Macht das Drogenverbot am Bremer Hauptbahnhof die Discomeile unsicher?
Drogen-Konsum, Bedrohungen und Beleidigungen: Seit am Hauptbahnhof Drogen und Alkohol verboten sind, habe sich die Situation ins negative verändert, klagen Gastronomen.
Die Bremer Discomeile war früher ein guter Ort zum Feiern. Doch das Bild hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Die Drogenszene vom Bremer Bahnhof verlagert sich aktuell immer mehr auf die nahegelegene Discomeile. Das Problem gibt es schon länger. Seitdem es das Drogen- und Alkoholverbot am Bremer Hauptbahnhof gibt, hat es sich aber noch einmal verschärft, beklagen Anwohner und auch Disco-Betreiber.
Patrick Czech, Manager des Clubs "Shagall", etwa spricht davon, dass die Discomeile ein echter Drogen-Hotspot geworden sei. Das habe sich während der Corona-Zeit entwickelt. Czech beklagt, dass Süchtige direkt vor der Tür konsumieren würden: Sowohl tagsüber, als auch in der Nacht.
Wenn hier die Omi mit ihrem Enkel an der Hand durch die Hinterlassenschaften, durch die Exkremente der Suchtkranken fahren und den Spritzen ausweichen muss und dabei dem Kind die Augen zuhält. Das hat hier leider Zustände angenommen, die meiner Meinung nach nicht mehr zumutbar sind.
Patrick Czech, Club-Manager vom Shagall
Situation wird immer gefährlicher
Das Handy hat Czech immer griffbereit. Der Club-Betreiber telefoniere viel mit der Polizei und dem Ordnungsamt, sagt er. Er hat sogar spezielles Licht im Eingang seines Clubs anbringen lassen. Das soll die Drogenabhängigen eigentlich abschrecken – in der Praxis hilft es aber nicht.
Der Manager berichtet von gefährlichen Situationen, die er in letzter Zeit schon erlebt hat: Er sei schon mit einem Messer bedroht, beleidigt und angepöbelt worden. Vanessa, eine Mitarbeiterin aus dem Shagall, spricht davon, wie schon der Weg zur Arbeit schwierig wird: "Ich muss mich meistens erst an fünf bis zehn Konsumenten vorbeidrängeln, um überhaupt an die Tür zu kommen", sagt sie. Dabei werde sie meistens auch noch blöde angesprochen.
Man fühlt sich einfach nicht sicher, man fühlt sich auf gar keinen Fall wohl.
Vanessa, Mitarbeiterin im Shagall
Manager Patrick Czech vom Shagall wirkt bei der Situation ratlos: "Es macht mich wirklich traurig, dass hier einfach nichts mehr passiert." Er habe auch Verständnis für die Suchtkranken, "aber wir leiden einfach darunter".
Innenressort: Keine Verdrängungseffekte durch Alkohol- und Drogenverbot
Dabei nimmt auch das Innenressort wahr, dass sich die Drogenszene verlagert. "Die verstärkte Präsenz von Polizei und Ordnungsdienst am Hauptbahnhof (Task Force Hauptbahnhof) besteht seit mehreren Monaten und bezieht die Discomeile und das Umfeld mit ein. Etwaige Verdrängungseffekte in die umliegenden Bereiche wie Rudolf-Hilferding-Platz, Auf der Brake und den Wallanlagen sind seit jeher festzustellen", heißt es von einer Sprecherin der Behörde auf Anfrage.
Das Ressort führt dies aber nicht konkret auf das Drogen- und Alkoholverbot am Bahnhof zurück, sondern offenbar auf die erhöhte Polizeipräsenz. Verdrängungseffekte, die ausschließlich auf die Einführung des Verbots zurückzuführen wären, seien nicht festzustellen, heißt es – vielmehr müssten diese Auswirkungen erst beobachtet werden. Die Behörde äußerte sich nicht dazu, ob sie konkrete Maßnahmen vor Ort ergreift.
Für Czech ist das wahrscheinlich eine unbefriedigende Antwort. Ihm zufolge sind die Besucherzahlen auf der Discomeile stark rückläufig, "aufgrund dieser Situation, die hier herrscht – und es wird von Tag zu Tag schlimmer". Dass sich die Situation auf der Meile tendenziell verschlechtert hat, zeigt sich auch an der Anzahl der Clubs und Bars: Inzwischen gibt es noch fünf. Laut Wirtschaftsressort haben seit 2014 vier Lokale auf der Meile aufgegeben.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 2. November 2023, 17:15 Uhr