Infografik
Bremens Friedhöfe sind zu groß: Wieviel Fläche braucht es künftig?
Seit Jahren ist eine folgenreiche Entwicklung zu beobachten: Die meisten Verstorbenen werden eingeäschert und in Urnen bestattet. Bremens Friedhofsverwaltung muss umdenken.
Es ist eine kleine Auswahl an Urnen, die der Bremer Bestatter Stefan Grawe in seinem Schrank aufbewahrt. Auf Wunsch sind weit mehr Optionen lieferbar, doch schon diese Exemplare zeigen: Das Angebot an Urnen ist heutzutage so bunt und unterschiedlich wie die verstorbenen Menschen selbst. Sie zeugen von Hoffnung, von Abschied oder von den Dingen, die dem Verstorbenen besonders am Herzen lagen.
Klassische Erdbestattungen mit Sarg sind in seinem Bestattungsinstitut inzwischen die Ausnahme. Die Kosten seien bis zu 2.500 Euro höher als bei einer Feuerbestattung, rechnet Grawe vor. Verbrennen ist also schlicht günstiger. Doch entscheidend sei ein anderer Grund, meint er. "Viel wichtiger ist die Entwicklung, dass es heute eben so viele Bestattungsformen gibt." Ob Urnenbestattung auf dem Friedhof, Waldbestattung, Seebestattung oder das Pressen eines Diamants – die Optionen sind vielfältig. "Es sind so viele Dinge, für die es eben Asche braucht", erklärt der Bestatter.
Zahl der Feuerbestattungen steigt kontinuierlich
In den vergangenen Jahrzehnten zeigte sich ein deutlicher Wandel in der Bestattungskultur. Der Trend zur Urne offenbart sich auch im Krematorium am Friedhof Huckelriede. In dem 2019 eröffneten Neubau arbeiten die Mitarbeiter im Schicht-System und bedienen mit modernster Technik zwei Öfen. Darin erfolgen täglich bis zu 20 Einäscherungen. Jährlich werden im Bremer Krematorium rund 5.000 Verstorbene verbrannt. Die Entwicklung ist eindeutig: Vor etwa 40 Jahren gab es in Bremen kaum weniger Sarg- als Urnenbestattungen. Im Jahr 2023 waren Beerdigungen mit einer Urne dagegen bereits die Regel.
Diese Entwicklung hat Folgen, die von Jahr zu Jahr auf den Friedhöfen immer offensichtlicher werden. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich ein Grab neben das andere reihte. Jörn Asendorf ist beim Umweltbetrieb verantwortlich für Bremens Friedhöfe. "Urnen kann man auf kleinerem Platz beisetzen, im Gegensatz zu Särgen, die einen größerem Platzbedarf haben." Dieser Bedarf liegt bei Särgen bei etwa zwei Quadratmetern. Der Wegfall des Mehrbedarfs wirkt sich unmittelbar auf Friedhöfe aus. "Wir müssen eben schauen, wie wir künftig mit den Flächen umgehen", erläutert Asendorf.
Politik reagiert auf veränderte Anforderungen
Noch in den 1970er-Jahren war man davon ausgegangen, dass in den folgenden Jahrzehnten viel mehr Flächen benötigt werden. Doch wie sich zeigte, war das Gegenteil der Fall. Exemplarisch darstellen lasse sich das am Friedhof Huckelriede, erläutert Asendorf. Ursprünglich war ein Nachbarareal als Erweiterungsfläche für den bestehenden Friedhof vorgesehen. Doch es zeichnete sich ab, dass es den Bedarf nicht gibt und so entstand auf dem Areal ein Neubaugebiet – die Gartenstadt Werdersee. Heute stehen dort nun also unter anderem Wohnhäuser und eine Schule, nur wenige Meter entfernt von der Friedhofsgrenze
In Bremen gibt es 13 städtische Friedhöfe, mit insgesamt über zwei Quadratkilometern Fläche. Doch wie viel Friedhofsfläche wird künftig für Gräber tatsächlich noch benötigt? Auch beim Umweltbetrieb stellt man sich genau diese Frage.
Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir mit diesen Überhangflächen umgehen und wie wir die Friedhöfe der Zukunft gestalten wollen.
Jörn Asendorf, Umweltbetrieb Bremen
Aktuell wird an einem Friedhofentwicklungsplan gearbeitet, unter der Federführung des Umweltressorts. Noch ist unklar, wann dieser Plan fertig ist. Doch klar ist schon jetzt, dass Fläche ein sehr kostbares Gut ist, in einem Stadtstaat umso mehr.
Kommt das Ende des Friedhofszwangs?
In Bremen gibt es eine gesetzliche Ausnahmeregelung, die besagt, dass die Asche eines Verstorbenen auch im privaten Garten verstreut werden darf. Doch der Friedhofszwang untersagt es Angehörigen, die Urne zu Hause aufzubewahren oder diese im eigenen Garten zu vergraben. Bestatter Stefan Grawe glaubt nicht an einen langen Fortbestand der Regel, wonach Urnen zwingend auf einem Friedhof bestattet werden müssen. Nur noch in Deutschland und Österreich existiere ein solcher Friedhofszwang und er sei sich sicher, dass es das Gesetz eines Tages auch hierzulande nicht mehr geben wird.
Dann können die Menschen die Urne mit nach Hause nehmen – und das wird etwas sein, was sich dann bestimmt ganz stark durchsetzen wird.
Stefan Grawe, Bestattungsunternehmer
Sollte es tatsächlich so kommen, wäre die Folge absehbar: Der Fächenbedarf für Gräber auf Friedhöfen würde auch in Zukunft immer weiter sinken.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. Dezember 2024, 19:30 Uhr