Interview

"Grenzen überschritten": Bremer SPD-Chef kritisiert Aussagen der CDU

Unstimmigkeit zwischen SPD und CDU in Bremen nach Asylpolitik-Debatte

Bild: dpa | Izabela Mittwollen

Die Migrations-Debatte bestimmt den Wahlkampf, der Ton wird rauer – auch in Bremen. Nach der heftigen Attacke des CDU-Landeschefs herrscht in der SPD Fassungslosigkeit.

Erstmals war die AfD Mehrheitsbeschafferin im Bundestag für einen Unions-Antrag. Das schlägt Wellen bis nach Bremen. Von SPD, Linken und Grünen hagelte es Kritik, die CDU hingegen verteidigte ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz – und ging am Abend zum Gegenangriff über. CDU-Landeschef Heiko Strohmann warf bei buten un binnen SPD und Grünen Untätigkeit in Sachen Migration vor: "Wie viele Menschen müssen noch sterben, dass die SPD endlich mal aufwacht?" Für den SPD-Landesvorsitzenden Falk Wagner eine klare Grenzüberschreitung.

Herr Wagner, was stört Sie an den Aussagen von Heiko Strohmann?

Wir haben gestern im Bundestag erlebt, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Mehrheit nur mit den Stimmen von Verfassungsfeinden zustande gekommen ist. Und dann mussten wir erleben, dass im Interview bei buten un binnen der Landesvorsitzende der CDU rhetorisch noch einen draufgesetzt hat. Unter anderem, indem er impliziert hat, die SPD nehme den Tod von Menschen in Kauf, indem sie aus seiner Sicht nicht handele – konkret im Falle von Aschaffenburg.

Ich mache mir wie viele Menschen einfach beträchtliche Sorgen um die Geschwindigkeit, in der gerade Gepflogenheiten in der demokratischen Kultur über Bord geworfen werden – sowohl was Abstimmungsverhalten angeht, als auch was Rhetorik angeht.

Falk Wagner, Bremer Landesvorsitzender der SPD

Dass man sich gegenseitig bezichtigt, den Tod von Menschen in Kauf zu nehmen, sich generell immer das schlechteste zu unterstellen: Das ist das, was wir von Trump oder der AfD kennen, aber das darf nicht zur Gepflogenheit unter demokratischen Parteien werden.

SPD-Landesvorsitzender: "Das ist nicht die Bremer CDU, die wir kennen"

Bild: Radio Bremen

Was vermuten Sie hinter den Äußerungen?

Ich will hoffen, dass er da einfach nicht drüber nachgedacht hat. Jeder, der häufig ein Mikrofon vor dem Mund hat, sagt auch irgendwann einmal etwas richtig blödes – aber dann muss man das auch einsehen und klarstellen. Solche Aussagen sind nicht bremisch, das ist nicht die Bremer CDU, die wir kennen und das darf nicht einreißen.

Was erwarten Sie jetzt von der CDU?

Ich erwarte von der CDU, dass sie zum Konsens der demokratischen Parteien zurückkehrt. Wir klären die Dinge untereinander – niemals mit Hilfe von Verfassungsfeinden. Und wir wählen eine Tonart, in der wir uns niemals gegenseitig das Schlimmstmögliche unterstellen. Dass wir uns kritisieren, dass wir uns gerade im Wahlkampf auch hart angehen, das ist alles OK. Aber es gibt Grenzen – und die sind da überschritten, wo wir uns des Schlimmsten bezichtigen. Das darf es nicht geben und da muss klargestellt werden: Wir wollen hier in Bremen als demokratische Kräfte weiter gut zusammenarbeiten, so wie wir es über viele Jahrzehnte getan haben.

Und was geschieht, wenn das nicht passiert?

Dann ist das vermutlich dem Wahlkampf geschuldet. Ich habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass wir in Bremen – wo wir immer ein besseres Miteinander hatten als andernorts – das auch in Zukunft haben werden. Ich bin mir sicher, dass in der CDU in den kommenden Wochen und Monaten viele Debatten geführt werden, die richtig heftig werden. Der Aufschlag von Angela Merkel heute hat es ja gezeigt.

(Das Gespräch führte Hauke Hirsinger für buten un binnen TV. Aufgeschrieben und redigiert hat es Robert Otto-Moog.)

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Januar 2025, 19:30 Uhr