Fragen & Antworten

Wie Bremen im neuen Jahr ohne Haushalt haushalten muss

Ein rotes Sparschwein mit Bremer Schlüssel.
Dass Bremen auch 2024 wird sparen müssen, ist klar. Unklar ist hingegen, in welchem Umfang. Bild: dpa | Eibner-Pressefoto, Montage Radio Bremen

Das Land Bremen hat noch keinen Haushalt für 2024 beschlossen. Geht ab Januar trotzdem alles weiter wie bisher – oder drohen Einschnitte? Wofür Bremen Geld ausgeben darf.

Rund 400 Millionen Euro Sanierungshilfen bekommt das Land Bremen jedes Jahr vom Bund und muss im Gegenzug 80 Millionen Euro Schulden jährlich tilgen. So wird es auch im kommenden Jahr sein. Viel mehr lässt sich derzeit allerdings nicht über Bremens Landeshaushalt des Jahres 2024 sagen, noch nicht einmal, wie hoch das Gesamtvolumen sein wird.

Zur Orientierung: Bremens Landeshaushalt für das laufende Jahr umfasst gut 5,6 Milliarden Euro. Hinzu gekommen ist durch den Beschluss der Bürgerschaft vom Dezember ein über Kredite finanzierter Nachtragshaushalt in Höhe von 362 Millionen, um die Folgen des Kriegs in der Ukraine aufzufangen sowie für Investitionen in den Klimaschutz. Um dieses Geld trotz Schuldenbremse überhaupt aufnehmen zu dürfen, musste sich Bremen auf eine "multiple Notlage" berufen.

Ob das auch in 2024 möglich sein wird, ist derzeit fraglich – wie so vieles rund um die Finanzen, mit denen Bremen rechnen kann. Das sollte man zu der bevorstehenden haushaltslosen Zeit Bremens wissen:

Darf Bremen überhaupt Geld ausgeben, ohne einen Haushalt verabschiedet zu haben – also ohne zu wissen, wie viel Geld zur Verfügung steht?

Ja, das darf Bremen. Zwar gelte in Deutschland grundsätzlich die Regel "keine Ausgaben ohne Ausgabenermächtigung", sagt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler André Heinemann. Allerdings sehe der Gesetzgeber für den Fall, dass zu Beginn eines Jahres kein Haushalt steht, Sonderregeln vor: auf Bundesebene mit Artikel 111 des Grundgesetztes, auf Bremer Landesebene mit Paragraph 132a der Bremer Landesverfassung.

Danach darf der Senat alle Ausgaben tätigen, die erforderlich sind, um bereits beschlossene Maßnahmen umzusetzen und um die rechtlichen Verpflichtungen Bremens zu erfüllen. "Was nicht geht, ist etwas Neues anzuschieben", erklärt Heinemann. Allerdings seien auch hier Ausnahmen möglich, über die dann allerdings der Finanzsenator und die Bremische Bürgerschaft gesondert entscheiden müssten.

Der Wirtschaftswissenschaftler André Heineman im Studio von buten un binnen.
Glaubt, dass es für Bremens Landesregierung schwer werden wird, tatsächlich bis Mitte 2024 den Haushalt für 2024 zu verabschieden: André Heinemann. Bild: Radio Bremen

Wieso ist es der Bremischen Bürgerschaft bislang nicht geglückt, einen Haushalt für 2024 aufzustellen, und bis wann soll der neue Haushalt stehen?

Dass der Haushalt für das neu gestartete Jahr noch nicht steht, ist nicht ungewöhnlich nach Jahren einer Bürgerschaftswahl. "Wenn sich eine Regierung neu formiert, verschieben sich Arbeitsabläufe", sagt dazu Matthias Makosch, Sprecher des Finanzressorts. Das sei dieses Jahr ebenso gewesen wie etwa im Jahr 2019. Damals hat das neugewählte rot-grün-rote Bündnis den Haushalt für 2020 erst in 2020 verabschiedet.

Doch 2023 haben sich die Abläufe nicht nur aufgrund der Bürgerschaftswahl verschoben. Erschwerend hinzugekommen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November. Es hat das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 des Bundes für nichtig erklärt, so dass dem Bund nun 60 Milliarden Euro an Krediten für Investitionen in den Klimaschutz weniger zur Verfügung stehen.

Die Folgen für Bremen sind noch nicht im vollen Umfang absehbar. Fest steht jedoch: Das Urteil wird sich auch auf Bremens Landeshaushalt auswirken. Um nicht ebenfalls eine Schlappe vor Gericht zu erleiden, hat der Bremer Senat zudem bereits einen eigenen Klimafonds wieder abgewickelt und durch einen 362 Millionen Euro schweren Nachtragshaushalt für das laufende Jahr ersetzt.

Den Haushalt für 2024 wird die Bremische Bürgerschaft nach den Plänen des Senats voraussichtlich im Sommer 2024 beschließen, teilt das Finanzressort mit. Angesichts der äußert komplizierten Haushaltslage bezeichnet Wirtschaftswissenschaftler André Heinemann dieses Ziel als "sportlich".

Ein Sozialpädagoge steht mit Jugendlichen und Kindern auf einem Spielplatz
Wie das meiste, so soll auch die Jugendarbeit in der haushaltslosen Zeit Bremens weiterlaufen wie bisher. Bild: Imago | Köhn

Welche Vorhaben und Projekte im Land Bremen sind betroffen, können in der haushaltslosen Zeit nicht oder nur eingeschränkt fortgeführt oder neu aufgenommen werden?

Das Sozial-, das Wirtschafts-, das Sport-, das Verbraucherschutz- und das Kulturressort teilen unisono mit, dass bei ihnen keine Maßnahmen, Projekte oder Vorhaben betroffen seien oder sie zumindest derzeit von keinem betroffenen Projekt wüssten. Theoretisch, erläutert Matthias Makosch aus dem Finanzressort, könnte die haushaltslose Zeit solche Institutionen treffen, die üblicherweise Zuwendungen Bremens erhielten. Unter Zuwendungen versteht man zweckgebundene Zuschüsse, wie sie die öffentliche Hand für Leistungen gewährt, die im öffentlichen Interesse liegen, darunter etwa Beratungsangebote der Verbraucherzentrale.

Tatsächlich muss die Verbraucherzentrale Bremen ihre kostenlose Budget-Beratung zum Ende des Jahres einstellen. Wie ein Sprecher des Verbraucherschutz-Ressorts mitteilt, liegt das jedoch nicht unmittelbar daran, dass Bremen noch keinen Haushalt für 2024 verabschiedet hat. Der Grund sei vielmehr, dass die Budget-Beratung der Verbraucherzentrale mit 27.000 Euro aus dem Corona-Fonds Bremens finanziert worden sei. Und diesen Fonds werde es ab 2024 nicht mehr geben.

Da offenbar keine oder nur wenige Maßnahmen und Projekte der Ressorts unmittelbar vom Fehlen eines Haushalts betroffen sind – woran merkt man dann überhaupt, dass es noch keinen Haushalt für 2024 gibt?

Letztlich werden es alle Behörden und Zuwendungsempfänger daran merken, dass ihnen während der haushaltslosen Zeit des Jahres 2024 trotz der Inflation und der Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst nicht mehr Geld zur Verfügung stehen wird als im laufenden Jahr, sondern genauso viel – was faktisch einer Kürzung aller Töpfe gleichkommt. Der Sprecher des Verbraucherschutzressorts formuliert es mit diesen Worten: "Wer vorher 60.000 Euro bekommen hat, bekommt jetzt auch 60.000 Euro. Aber das Geld ist weniger wert."

Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Bremen ringt um neuen Haushalt

Bild: Radio Bremen

Mehr zum Thema "Haushalt":

Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. Dezember 2023, 19.30 Uhr