"Du kannst nicht mehr zurück" – so nötig sind Frauenhäuser in Bremen

Ein Mann steht mit gespreizten Beinen vor einer Frau, die am Boden kniet.

"Du kannst nicht mehr zurück" – so nötig sind Frauenhäuser in Bremen

Bild: Imago | Sven Simon

Alexandras Rettung vor ihrem brutalen Partner war das Frauenhaus. Doch Plätze sind knapp. Am "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen" blicken wir auf die Lage im Land Bremen.

Gewalt, Bedrohungen und immer wieder Angst: All das hat Alexandra über Jahre durchleben müssen. Die Details sollen, genau wie ihr Nachname, unerwähnt bleiben. Nur so viel: Der Täter war ihr damaliger Partner.

Dass sie aus der Gewaltspirale herauskam, hat sie ihren Nachbarn zu verdanken, die irgendwann die Polizei riefen. "Dann kam es zu einem Polizeieinsatz, wo die mich rausgeholt haben in der Nacht, und ich dann von der Polizei befragt worden bin", erinnert sie sich. Die Beamten brachten Alexandra in ein Frauenhaus. "Das war ein ausschlaggebendes Ereignis", schildert sie. "Sie haben gesagt, sie helfen mir. Ich bräuchte keine Angst mehr zu haben. Aber ich könnte auf jeden Fall nicht mehr zurück."

Alexandra fand damals Hilfe bei der Polizei, lebte in mehreren Frauenhäusern in ganz Deutschland. Wenn sie auf die Zeit zurückblickt, fällt ihr Fazit aber nicht nur positiv aus: "Teils war es so, wenn man in ein Haus gekommen ist, dass sofort gesagt wurde: 'Sie können aber nur ein halbes Jahr hierbleiben. Oder was für Leistungen beziehen Sie?'" Sie kritisiert, dass die Finanzierung in dieser Situation eine solche Rolle spielt.

Wer zahlt den Aufenthalt im Frauenhaus?

Grundsätzlich müssen Betroffene den Aufenthalt im Frauenhaus selbst bezahlen – wenn sie das Geld haben. Ansonsten verrechnet die Kommune die Kosten mit dem Jobcenter oder Sozialamt. Eine rechtliche Lücke besteht, wenn Frauen weder eigenes Geld noch Anspruch auf Sozialleistungen haben, wie etwa Studentinnen oder Frauen aus anderen EU-Ländern.

Eine Frau im Blazer steht vor einer Sitzecke.
Doris Meyer vom Weißen Ring in Bremerhaven fordert von der Politik mehr finanzielle Unterstützung für die Unterbringung der Frauen. Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Der Weiße Ring fordert deshalb, die Finanzierung der Frauenhäuser zu verbessern: "Es darf auf gar keinen Fall das Erste sein, das man fragt: Wie wird dein Aufenthalt hier finanziert?", sagt Doris Meyer vom Weißen Ring Bremerhaven. "Da ist unsere Politik auch gefragt. Wir müssen da wirklich mehr Geld reinstecken, damit die Frauen auch erstmal ankommen können, erstmal zur Ruhe kommen können."

Frauenhäuser liegen in der Verantwortung der Kommunen. Der Umgang mit Frauen ohne Sozialleistungsanspruch ist dabei sehr unterschiedlich. In Bremen und Bremerhaven gibt es für diese Fälle einen kommunalen Sondertopf. Niemand wird abgewiesen, sagt Bettina in der Stroth vom Frauenhaus Bremerhaven. Sie sagt aber auch: "Die Plätze im Frauenhaus reichen nicht."

Die Not ist groß geworden.

Bettina in der Stroth, Frauenhaus Bremerhaven

So viele Plätze gibt es in den Frauenhäusern

Im Frauenhaus in Bremerhaven gibt es derzeit zwölf Plätze für Frauen. Hinzu kommen weitere Plätze für Kinder, die Bremerhaven nicht extra ausweist. In den drei Frauenhäusern in Bremen gibt es insgesamt 113 Plätze für Frauen und Kinder.

In Ausnahmefällen werden Frauen in einem Hotel oder einer Pension untergebracht, bis wieder ein Platz frei wird. Solche Übergangslösungen sollen aber bald vorbei sein. Der Senat will dauerhaft mehr Plätze in den Frauenhäusern in Bremen und Bremerhaven schaffen. Das Ziel sind rund 30 Plätze mehr, insgesamt wären es dann rund 160.

Eine Frau sitzt in einem Frauenhaus auf einem Bett und schaut zum Fenster (Archivbild)
Die Plätze in Frauenhäusern reichen im Land Bremen nicht. In Ausnahmefällen werden die Frauen in Pensionen und Hotels untergebracht. Bild: dpa | Maja Hitij

Hintergrund ist neben dem hohen Bedarf auch die Istanbul-Konvention. Mit diesem internationalen Übereinkommen hat sich Deutschland verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Die Konvention sieht vor, Frauen vor jeglicher Gewalt zu schützen. 13 Mitgliedsstaaten des Europarats haben die Konvention 2011 in Istanbul unterschrieben.

In 81 Artikeln schreibt die Konvention vor, wie die Vertragsstaaten Gewalt gegen Frauen bekämpfen und verhindern müssen. So muss die Gleichstellung der Geschlechter in den Rechtssystemen und Verfassungen festgeschrieben sein. Die Staaten verpflichten sich, in den Bereichen Gewaltprävention, Fortbildungen, Täterarbeit, Opferschutz, Strafverfolgung und Sorgerecht Maßnahmen zu treffen, die die bisherige Ungleichheit beseitigen. Und dazu gehören eben auch ausreichend Plätze in Schutzunterkünften.

Betroffene macht Mut

Wann in Bremerhaven die neuen Plätze kommen, ist noch nicht klar. Das Ziel ist, dass hier künftig insgesamt 30 Plätze für Frauen und Kinder zur Verfügung stehen. In Bremen sollen 20 neue Plätze ab dem Frühjahr zur Verfügung stehen, teilt das Ressort von Bremens Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz Claudia Bernhard (Die Linke) mit.

Bettina in der Stroth vom Frauenhaus Bremerhaven freut sich über die geplante Aufstockung der Plätze. "Wenn eine Frau sich mit dem Gedanken trägt, ins Frauenhaus zu gehen, weiß sie dann sicher: Es ist ein Platz da", sagt sie. "Weil manchmal kommt die Entscheidung ja ganz plötzlich."

Alexandra, die heute fest im Leben steht, will Frauen Mut machen, das Angebot zu nutzen und sich aus der Gewaltspirale zu befreien: "Es gibt immer eine Möglichkeit, da raus zu kommen. Das Leben kann auch schön sein und ist auch schön. Einfach nicht aufgeben."

Zahl der Gewaltverbrechen gegen Frauen im Land Bremen ist gestiegen

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 25. November 2022, 12:10 Uhr