"Gut aufgestellt" kontra "katastrophal": Wie geht es Bremens Finanzen?
Bremens angespannte Finanzlage ist ein Dauerthema – vor allem kurz vor der Wahl. Wie begegnen Senator und Oppositionspolitiker den wichtigsten Fragen?
Eine teurere Fahrrad-Premiumroute, der Umzug der Uni in die Innenstadt, gestiegene Kosten in nahezu allen Bereichen: Geld sparen scheint für Bremen im Moment kaum möglich zu sein – und das, obwohl Bremens Finanzlage schon lange angespannt ist. Das bringt Herausforderungen für die Bremer Finanzpolitik: Über genau diese sprach Bremen Zwei mit Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) und dem finanzpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Eckhoff. Wirkliche Einigkeit gab es aber nicht über den richtigen Weg.
1 Wie ist es um Bremens Haushalt bestellt?
Bereits die Bewertung von Bremens Haushalt fällt bei beiden Politikern doch recht deutlich auseinander: Finanzsenator Strehl sieht Bremen bei den Finanzen "sehr gut aufgestellt", was auch mit einem guten Jahr 2022 zusammenhänge. "Wir haben einen guten Jahresabschluss hingekriegt. Das liegt daran, dass unsere Steuereinnahmen doch besser sind als wir vielleicht innerhalb der Krise erwartet haben, und das liegt auch an unserer Arbeit im Senat in den letzten drei Jahren." Besonders letzterem Punkt würde CDU-Mann Eckhoff wohl nicht zustimmen – er bewertet die finanzielle Lage in Bremen als "katastrophal", spricht von einem "Ausgaberausch", in dem sich der Senat befinde. "Der führt halt dazu, dass die nächsten Generationen über Gebühr belastet werden. Und die müssen nachher im Endeffekt tatsächlich diese Rechnungen bezahlen", warnt Eckhoff.
2 Wie kann Bremen Geld sparen?
Die allgemein gestiegenen Kosten quer durch alle Lebensbereiche treffen auch Bremen. Ein Grund, um unruhig zu werden, sei das für Strehl zwar nicht. Aber: "Natürlich gibt es da Projekte, die teurer werden. Wir müssen dann versuchen, das entweder durch Streckung von anderen Maßnahmen zu finanzieren oder wir müssen auch mal sagen, dass wir an der Stelle weniger ausgeben", erklärt Strehl. Eckhoff würde sich dagegen wünschen, dass der Senator stärker Prioritäten setzt – den Umzug der Universität beispielsweise sieht er wegen der damit verbundenen Kosten kritisch. "Das kann man nicht so einfach beschließen. Man muss im Haushalt auch Prioritäten setzen. Das, was im Moment stattfindet, hat jegliches Maß verloren."
3 Wie groß ist der finanzielle Schaden durch die Mehrkosten bei der Fahrrad-Premiumroute?
Doch nicht alle Mehrkosten für Bremen haben mit allgemein gestiegenen Preisen zu tun: Im Falle der Fahrrad-Premiumroute etwa hat sich das zuständige Verkehrs-Ressort darauf verlassen, Unterstützung vom Bund zu bekommen – die dann ausblieb. Eckhoff kritisiert, dass das Ressort vorschnell gehandelt habe: "Wenn man eine Maßnahme beginnt, bevor über eine Förderung auf Bundes- oder Europaebene entschieden wurde, bekommt man das Geld nicht mehr", kritisiert Eckhoff. Dass das Ressort eine schriftliche Zusage über die Förderung nicht abgewartet hat, sieht auch Strehl als Fehler.
4 Hat der Finanzsenator genug Kontrolle über alle Finanzen?
Der Fall der Fahrrad-Premiumroute zeigt ein Dilemma für den Finanzsenator: Er hat zwar die Gesamtverantwortung für die Finanzen Bremens, im konkreten Fall aber wohl wenig Einfluss darauf, wenn das Projekt teurer wird. Ein Fehler im System? Nicht für Strehl: Dass die Ressorts für ihren eigenen Haushalt zuständig sind, der von seinem Ressort aber kontrolliert wird, hält er für einen "vernünftigen" Weg. "Und das soll auch so bleiben."
5 Welchen Einfluss hat Strehls Abgang auf die aktuelle Finanzpolitik?
Wenn nach der kommenden Bürgerschafts-Wahl eine neue Regierung steht, wird Strehl defintiv nicht mehr dabei sein: Er hat angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Auch darin sieht Eckhoff einen Grund für den von ihm attestierten A"usgaberausch" des Senats. "Der Wächter der Finanzen ist eine lahme Ente", so Eckhoff – gemeint ist ein Politiker, der zwar noch im Amt ist, aber dem die Macht nach und nach schwindet. Strehl weist das zurück: "Ich hab mich entschieden, vor der Wahl die wichtigen Sachen umzusetzen, die wir auch angemeldet hatten. Und das hab ich gemacht." Persönlich nimmt er die "lame duck"-Aussage Eckhoffs indes nicht: "Ich arbeite gut mit Jens Eckhoff zusammen und glaube eher, er ist im Wahlkampf. Ich bin da nicht böse, dass er so was sagt."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 1. März 2023, 7:10 Uhr und 8:10 Uhr