Interview
Häuser leasen statt direkt kaufen – sollten Bremer darüber nachdenken?
Immobilien können in Bremen nicht nur gekauft oder gemietet, sondern mittlerweile auch geleast werden. Ein Experte erklärt, für wen sich dieses Modell lohnt.
Die meisten Bremerinnen und Bremer stehen mehrmals in ihrem Leben vor der Entscheidung, ob sie eine Immobilie mieten oder kaufen wollen. Der Umzug zur Miete fällt dabei deutlich leichter. Schließlich bindet man sich hier nicht an die Wohnung oder das Haus. Mit einer Frist von nur wenigen Monaten kann meist direkt wieder ausgezogen werden.
Anders schaut dies beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses aus. Hierfür muss zumeist viel Geld investiert werden. Oftmals ist dieses Vorhaben auch mit der Aufnahme eines Kredits verbunden, der über Jahrzehnte abbezahlt werden muss. Der große Vorteil: Hierdurch erwirbt man Eigentum und muss fortan keine Miete mehr zahlen.
Ein neues Modell auf dem Bremer Immobilienmarkt ist das Leasing, das viele Verbraucher bereits vom Auto kennen. Es kombiniert die Variante des Mietens mit der Option, das Objekt später zu kaufen. Angeboten wird dies von der Flexi GmbH, einer Tochter der Bremer Sparkasse.
Durch diese Variante kann in eine Immobilie erstmal eingezogen werden. Monatlich wird dann eine Miete an den Leasinggeber bezahlt. Ein fester Kaufpreis wird für das Ende der Leasingdauer vereinbart. Dieser steigt in jedem Vertragsjahr um einige Prozentpunkte. Läuft der Leasingvertrag nach – beispielsweise – fünf Jahren aus, müssen die Kunden sich entscheiden, ob sie ausziehen, die Immobilie kaufen oder weiterhin zur Miete wohnen möchten.
In Hamburg ist das Leasing von Immobilien bereits stärker verbreitet. Experte Alexander Krolzik von der Hamburger Verbraucherzentrale spricht daher im Interview mit buten un binnen über die Vor- und Nachteile.
Herr Krolzik, das Leasen von Häusern durch Privatpersonen ist in Hamburg schon länger ein Thema. In Bremen bietet es ein Tochterunternehmen der Sparkasse an. Wird dies aus Ihrer Sicht verstärkt zum Trend und zu einer echten Alternative zum Mieten oder Kaufen?
Nein, das Leasing wird aus meiner Sicht immer ein Nischenprodukt bleiben. In Hamburg gibt es dieses Modell schon länger, aber auch hier sehen wir es nicht tagtäglich. Unklar ist jedoch, wie sich der Immobilienmarkt weiterentwickelt. Wenn zu wenig gebaut wird und für die Menschen ein direkter Kauf oder die Miete nicht möglich ist, kann dies ein kleiner Wachstumsfaktor für das Leasing-Modell sein.
Der Hauskauf ist meist die finanziell größte Investition im Leben und will gut überlegt sein. Beim Leasing kann ich direkt in mein Traumhaus einziehen. Allerdings binde ich mich nicht, sondern kann erstmal zur Probe dort wohnen, ehe ich die Immobilie dann vielleicht einige Jahre später kaufe. Das sind doch tolle Vorteile?
Das stimmt schon. Diese Flexibilität kostet allerdings auch. Der fixe Kaufpreis der Immobilie liegt schließlich über dem jetzigen Kaufpreis. Ich kann in der Zwischenzeit zwar Eigenkapital aufbauen, zahle am Ende aber auch mehr. Und das, obwohl gar nicht feststeht, dass die Kaufpreise tatsächlich gestiegen sind. Aktuell gehen die Preise am Markt ja eher zurück.
Je länger ich beim Leasing mit dem Kauf warte, desto teurer wird am Ende die Immobilie. Ein großer Nachteil des Leasing-Modells?
So ist es, da kommt schon richtig was zusammen. Hier muss auch darauf geachtet werden, wie hoch der verankerte Steigerungssatz ist. Im statistischen Durchschnitt lag der Wertzuwachs bei Immobilien in den vergangenen 70 Jahren in Deutschland jährlich bei zwei Prozent. In Metropolregionen liegen die Werte natürlich höher. Vor allem in den vergangenen 15 Jahren.
Die Immobilienpreise sinken momentan zumeist wieder. Lasse ich dann lieber die Finger vom Leasing-Modell, weil hier die Kaufpreise mit der Zeit steigen?
Der Haken ist, dass die Preise bei den Mieten nicht sinken. Die Leute bekommen einfach keine adäquaten Wohnungen. Je preiswerter, desto mehr Bewerber gibt es. Das Angebot ist einfach zu gering. Wenn ich für eine 100-Quadratmeter-Wohnung im Neubau monatlich 2.000 Euro Miete zahlen muss, sagen sich viele, dass sich das nicht lohnt. Und selbst, wenn ich die Wohnung haben möchte, bekomme ich sie nur im seltensten Fall. Beim Kaufen ist es einfacher, weil es aktuell nicht so viele potenzielle Käufer gibt. Deshalb ist Leasing dann schon eine Alternative.
Für wen ist das Leasing-Modell aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Die Kundengruppe ist hier nicht sehr groß. Es sind vor allem Menschen, die im Moment noch nicht genau wissen, wie es bei ihnen weitergeht. Sie möchten einen schönen Wohnraum haben, ziehen aufgrund des Berufs in drei Jahren aber vielleicht bereits wieder um. Falls Sie jedoch bleiben, wissen sie schon vorab, dass sie diese Immobilie gerne kaufen würden. Falls ich mein Wunschobjekt nicht mieten, sondern nur kaufen kann, ist das Leasing-Modell auch eine Alternative.
Hauptkunden der Anbieter sind jedoch junge Menschen und Familien, die zwar über ein gutes Einkommen verfügen, aber noch kein Eigenkapital aufgebaut haben.
Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg
Zahle ich unter dem Strich deutlich drauf, falls ich mich nach dem Leasingzeitraum gegen einen Kauf entscheide?
Das wird in Bremen die Praxis zeigen. In Hamburg ist die Leasingrate meist etwas höher als die klassische Miete. Die Sparkasse sagt in Bremen, dass sie sich an der ortsüblichen Miete orientiert. Gleichwohl möchte ein Unternehmen natürlich auch immer etwas verdienen.
Die Zinsen für Finanzierungen steigen wieder. Ist es ein realistisches Szenario, dass ich mich im Zeitraum des Leasings für einen Kauf entscheide, dann aber keinen Kredit erhalte, weil ich beispielsweise bei den Konditionen im Jahr 2026 gar nicht mehr meine monatliche Rate begleichen kann?
Das kann passieren. Ich glaube aber nicht, dass es diesen Fall oftmals geben wird. Schon in der Niedrigzinsphase wurde gesagt, dass es sich beim Zinssatz im Korridor um die vier Prozent einpendeln wird. Mit wenig Eigenkapital können Sie sicherlich auch mal bei fünf Prozent liegen. Wahrscheinlich werden die Zinssätze nicht extrem hochgehen. Bedenken müssen wir, dass wir uns weiterhin in einem niedrigen Zinsniveau bewegen. Es ist nicht mehr so niedrig wie vor anderthalb Jahren, aber niedriger als 2008. Viele denken, dass wir jetzt hohe Zinsen haben, aber so ist es nicht.
Ist das Leasing-Modell letztlich vor allem für die Anbieter interessant? Sie verkaufen schließlich Immobilien für höhere Preise, obwohl diese eigentlich aktuell sinken…
Das kann aber auch zum Bumerang werden. Wenn fix mit dem gestiegenen Preis kalkuliert wird, sich aber kein Käufer findet, gibt es eine "Karteileiche" im Bestand. Käufer verweisen dann darauf, dass die Preise am Markt womöglich um 15 Prozent gesunken sind, nicht um zwölf Prozent gestiegen. Falls die Regierung zudem für mehr Wohnraum sorgt, könnte sich über die kommenden Jahre der Mietmarkt so entspannen, dass die Menschen mehr Auswahl zur Verfügung haben.
Eine eigene Immobilie galt lange als beste Altersvorsorge. Ist dies aus Ihrer Sicht weiterhin so?
Das kann ich uneingeschränkt bejahen. Fairerweise aber nur, wenn man sie sich auch leisten kann. Wer sich für die Immobilie alles vom Mund absparen muss und Zeit seines Lebens schlecht gelebt hat, um diese finanzieren zu können, macht es falsch. Grundsätzlich habe ich aber viele Vorteile. Mit einer eigenen Immobilie sichere ich mich vor Mietsteigerungen ab. Im Alter gibt es zudem die Möglichkeit, mein gebundenes Kapital wieder in freies Kapital umzusetzen. Damit füttere ich meine Altersvorsorge aktiv. Es gibt mittlerweile viele Modelle, bei denen ich die Immobilie verkaufe, aber sie trotzdem weiterhin nutzen kann.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 24. September 2023, 19:30 Uhr