Interview

Bremens Frauenbeauftragte: "Wir gehen nur kleine Schritte voran"

Bremens Landesfrauenbeauftragte: Männer tun sich schwer

Bild: dpa | Karsten Klama

Seit mehreren Jahrzehnten fordern Frauen am Weltfrauentag Gleichberechtigung. Bislang komme man nur in kleinen Schritten voran, sagt Bremens Frauenbeauftragte Wilhelm.

Zum Weltfrauentag hat es in Bremen mehrere Demonstrationen gegeben. Insgesamt haben über 3.000 Menschen daran teilgenommen. Sie forderten unter anderem mehr Frauen in Führungspositionen und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Forderungen sind keineswegs neu, sie werden seit Jahrzehnten an Politik und Wirtschaft gestellt. Trotzdem komme man nur in kleinen Schritten voran, sagte Bremens Landesbeauftragte für Frauen, Bettina Wilhelm, zu buten un binnen. Gleichberechtigungspolitik sei das "Bohren dicker Bretter", es bleibe noch viel zu tun.

Die Landesfrauenbeauftragte Bremens Bettina Wilhelm im Gespräch bei buten un binnen.
Sie setzt sich in Bremen für die Rechte der Frauen ein: Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm. Bild: Radio Bremen

Seit etwa 40 Jahren fordern Frauen am Weltfrauentag mehr oder weniger dasselbe. Warum tut sich da so wenig, Frau Wilhelm?

Das ist richtig. Gleichstellungspolitik ist das Bohren dicker Bretter – leider. Wir haben es mit Strukturen und Geschlechterklischees zu tun, die im gesellschaftlichen Kontext verfestigt sind. Deshalb ist es so schwierig, etwas daran zu ändern.

Haben die verkrusteten Strukturen auch etwas damit zu tun, dass die Männer nicht umdenken? Sind es immer noch die alten Machos?

Im Sprachgebrauch findet ein Umdenken statt, da ist schon etwas da. Aber wirklich Maßnahmen umzusetzen, die Strukturen zu ändern, da tun sich vor allem Männer sehr schwer. Ältere tun sich dabei noch schwerer als jüngere Männer. Es gibt heute durchaus junge Männer, die sich als Feministen bezeichnen – da hat sich also schon gesamtgesellschaftlich etwas getan. Aber das könnten noch mehr sein.

Wir gehen nur kleine, kurze Schritte voran.

Bremens Landesbeauftragte für Frauen, Bettina Wilhelm

Viele sagen am Welfrauentag auch, dass sie das Thema nicht mehr hören können oder sogar genervt sind. Was sagen Sie dazu?

Ich kann gut verstehen, dass manche sagen, sie können das nicht mehr hören. Wir gehen nur kleine, kurze Schritte voran. Und warum? Weil es das Verändern von Strukturen ist. Im Grunde müsste man mehr Willen und Mut haben, um wirklich strukturverändernde Maßnahmen umzusetzen.

Können Sie da ein Beispiel nennen?

Das wäre die Quote (Anmd. d. Red.: Frauenquote). Die wird bei uns kontrovers diskutiert, dabei wissen wir, dass sie ein wirksames Instrument ist, das Gleichberechtigung positiv verändern kann. Trotzdem tun wir uns damit so schwer. Stellen Sie sich mal vor, die Handelskammer würde eine Quote beschließen und der Platz würde so lange freibleiben bis diese Quote erreicht ist. Ich glaube, dann würde man die Frauen finden, die auf diese Plätze kommen und es wäre dann keine schlechtere Qualität. Aber da geht es natürlich auch um Macht, und so etwas durchzusetzen, ist schwierig.

Wo haben wir in Bremen denn etwas erreicht?

Womit wir wirklich zufrieden sind, ist dass wir für Bremen ein tolles Gewaltkonzept haben, einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention – also für dieses große Menschenrechtsthema, das auch für Deutschland gilt. Da haben wir viel erreicht, weil wir hier 75 Maßnahmen auf den Weg bringen konnten. Da ist Bremen ein Vorzeigebeispiel.

Ein anderes Beispiel ist, dass es eine Landesstrategie zur Umsetzung von Entgeltgleichheit gibt. Das heißt, dass der Senat sich das Ziel gesetzt hat, an dem Thema gleiche Bezahlung für Männer und Frauen etwas zu ändern. Da sind Maßnahmen beschlossen und die müssen jetzt auf den Weg gebracht und finanziert werden.

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Bild: Radio Bremen

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Autorin

  • Kirsten Rademacher
    Kirsten Rademacher

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. März 2023, 19:30 Uhr