Bremer Hebammen-Studentinnen wechseln vom Hörsaal in den Kreißsaal
Die ersten Absolventinnen des neuen Hebammen-Studiengangs an der Hochschule Bremen starten ins Berufsleben. Was haben sie gelernt? Und fühlen sie sich gut vorbereitet?
Aus dem Zimmer ist ein schweres Atmen zu hören. Lange wird es nicht mehr dauern, bis das Kind zur Welt kommt. Luisa Antongiovanni streichelt die Hand der werdenden Mutter. Dann misst sie die Herzschläge des Babys. "Das sieht alles super aus", sagt die Hebamme. Die Mutter lächelt – mit schmerzverzerrtem Gesicht. Dann kündigt sich auch schon die nächste Wehe an.
Vor zwei Wochen hat Luisa Antongiovanni auf der Geburtsstation im Bremer St.Joseph-Stift angefangen. Sechs Geburten hat sie bislang begleitet:
Hier war direkt viel los, es gab viel Arbeit. Dadurch war ich aber auch schnell drin und habe mich sofort sehr wohl gefühlt im Team hier.
Luisa Antongiovanni, Hebamme im St.Joseph-Stift
Luisa Antongiovanni arbeitet zum ersten Mal als Hebamme. Erst vor wenigen Wochen hat sie ihr Hebammen-Studium an der Hochschule Bremen abgeschlossen. Vier Jahre lang hat sie dort, so wie vorgesehen, studiert. "Das erste Jahr war viel Theorie. Wir waren in den Räumen der Hochschule und haben viel gelernt zu Schwangerschaft und Wochenbett", erzählt die Bremerin.
Mit jedem Semester werden die praktischen Inhalte dann mehr. Und die Studierenden sind für mehrere Monate in einer Klinik oder bei freiberuflichen Hebammen. Ein Fokus liegt auch auf medizinischen Inhalten: "Dazu gehören zum Beispiel Grundlagen in Anatomie und Pharmakologie, also der Medikamenten-Lehre", sagt Johanna Behlen. Sie hat zusammen mit Luisa Antongiovanni studiert.
Nachgebauter Kreißsaal an der Hochschule – inklusive Badewanne
In einem nachgebauten Kreißsaal an der Hochschule haben sie und ihre Kommilitoninnen – männliche Studierende gab es in ihrem Jahrgang keine – verschiedene Geburtsszenarien geübt. Sogar eine Badewanne gibt es dort, um zu lernen, wie man als Hebamme eine Wassergeburt begleitet. Für das Szenario "Hausgeburt" steht am Hochschulstandort ein extra eingerichtetes Appartement zur Verfügung.
Luisa Antongiovanni und Johanna Behlen fühlen sich gut vorbereitet auf ihren Beruf. Auch Johanna Behlen startet nach dem Studium direkt in eine feste Stelle als Hebamme, am Klinikum Bremen-Mitte. Die ersten Absolventinnen des Hebammen-Studiengangs – insgesamt sind es neun – sind in Bremen begehrt. Und das nicht nur an den Kliniken. Freiberufliche Hebammen-Gemeinschaften, wie etwa die Weserhebammen, haben ebenfalls Bedarf an neuen Kolleginnen.
Elli Sabah hat früher selbst in einer Klinik gearbeitet und gehört jetzt zum Team der Weserhebammen: "Für mich ist es so, dass ich in der außerklinischen Geburtshilfe viel mehr aufgehen kann, gerade was die Betreuung der Frauen angeht. Meine Arbeit als Hebamme findet hier meiner Meinung nach mehr Anklang."
Hebammenmangel in einigen Stadtteilen
Freiberufliche Hebammen wie Elli Sabah betreuen Frauen auch während der Schwangerschaft und im Wochenbett und unterstützen sie in diesen herausfordernden Phasen. Doch nach wie vor sind einige Stadtteile in Bremen mit Hebammen unterversorgt. Zudem gehen mehr Hebammen in Rente als neue nachkommen, sagt der Hebammenlandesverband Bremen. Noch sei unklar, wie sich der neue Studiengang auf die Versorgung auswirke.
Absolventin und Hebamme Luisa Antongiovanni hofft nicht nur, dass der Studiengang dieses Problem lösen kann. Sie wünscht sich auch, dass er dazu beiträgt, den Hebammen-Beruf aufzuwerten – und dass er Hierarchien abbaut zwischen Hebammen und Ärzten.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Oktober, 19:30 Uhr