Ein Jahr Hafentunnel: Wie zufrieden sind die Akteure in Bremerhaven?

Ein Lkw fährt in einen Tunnel.
Bild: dpa | Sina Schuldt

Seit einem Jahr ist der Hafentunnel in Bremerhaven geöffnet. Eine Erfolgsgeschichte? Weiterhin fahren viele Lkw durch die Innenstadt. Das sagen Kritiker und Verantwortliche.

Vor rund zehn Jahren war Baustart, seit 365 Tagen läuft der Betrieb: Der Tunnel sollte den Hafen besser an die Autobahn A27 anbinden – und gleichzeitig dafür sorgen, dass nicht mehr so viele Lkw durch die Bremerhavener Innenstadt fahren. Deswegen war auch geplant, das Zolltor Roter Sand im Süden des Hafens zu schließen, sobald der Tunnel fertig ist – das steht sogar im Koalitionsvertrag der Stadtregierung aus SPD, CDU und FDP.

Ein Jahr nach der Eröffnung nutzen längst nicht alle Lkw-Fahrer aus dem Hafen diese Verbindung zur Autobahn, in der Röhre ist kaum Betrieb. Viele suchen einen schnelleren Weg und fahren vom Zolltor Roter Sand durch die Stadt.

Wenn ich nach Bremen fahre, ist der Hafentunnel für mich uninteressant. Weil ich fahre hier raus, Richtung Bremen, schwuppdiwupp, Überseehafen raus. Und so fahre ich eine Riesen-Schleife und auf der Autobahn fahre ich wieder zurück.

Thorsten Wirth steht in Winterjacke vor parkenden Autos.
Torsten Wirth, Lkw-Fahrer

Verkehrswendebündnis kritisiert SPD, CDU und FDP

Auf einem Sattelitenbild sind Straßen rot markiert.
Der Verkehrsverlauf mit dem Hafentunnel. Bild: Radio Bremen

Aus dem Hafen führen im Norden Wurster- und Cherbourger Straße mit dem Tunnel zur A27. Im Süden aber fahren viele Lastwagenfahrer vom Zolltor Roter Sand über die Lloydstraße zur Autobahn. Die Bremerhavener Innenstadt ist deshalb weiterhin stark mit Lkw-Verkehr belastet. Wolfgang Richter arbeitet im Verkehrswendebündnis mit. Die Koalition aus SPD, CDU und FDP habe nichts unternommen, um die Verkehrsmassen zu reduzieren.

Leider können wir nicht feststellen, dass auch in der Koalition der Wille da ist, die eigene Koalitionsvereinbarung ernsthaft anzugehen, wo drinsteht: Zolltor Roter Sand schließen oder zumindest einschränken in der Nutzung.

Wolfgang Richter steht in Winterjacke an einer Straße.
Wolfgang Richter, Verkehrswendebündnis Bremerhaven

Die Koalition im Stadtparlament habe keinen Plan für den Verkehr, heißt es auch von der Opposition.

Es fehlt ein gesamtstädtisches Verkehrskonzept, nach wie vor, insbesondere auch die Lkw-Lenkung. Das merken wir an allen Ecken in der Stadt. Und das ist ein strategischer Fehler, der macht sich jeden Tag wieder bemerkbar.

Claudius Kaminiarz steht im Anzug vor einer Wand.
Claudius Kaminiarz, Fraktionsvorsitzender Grüne

Stadt führt Gespräche für Verkehrslenkung

Für den Magistrat sagt Baudezernent Bernd Schomaker (FDP), es gebe Gespräche für eine Verkehrslenkung, aber noch keine Ergebnisse.

Wir haben dort schon Geschwindigkeitsreduzierungen vorgenommen, da halten sich auch die meisten sicherlich dran – längst nicht alle. Es fahren auch immer noch zu viele da durch.

Bernd Schomaker steht im Anzug in einem Raum.
Bernd Schomaker, Dezernent für Bau und Straßen, FDP
Auf einem Sattelitenbild sind Straßen rot markiert.
So könnte die Hafenrandstraße aussehen. Bild: Radio Bremen

Die Hafenwirtschaft hat noch eine andere Forderung: Eine neue Straße vom Zolltor Roter Sand über die Alfred-Wegener-Straße zum Hafentunnel. Diese sogenannte Hafenrandstraße soll die Innenstadt vom Verkehr entlasten.

Wir glauben nach wie vor, dass der Bau einer Umgehungsstraße für alle Beteiligten die schlankere, schnellere Lösung wäre, als jetzt noch ein neues Thema aufzutun, indem man die Verkehre behindert oder geschwindigkeitsmäßig reduziert.

André Grobien sitzt im Anzug vor einer Holzwand.
André Grobien, Präses Handelskammer

Koalitionäre sind bei Hafenrandstraße uneins

Die Koalition aus SPD, CDU und FDP hat bei dem Thema aber keine klare Meinung. Das ließe sich alles machen, heißt es von der CDU. Eine Hafenrandstraße außerhalb des Hafengebietes lehnen wir ab, sagt die SPD. Und die FDP meint: Wichtig ist, dass eine Verbindung direkt vom Hafentunnel in den Süden geht. Der Hafen sei stadtbremisches Gebiet, deshalb müsse sich der Senat an den Planungen beteiligen, findet zumindest die FDP.

Aus unserer Sicht müssen die Bremer jetzt entscheiden, dass die Infrastruktur im Hafen ausgebaut und der Hafentunnel direkt angeschlossen wird – das ist deren Aufgabe.

Bernd Freemann steht im Anzug vor einem Fenster.
Bernd Freemann, Fraktionsvorsitzender FDP

Die Verantwortung liege also auch in Bremen und nicht nur in Bremerhaven. In dieser Woche will sich die Stadt mit der Hafengesellschaft Bremenports und der Häfensenatorin Kristina Vogt (Linke) zusammensetzen. Das Verkehrswendebündnis aber kritisiert: Es gebe noch nicht einmal eine Verkehrszählung über die Zahl der Lkw in der Stadt.

Diese Daten sollten seit einem Jahr erhoben werden. Gerade bei Eröffnung des Hafentunnels war das angekündigt. Zumindest öffentlich liegen solche belastbaren Zahlen bisher nicht vor.

Wolfgang Richter steht in Winterjacke an einer Straße.
Wolfgang Richter, Verkehrswendebündnis Bremerhaven

Es werde im Moment gezählt, heißt es dazu von der Stadt. Eine Auswertung dauere aber. Für die Menschen in der Innenstadt ist damit also vorerst beim Verkehr keine Besserung in Sicht.

Warum der Hafentunnel in Bremerhaven nur wenig genutzt wird

Bild: Radio Bremen

Mehr zum Thema Hafentunnel:

  • Das ist die lange Entstehungsgeschichte des Bremerhavener Hafentunnels

    Von ersten Planungen bis zum fertigen Tunnel vergingen etwa 25 Jahre. Allein der Bau dauerte zehn Jahre, während die Kosten immer weiter stiegen. Wir blicken zurück.

Autor

  • Torsten Harms
    Torsten Harms

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 3. Februar 2025, 8:40 Uhr