Diese 3 Azubis aus Indien wollen Bäcker in Bremen werden
Das Bäckereihandwerk steckt schon länger in der Krise. Ein Projekt der Handwerkskammer Bremen will das jetzt ändern. Mit Auszubildenden aus Indien.
12 Uhr in Lenes Bio Backstube in Bremen Nord. Die meisten Teige für Brötchen und Brote für den nächsten Tag sind schon vorbereitet. Jetzt wird in der Backstube nur noch aufgeräumt: Tische, Böden und Arbeitsgeräte werden geschrubbt. Die Platten mit frisch geformten Brötchen, Hörnchen und Crossaints werden für ihre Zeit im Backofen zur Seite gestellt.
Mittendrin sind Anjali, Vikas und Gulshan. Sie sind vor drei Wochen aus Indien nach Bremen gekommen. In der Produktion helfen sie schon viel mit – bisher machen sie hauptsächlich Hilfsarbeiten. Sie sind drei von elf Azubis, die im Rahmen des Kooperationsprojekts mit der Handwerkskammer und einer internationalen Personalvermittlungsagentur in Bremen eine Ausbildung machen.
Zwei Fleischereien und zwei Bäckereien aus Bremen Nord nehmen teil. Da noch nicht alle Anträge wie Visa bearbeitet wurden, müssen einige Betriebe aber noch auf ihre Azubis warten. In der Bio Backstube sind aber schon alle Azubis da.
Schon in Indien Interesse am Backen
Der 23-jährige Gulshan wollte schon immer Bäcker werden.
Ich habe eine Leidenschaft fürs Backen und in Deutschland habe ich mehr Karrierechancen als in Indien.
Gulshan, Auszubildender aus Indien
Vikas ist auch 23 Jahre alt. In Indien hat er schon drei Jahre als Bäcker gearbeitet. Hier in Bremen will er sein Können erweitern.
Es gibt nicht so viele Brötchen in Indien. Deswegen bin ich hier und ich möchte meine Kenntnis und meine Erfahrungen verbessern.
Vikas, Auszubildender aus Indien
Die 24-jährige Anjali ist völlig neu im Handwerk.
Ich lerne hier viele Dinge. Zum Beispiel Brot. Früher wusste ich nicht, dass hier so viele Brote gebacken werden. Aber das ist gut und wir haben viel Spaß hier.
Anjali, Auszubildende aus Indien
Um am Programm der Handwerkskammer teilzunehmen, mussten sie bereits in Indien einen Deutschkurs besuchen und eine Prüfung ablegen. In Bremen fühlen sie sich bisher sehr wohl, wie sie sagen.
Viel Unterstützung vom Team
Gemeinsam leben die drei in einer WG in Vegesack. Und sie bekommen jede Menge Unterstützung von Lene Knoll und ihrem Team. Zusammen haben sie den drei Azubis mit ihrer Wohnung geholfen, unterstützen sie bei Behördengängen und zeigen ihnen die Stadt. "Wir haben sie die ersten Tage erstmal ankommen lassen und am nächsten Tag ein gemeinsames Frühstück organisiert", erzählt Bäckereiinhaberin Lene Knoll.
Aktuell müssen sie noch einige bürokratische Dinge organisieren, zum Beispiel warten sie noch auf die Steuernummern für die neuen Azubis. Der erste Lohn muss also bar ausgezahlt werden. "Das ist ganz viel Bürokratie und Organisation", betont Knoll.
Wir waren mit ihnen zusammen einkaufen, haben sie zum Amt begleitet für die Anmeldung. Und haben sie so Stück für Stück begleitet und versucht, hier gut zu integrieren.
Lene Knoll, Bäckerei-Inhaberin
Idee für das Projekt kam selbst aus Handwerk
Ein ähnliches Programm gab es vor ein paar Jahren schon mal in Süddeutschland. Die Idee, das auch in Bremen zu testen, kam von Bremens Fleischer-Innungsmeister Herbert Dohrmann. Seit etwa einem Jahr arbeitet Dohrmann zusammen mit der Bremer Handwerkskammer an dem Projekt. Gemeinsam mit einer Agentur in Indien konnten sie interessierte junge Menschen für die Ausbildung in Bremen gewinnen.
Am Programm nehmen vorerst nur zwei Fleischereien und zwei Bäckereien im Bremer Norden teil. "Das ist der erste Step. Wir wollten die Gruppe auch überschaubar halten. Damit die jungen Menschen auch gut untereinander Kontakt haben können", betont Herbert Dohrmann. Durch die kleine Gruppengröße und die Verortung in Bremen Nord könnten die Azubis besser untereinander Kontakte knüpfen und die Betreuung der Azubis werde erleichtert.
Das Ziel des Programms ist es die Ausbildung im Handwerk zu stärken, erklärt Dohrmann. Es solle aber auch helfen, einer ganzen Branche und dem Handwerk eine Zukunft zu geben.
Die Ausbildung ist der Grundstock dafür, dass man den Fachkräftemangel, der ja auch allerorts herrscht, irgendwann mal einigermaßen im Griff hat.
Herbert Dohrmann, Bremens Fleischer-Innungsmeister
Zukunft im Handwerk durch veränderte Arbeitszeiten
Die Zukunft des Handwerks stärken – dazu haben sich Lene Knolls Eltern schon vor etwa 15 Jahren entschieden. Schon bevor Lene Knoll die Bäckerei übernommen hat, wurden Nachtschichten hier komplett abgeschafft. Alle Arbeiten werden tagsüber oder abends erledigt.
"Gerade für die Azubis ist das ein riesen Vorteil", erklärt Knoll. "Wir haben viele Auszubildende, die noch minderjährig sind, da greift der Jugendschutz. Da ist es dann schon schwierig, denen eine gute Ausbildung weiterzugeben, wenn man Nachtschicht hat". Durch die neuen Arbeitszeiten könne ihr Betrieb außerdem besser neue Auszubildende gewinnen.
Das ist ein riesen Vorteil für uns überhaupt generell Auszubildende zu gewinnen und auch zu motivieren, dadurch, dass wir keine Nachtarbeit haben.
Lene Knoll, Bäckerei-Inhaberin
Erfahrungen sammeln nach der Ausbildung
In den nächsten drei Jahren lernen die indischen Azubis das Bäckereihandwerk von der Pike auf. Danach wollen sie hier ein paar Jahre arbeiten. Vikas und Gulshan möchten später sogar gemeinsam eine Bäckerei in Indien eröffnen. Anjali träumt davon, sich in Deutschland eine Zukunft aufzubauen.
Aber jetzt wohnen sie erstmal in Bremen. Und das Team von Lene Knoll gibt alles, damit die drei hier gut ankommen.
Wir machen jetzt zum Beispiel in zwei Wochen unsere Kohlfahrt. Ich glaube mehr norddeutsche Integration gibt es kaum.
Lene Knoll, Bäckereiinhaberin
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 7. Februar 2025, 12:38 Uhr