein: Vorhaben blockieren. Wie konkret die AfD die Sperrminorität für ihre Zwecke nutzen könnte, sagt Köcher ab Minute 29.49.
Nur Demokratien sind dazu in der Lage, die multiplen Problemsituationen, vor denen wir gerade stehen, irgendwie zu bewältigen.
Thomas Köcher
7 Was sich in der politischen Bildung ändern muss
Um die Demokratie langfristig zu schützen, muss Deutschland die politische Bildung stärken, findet Köcher. Das betreffe sowohl die Schulen als auch die politische Bildung Erwachsener. Besonders ärgerlich findet er, dass Politik in der Schule häufig "fachfremd" unterrichtet werde oder gar ausfalle, zumindest und ausgerechnet in Bremen. Was sich seiner Meinung nach außerdem bei der politischen Bildung ändern müsste, sagt er ab Minute 48.18.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. Juli 2024, 19:30 Uhr