Hintergrund

5 Fakten zum besonderen Verhältnis von Karstadt und Bremen

Ein Bild des Karstadt Gebäudes in der Bremer Innenstadt.
Vor über 100 Jahren entstand die Karstadt-Filiale in Bremen – allerdings nicht in der Obernstraße, sondern an der Ecke Sögestraße/Pelzerstraße. Bild: Radio Bremen


Ob die Karstadt-Filiale in der Innenstadt bleibt oder schießt, ist noch nicht geklärt. Klar ist hingegen: Stadt, Bürger und Kaufhaus sind eng verbunden. Das sind die Gründe.

1 Teuerstes Grundstück der Stadt

Auf dem Papier steht das Bremer Karstadt-Gebäude auf dem teuersten Boden der Stadt. Der Bodenrichtwert (siehe Kasten) liegt dem zuständigen Gutachterausschuss zufolge bei 5.400 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Das Grundstück, auf dem bis vor wenigen Jahren noch das Bremerhavener Karstadt-Warenhaus ansässig war, hat einen Bodenrichtwert von nur 550 Euro. Und auch in Oldenburg liegt der Richtwert des dortigen Galeria-Grundstücks im Stadtkern bei vergleichsweise niedrigen 1.500 Euro.

Karstadt-Gebäude in Bremen
Bremens Karstadt-Filiale steht auf dem teuersten Boden Bremens. Bild: Radio Bremen | Heike Kirchner

Im Vergleich zu anderen Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern wie zum Beispiel Hannover sind die Bodenrichtwerte in Bremens Innenstadt allerdings nichts Außergewöhnliches. So wird beispielsweise für die Fläche des Galeria-Kaufhauses am Hannoveraner Hauptbahnhof ein Bodenrichtwert von 6.819 Euro veranschlagt. Es sind aber nicht die höchsten der Stadt. In der unmittelbaren Nachbarschaft liegen die Werte in der Einkaufszone sogar bei bis zu 10.500 Euro pro Quadratmeter.

Anders als an Standorten wie Bremerhaven und Oldenburg sind die Bodenrichtwerte des Karstadt-Grundstücks und der benachbarten Büro- und Geschäftshäuser in der Bremer Obernstraße in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Unmittelbar vor der Corona-Pandemie hatte der zuständige Gutachterausschuss noch einen Wert von 8.000 Euro pro Quadratmeter ermittelt.

2 Karstadt-Haus ist ein Bremer Denkmal

Historische Aufnahme: Karstadtgebäude in Bremen 1965
Das Karstadt-Gebäude mit seiner Tuffstein-Fassade aus dem Jahr 1932 ist seit 2010 denkmalgeschützt. Diese Aufnahme stammt aus dem Jahr 1965. Bild: Staatsarchiv Bremen

Gegründet wurde das erste Karstadt-Warenhaus 1881 vom Unternehmer Rudolph Karstadt in Wismar. 1902 entstand in Bremen die 25. Filiale. Allerdings nicht in der Obernstraße, sondern an der Ecke Sögestraße/Pelzerstraße (heute SportScheck). Denn die heutige Karstadt-Immobilie wurde erst in den Jahren 1930 bis 1932 erbaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Neubau nur zwölf Jahre später im Jahr 1944 ausgebombt. Was blieb, war die Fassade aus Ettlinger Tuffstein. Karstadt musste seine Waren zwischenzeitlich sogar in den Räumen der Bremer Glocke verkaufen. Erst ab 1947 wurden die alten Verkaufsräume bis 1952 Etage um Etage restauriert.

Mitte der 60er Jahre kamen die Rolltreppen dazu, Anfang der 70er Jahre wuchs Karstadt durch Zukäufe benachbarter Geschäfte und Ausbauten auf die heutige Größe. Mit gut 30.000 Quadratmetern Fläche wurde es zum größten Warenhaus Norddeutschlands und einem der größten der Bundesrepublik.

Die architektonische Bedeutung des Bremer Karstadt-Hauses wurde im Jahre 2010 durch Bremens Landesamt für Denkmalpflege unterstrichen. Es entschied, den Bau als "überregional bedeutendes Dokument der Warenhausarchitektur und Warenhauskultur der Zwanziger- und Dreißigerjahre" unter Denkmalschutz zu stellen.

3 Innenstadtentwicklung? Nicht ohne Karstadt!

Schon im vergangenen Jahrhundert prägten Karstadt-Immobilien die Debatten um die Entwicklung der Bremer Innenstadt. So debattierte der Senat bereits in den 1920er Jahren über den geplanten Neubau eines gewaltigen Warenhausgebäudes in der Obernstraße. Damals ging es vor allem um den dafür nötigen Abriss ganzer Straßenzüge und die Folgen für kleine Einzelhändler und Handwerksbetriebe, die um Kundinnen und Kunden bangten. Am Ende setzte sich Karstadt durch. Im Sommer 1928 entschied Bremens Senat, dem Bau zuzustimmen.

Blick in die Lloydpassage in der Bremer Innenstadt.
An den Kosten für die Lloyd-Passage in Höhe von rund 11,5 Millionen D-Mark (5,88 Millionen Euro) hat sich in den 1980er Jahren auch Karstadt beteiligt. Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

Und auch in diesem Jahrhundert war und ist die Karstadt-Immobilie ein zentraler Bestandteil der Pläne rund um die Zukunft des Parkhauses Mitte. Denn seit 2014 gehört sie dem Bauunternehmer Kurt Zech, der sie jahrelang als Baustein für seien Innenstadtpläne für ein neues Stadtzentrum mit dem Arbeitstitel "City Galerie" sah. Zech plante, das Parkhaus-Mitte abzureißen und das gesamte Areal samt Karstadt-Gebäude und ehemaliger Kaufhof-Immobilie umzugestalten. Seine Pläne scheiterten allerdings an einer Einigung mit der Inhaberin der einstigen Kaufhof-Immobilie, der DIC Asset AG.

Inzwischen hat der Senat sich zwar von Zechs Plänen verabschiedet. Dennoch fordert unter anderem der Beirat Mitte, bei der Neuplanung des Parkhausgebäudes "die potenzielle Entwicklung der umliegenden Gebäudekomplexe, des Karstadt-Gebäudes sowie der ehemaligen Galeria, mitzudenken.

4 Fels in der Brandung – trotz Insolvenzen

Der Niedergang des Unternehmens Karstadt beginnt um die Jahrtausendwende. Nachdem der Warenhauskonzern mit dem Versandhaus Quelle Schickedanz fusioniert hat, mussten schon im Jahr darauf rund 7.000 von 52.000 Warenhaus-Mitarbeitern gehen.

2004 beginnt KarstadtQuelle damit, Warenhaus-Immobilien zu verkaufen, um Verluste auszugleichen. Die Bremer Filiale, sie gilt seit Jahrzehnten als Umsatzbringer im Konzern, gehört nicht dazu.

Blick auf das Karstadt-Gebäude in Bremer Innenstadt von außen
Trotz mehrerer Insolvenz des Mutterkonzerns: Bremens Karstadt-Filiale blieb bislang von der Schließung verschont. Bild: Imago | Chris Emil Janßen

2007 wird KarstadtQuelle in Arcandor umbenannt, die Führungsriege wechselt, doch die Probleme bleiben. 2009 folgt die erste Insolvenz, auch ausgelöst durch die damalige Finanzkrise. Im Dezember des Jahres wird bekannt, dass zehn Filialen schließen müssen. Für das Bremer Karstadt-Haus geht es jedoch auch damals weiter.

2010 übernimmt der deutsch-amerikanische Unternehmer Nicolas Berggruen das Unternehmen. Trotz Lohnverzicht der Mitarbeitenden und Schuldenverzicht der Gläubiger bleibt die Lage prekär. 2014 übernimmt schließlich der österreichische Unternehmer René Benko Karstadt für einen symbolischen Euro. Er fusioniert die Warenhauskonzerne Karstadt und Kaufhof.

Als der neue Konzern Galeria-Karstadt-Kaufhof im April 2020 im Zuge der Corona-Pandemie in die Pleite rutscht, schließt im Zuge der Restrukturierung im Oktober 2020 das Kaufhof-Warenhaus in der Bremer Innenstadt. Bremens Karstadt-Filiale bleibt als letztes großes Warenhaus der Stadt bestehen – auch weil es offenbar weiterhin zu den Umsatzgaranten des Konzerns zählt.

Dass im Zuge des seit Februar 2023 laufenden Insolvenzverfahrens über Galeria-Karstadt-Kaufhof nun auch die Bremer Filiale schließen könnte, kommt für viele Beteiligte überraschend. Denn weder stand Karstadt in Bremen in vergangenen Streichrunden auf der Liste, noch existieren in der Hansestadt mehrere große Warenhäuser. Zudem gilt die Bremer Filiale mit seinen zuletzt knapp 240 Angestellten bis heute als tragfähiger Umsatzbringer im Konzern.

5 Bremer gehen zu "Karstadt" – nicht zu "Galeria"

Wie verwoben Karstadt mit der Bremer Innenstadt und den Bürgerinnen und Bürgern ist, zeigt zuletzt der bremische Umgang mit der Konzernmarke. Denn seit Oktober 2021 sind die meisten Filialen von Galeria-Kaufhof-Karstadt schlicht in "Galeria" umbenannt worden. In Bremen hingegen wird davon bislang jedoch noch eine Ausnahme gemacht. Weshalb über den Haupteingängen der Bremer Filiale weiterhin nur der Name "Karstadt" steht.

Hertie, Kaufhalle, Horten, Kaufhof – die Namen der Bremer Warenhauskonkurrenz wechselten über die Jahrzehnte immer wieder. Nur der Name "Karstadt" ist für Bremerinnen und Bremer bis heute eine Konstante. Dass eine Bremerin sagt, lass uns nochmal eben bei "Galeria" gucken, dürfte sich in Bremen wohl ebenso wenig durchsetzen wie der Satz: Wir gehen heute ins "Wohninvest Weserstadion".

Karstadt Bremen in Bildern: Vom Konsum-Tempel zum Krisen-Kaufhaus

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 17. März 2023, 19:30 Uhr