Fragen & Antworten
Darum sorgt das E-Rezept für Ärger in Bremer Arztpraxen und Apotheken
Verschreibungspflichtige Medikamente bekommt man seit Beginn des Jahres nur noch mit E-Rezepten. Doch das klappt in Bremen nicht immer problemlos, sagen Ärzte und Apotheker.
Die Zeit der Papierrezepte ist vorüber. Seit Januar müssen alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gesetzlich versicherten Patienten die Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente auf digitalem Weg ausstellen. Man spricht daher von elektronischen oder kurz von E-Rezepten.
Allerdings läuft die Umstellung auf die digitalen Verordnungen nicht so reibungslos wie erhofft, berichten Bremer Apotheken und Ärzte übereinstimmend. In einigen Fällen habe das neue System im Januar sogar für erheblichen Ärger gesorgt. buten un binnen erklärt, was die Umstellung auf das E-Rezept für Patientinnen und Patienten bedeutet, was für Vorteile es mit sich bringt, und was für Probleme auftreten können:
Was ist ein E-Rezept, und wie löst man es ein?
Ärztinnen und Ärzte stellen ein E-Rezept aus, indem sie die entsprechende Verordnung in eine Cloud laden, in die so genannte Telematik-Infrastruktur (TI). Die TI wird im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums von einem Unternehmen namens "Gematik" betrieben.
Der Bremer Apotheker Stefan Schwenzer, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer Bremen, erklärt die digitale Verordnung von Medikamenten so: "Der Arzt oder die Ärztin legt das Rezept in ein elektronisches Schließfach. Von dort kann das E-Rezept nur mit einem passenden Schlüssel abgeholt werden." Dieser befinde sich auf der Gesundheitskarte der Patientinnen und Patienten.
Um das Rezept sehen und einlösen zu können, benötigen Apotheken daher im Regelfall die Gesundheitskarte der Patienten. Alternativ dazu können sich Patientinnen und Patienten die "E-Rezept-App" der Gematik auf ihr Handy laden. Mithilfe dieser App können sie Medikamente online bei den Apotheken bestellen.
Welchen Vorteil haben Patientinnen und Patienten vom E-Rezept?
Der größte Vorteil liegt darin, dass sie nicht mehr unbedingt die Arztpraxis aufsuchen müssen, um dort ein Rezept abzuholen. Der Arzt kann das Rezept, beispielsweise in Wiederholungsfällen, auch ausstellen und hochladen, ohne den Patienten in die Praxis zu bitten. Der Patient kann sich das betreffende Medikament auf direktem Weg gegen Vorlage seiner Gesundheitskarte aus der Apotheke abholen oder ins Haus liefern lassen.
Kann ich auch weiterhin meine Rezepte in Papierform abholen und einlösen?
Grundsätzlich schon. Man kann sich in der Arztpraxis das E-Rezept ausdrucken lassen. Es handelt sich bei den entsprechenden Ausdrucken allerdings nicht mehr um einen rosafarbenen Zettel, sondern um ein normales DINA5-Blatt, auf dem neben dem eigenen Namen und der Praxis, die das Rezept ausgestellt hat, die Bezeichnungen der Medikamente und QR-Codes zu lesen sind. Diese Codes kann eine Apotheke einscannen und auf diese Weise die Rezepte einlösen.
Was für Probleme mit E-Rezepten hat es im Januar in Bremen gegeben?
Apotheker können E-Rezepte erst dann lesen, wenn sie von den ausstellenden Arztpraxen signiert worden sind. Doch die Ärztinnen und Ärzte signieren längst nicht alle Rezepte unmittelbar, nachdem sie diese den Patienten ausgestellt haben. Stattdessen geben die Ärzte viele Rezepte ihrer Patienten in einem Rutsch frei – und damit in der Regel mit einigen Stunden Verzögerung.
Ob ein Rezept aber bereits signiert ist oder nicht, können Patienten auf ihrer Gesundheitskarte nicht sehen. Die Folge: Nicht wenige Bremerinnen und Bremer sind im Januar direkt nach dem Besuch der Arztpraxis in die Apotheken gekommen, um Rezepte einzulösen – und mussten unverrichteter Dinge wieder gehen, da ihre Rezepte noch nicht signiert waren.
"Wenn ein E-Rezept noch nicht signiert ist, ist es praktisch nicht existent. Dann können wir in den Apotheken nicht einmal sehen, an welche Wirkstoffe der verschreibende Arzt gedacht hat", beschreibt Apotheker Stefan Schwenzer das Problem.
Wieso signieren die Arztpraxen nicht alle Rezepte ihrer Patienten sofort?
Weil das viel zu aufwändig wäre, erklärt Holger Schelp, Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen. Um E-Rezepte mit einem Zahlencode signieren zu können, müsse der Arzt, ähnlich wie bei einer Zwei-Faktor-Authentifizierung, seinen Arztausweis in ein entsprechendes Lesegerät am Computer stecken, eine Geheimzahl eingeben und anschließend eine Maske aufrufen. Das koste viel Zeit.
Entsprechend sei es einfacher, mehrere Rezepte in einem Rutsch zu signieren, beispielsweise zweimal pro Tag, jeweils nach den Sprechstunden. So zumindest gingen die meisten Arztpraxen üblicherweise bei Routine-Rezepten vor, also bei solchen, die die Patienten regelmäßig benötigen. "Wenn dagegen ein Patient krank in die Praxis kommt und akut etwas braucht, dann signiere ich das Rezept sofort", erklärt Schelp.
Erschwerend hinzu komme, dass die Software längst nicht so schnell und flüssig laufe, wie es sein sollte. "Manchmal dauert es fast eine Minute, bis man überhaupt etwas in das System eingeben kann. Und wenn es ganz schlecht läuft, ist der Server der TI gerade nicht erreichbar. Dann klappt erst einmal gar nichts, und man muss es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal versuchen", so Schelp.
Tatsächlich sei man in vielen Bremer Arztpraxen über die technischen Defizite des neuen Systems verärgert, sagt auch Christoph Fox, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Die Telematikinfrastruktur sei im Januar an mehreren Tagen zeitweise ausgefallen. In diesen Zeiten hätten die Ärztinnen und Ärzte kein Rezept signieren können.
Wie sollten Patientinnen und Patienten vorgehen, damit es gar nicht erst zu Problemen mit E-Rezepten kommt?
Apotheker Stefan Schwenzer empfiehlt Bremern, die kurzfristig auf Medikamente angewiesen sind, sich die entsprechenden E-Rezepte für diese Medikamente ausdrucken zu lassen. Das stoße zwar nicht in allen Arztpraxen auf Begeisterung. Gleichwohl hätten die Patientinnen und Patienten einen Rechtsanspruch auf die Ausdrucke.
Hausarzt Holger Schelp rät Patientinnen und Patienten, die regelmäßig verschreibungspflichtige Medikamente benötigen, zu Beginn jedes Quartals routinemäßig ihre Gesundheitskarte bei ihrem Hausarzt einlesen zu lassen. "Erst dann können wir loslegen", so Schelp.
Auch verweist Schelp auf Unterschiede zwischen den Apotheken. Einige seien serviceorientierter als andere. "Es gibt Apotheken, die nicht nur Medikamente zu ihren Patienten liefern, sondern auch bereit sind, vorher die Gesundheitskarten der Patienten abzuholen und einzulesen.", erklärt der Arzt. Solche Apotheken seien gerade älteren Menschen eine große Hilfe.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 1. Februar 2024, 7:35 Uhr