Infografik
Bremer Häuser werden billiger – trotzdem kann sie kaum einer bezahlen
Zwar sinken vor allem für Bestandsimmobilien die Preise, dennoch können sich viele den Kauf nicht mehr leisten. Denn die Zeit der günstigen Kredite ist vorüber.
Dass sich der Immobilienmarkt in Bremen gewandelt hat, erlebt Volker Twachtmann berufsbedingt tagtäglich. Zusammen mit einer weiteren Maklerin betreibt er eine Immobilienagentur, die Häuser und Wohnungen vermarktet. Hierfür ermittelt er für seine Kundinnen und Kunden auch den realistischen Verkaufswert ihrer Objekte. Das Ergebnis nehmen verkaufswillige Eigentümer dann häufig mit Ernüchterung zur Kenntnis, berichtet Twachtmann: "Man spricht mit Nachbarn, man spricht mit Freunden, man schaut vielleicht auch mal ins Internet. Und dann haben viele eine Preiserwartung, die im Schwerpunkt noch aus den Vergleichspreisen aus den Jahren 2020 und 2021 resultiert."
Wunsch und Wirklichkeit liegen oft weit auseinander, vor allem, wenn es um den Verkauf von sanierungsbedürftigen Bestandsimmobilien geht. Momentan hat die Agentur "Hechler&Twachtmann" unter anderem ein Einfamilienhaus in Bremen-Mahndorf im Angebot. Baujahr 1969, mit Ölheizung, auf einem 690 Quadratmeter großen Grundstück. Der Kaufpreis liegt bei rund 260.000 Euro. Vor ein paar Jahren hätten die Eigentümer wohl mehr verlangen können, trotz der Notwendigkeit einer grundlegenden Sanierung. Der Höhepunkt auf dem Immobilienmarkt sei Ende 2021 erreicht gewesen, so Twachtmann. Die goldenen Zeiten sind demnach vorbei.
Seitdem haben wir am Markt einen Preisrückgang zwischen 15 und 20 Prozent. Gerade bei Siedlungshäusern aus den 1960er-Jahren, die noch wenig saniert wurden, haben wir sehr deutliche Preisabschläge.
Volker Twachtmann, Immobilienmakler
Anstieg der Zinsen drückt Kaufbereitschaft
Das Angebot vor allem unsanierter Häuser ist groß, doch die Nachfrage hat sich abgekühlt. Auch die politischen Unsicherheiten in Bezug auf den Einbau neuer Heizungen, hält so manchen potentiellen Käufer zurück. Doch der Hauptgrund für die Zurückhaltung liegt im Anstieg der Zinsen begründet. Kredite werden teurer und weniger Menschen können sich nun den Kauf einer Immobilie leisten. Lag der Zins bei einer Kreditfinanzierung 2020 und 2021 bei etwa einem Prozent, stieg er im vergangenen Jahr auf fast vier Prozent. In diesem Bereich hat sich der Zinssatz inzwischen eingependelt.
Zinsentwicklung seit 2020 (mit Sollzinsbindung über 10 Jahre)
Wer aktuell bei Banken einen Kredit bekommen möchte, muss nun tiefer in die Tasche greifen als noch vor ein paar Jahren. Für viele bedeutet der Zinsanstieg, dass der Traum von der eigenen Immobilie in weite Ferne rückt.
Sparkasse meldet weniger Immobilien-Finanzierungen
Bei der Bremer Sparkasse ist die Summe der Finanzierungen um etwa 40 Prozent zurückgegangen, eben weil die Zinsen stetig gestiegen sind. Vorstand Thomas Fürst meint scherzhaft, den Auszubildenden der vergangenen Jahre habe man erstmal erklären müssen, was Zinsen überhaupt sind: "Junge Leute kannten das ja gar nicht mehr."
Der Anstieg habe zuletzt natürlich weitreichende Folgen am Immobilienmarkt gehabt. "Wenn ein Haus oder eine Wohnung im Schnitt 300.000 Euro bis 400.000 Euro kostet, dann war es früher leichter so etwas zu finanzieren, auch mit zwei Prozent Tilgung. Dann lag die Belastung insgesamt bei drei bis vier Prozent. Heute ist man bei sechs Prozent." Laut Fürst, könnten sich viele Menschen deshalb nun keine Immobilie mehr leisten.
Es wird noch eine ganze Weile auf dieser Höhe bleiben und dann auch wieder leicht zurück gehen. Aber ich glaube, die Phase der Ein-Prozent-Zinsen ist auf lange Zeit vorbei.
Thomas Fürst, Vorstand Sparkasse Bremen
Dass in der Folge die Preise im Bestandsmarkt bis zu zwanzig Prozent gesunken sind, bestätigt die Sparkasse. Thomas Fürst betont aber, dass die Höhe des Rückgangs maßgeblich von der Lage der Immobilien abhängt: "Die privilegierten Lagen wie Oberneuland oder ähnliches, haben weniger Verluste. Gröpelingen oder Walle haben etwas höhere Verluste".
Wann beruhigt sich der Immobilienmarkt?
Der ganz große Immobilien-Boom scheint vorüber. Volker Twachtmann kommt fast schon ins Schwärmen, wenn er von den Jahren vor dem Zinsanstieg berichtet: Man habe Objekte im Gebotsverfahren verkauft, so groß sei die Nachfrage damals gewesen. "Wenn man so etwas heute machen würde, würden vielleicht drei Leute kommen – wenn überhaupt", meint Twachtmann. Im Jahr 2023 ist die Lage eine andere, aber zumindest habe sich nun offenbar ein preislicher Bodensatz gebildet.
Wir merken, dass die Preise nicht mehr so deutlich sinken.
Volker Twachtmann, Immobilienmakler
Der Makler ist überzeugt, dass sich der Markt bald wieder normalisieren werde. Aber wie lange das dauert, wisse aktuell eben keiner.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 7. Mai 2023, 19:30 Uhr