Niedersächsische Ministerin: "Catcalling muss keine Frau hinnehmen"

Eine Frau blickt auf der Straße genervt nach hinten, wo ihr ein Mann hinterher ruft.

Niedersächsische Ministerin: "Catcalling muss keine Frau hinnehmen"

Bild: dpa | Christin Klose

Das Land Niedersachsen möchte verbale Belästigung von Frauen unter Strafe stellen. Niedersachsens Justizministerin spricht im Interview über ihren Vorstoß.

Hinterherpfeifen, obszöne Gesten, erniedrigende Kommentare auf offener Straße: Dieses Verhalten gegenüber Frauen wird Catcalling genannt. Bisher ist das in Deutschland nicht strafbar. In anderen Ländern, zum Beispiel Spanien, Frankreich oder Belgien gilt Catcalling bereits als Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Meistens wird das Verhalten dort mit einem Bußgeld belegt. Die Landesregierung von Niedersachsen möchte genau das jetzt auch für Deutschland einführen.

Der Vorschlag soll jetzt auf Bundesebene diskutiert werden. Das Ziel: Catcalling soll als Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Niedersachsens Justizminiserin Kathrin Wahlmann (SPD) spricht im Interview bei Bremen Eins über ihren Vorschlag.

Sie haben selbst schon gesagt, dass das Thema für Sie ein Herzensanliegen sei. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?

Wir haben festgestellt, dass es eine nennenswerte Anzahl von Frauen gibt, die sich in ihrer Lebensführung extrem beeinträchtigt fühlen, dadurch dass Sie von Männern belästigt werden. Ob durch Gesten oder durch Worte. Das hat so starke Auswirkungen auf deren Leben, dass sie bestimmte Orte nicht mehr aufsuchen oder dass sie sich abends nicht mehr alleine raustrauen. Und das finde ich in einer offenen Gesellschaft unerträglich.

Können Sie verstehen, dass es Männer gibt, die sagen: "Ich meine das doch als Kompliment"?

Ich weiß, dass es Männer gibt, die behaupten, sie meinten es als Kompliment. Verstehen kann ich das allerdings nicht, weil das für die Frauen auf jeden Fall kein Kompliment ist, wenn man zum bloßen Sexualobjekt oder dem Objekt männlicher Fantasien degradiert wird. Das muss aus meiner Sicht keine Frau hinnehmen.

Auch in anderen Ländern Europas gilt Catcalling als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit. Was streben Sie an?

Es soll als Straftat gewertet werden. Es soll von der Dimension so ähnlich wie die Beleidigung sein, weil es auch ähnliche Auswirkungen haben kann. Es ist also keine sehr schwere Straftat und eher am unteren Ende der Strafbarkeit. Aber das sollen die potentiellen Täter wissen: Wenn ich Frauen sexuell belästige – und sei es auch nur mit Worten – dann mache ich mich strafbar.

Es braucht ja Mut und teilweise auch Beweise, um sagen zu können, dass es einem wirklich passiert ist. Wie kann das für Frauen nachweisbar werden?

Es läuft im Prinzip so ähnlich wie bei anderen Straftaten auch, die in einer Eins-Zu-Eins-Situation passiert sind. Das ist bei Beleidigungen so, das ist häufig bei Körperverletzungen so oder auch bei Sexualdelikten: Da hat man oft Aussage gegen Aussage. Aber nichtsdestotrotz ist es wichtig, solche Taten zur Anzeige zu bringen. Und dann wird sich vor Gericht zeigen, ob das Gericht der Frau glaubt. Und wenn es genug Anhaltspunkte gibt, dass sich das ganze so zugetragen hat, dann wird der Täter auch verurteilt. Und häufig gibt es auch Zeugen. Man ist ja oft nicht alleine auf der Straße, sondern es werden auch häufig zwei oder drei Frauen sexuell belästigt.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Gesetzentwurf vom Bundesrat beschlossen wird?

Ich habe da große Hoffnungen, dass die anderen Bundesländer das ähnlich sehen. Vielleicht nicht alle, aber doch die große Mehrheit. Ich habe schon von meinen Kolleginnen und Kollegen Signale gehört, die das durchaus befürworten. Und im Moment sind wir gerade dabei, auf Stimmensammlung zu gehen.

Das Interview führten Katharina Guleikoff und Jens-Uwe Krause, aufgeschrieben wurde es von Niklas Hons.

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Bild: Radio Bremen

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Autorinnen und Autoren

  • Katharina Guleikoff
    Katharina Guleikoff Autorin
  • Jens-Uwe Krause
    Jens-Uwe Krause

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 24. Oktober 2024, 7:40 Uhr