Grober Umgang mit Kindern? Bremer Eltern empört über Schwimmunterricht

Grober Umgang mit Kindern? Eltern unzufrieden mit Schwimmunterricht

Bild: dpa | Fabian Sommer

In Bremen wird Grundschülern vom Personal der Bremer Bäder das Schwimmen beigebracht. Auch in den sozialen Medien mehren sich Kommentare über grobes Verhalten des Personals.

Sophia geht in die dritte Klasse. Seit den Sommerferien nimmt sie am Schwimmunterricht an ihrer Bremer Schule teil. Sie möchte nicht erkannt werden, berichtet uns aber, was sie durch die Erwachsenen auf dem Weg von der Schule ins Schwimmbad erlebt. "Die sagen doofe Sachen und schubsen Kinder", erzählt Sophia.

Auch die anderen Kinder hätten laut ihr Angst vor den Begleitern. Aus Sorge fährt Mutter Oliwia Akgün jetzt regelmäßig mit, wenn die Kinder mit dem Bus fürs Schwimmbad abgeholt werden. "Selber gesehen habe ich, wie eine Betreuerin einen Jungen sehr unsanft am Arm gepackt und nach hinten gerissen hat", so Akgün.

Nass auf die Bank, Schubser vom Startblock

Maraike Meyer
Hat im Bremer Südbad schon einige negative Erfahrungen gesammelt: Maraike Meyer, Mutter einer Tochter. Bild: Radio Bremen

Seit Jahren sind viele Eltern unzufrieden mit dem Schwimmunterricht, berichten sie uns. Auch die Tochter von Maraike Meyer hat im Bremer Südbad schon einiges erlebt. "Es hieß, sie waren wohl zu laut und dann mussten sie sich zur Strafe nass auf die Bank setzen — und das 20 Minuten lang. Die Hälfte war danach krank", erzählt Meyer. Zudem berichtet sie, dass die Kinder vom Startblock springen sollten. Die, die sich nicht trauten, hätten einen "kleinen Schubs" bekommen.

In Bremen gibt es den Schwimmunterricht für alle dritten Klassen. Anders als in Niedersachsen sind in Bremen aber nicht die Sportlehrer für den Schwimmunterricht zuständig, sondern die Bremer Bäder. Deren Begleitpersonal bringt die Kinder von der Schule ins Schwimmbad und wieder zurück. Im Schwimmbad sollen die Schwimmlehrer der Bremer Bäder den Kindern einmal pro Woche in 45 Minuten schwimmen beibringen.

"Wir haben einen großen Zeitdruck"

Die einzelnen Vorwürfe der Eltern sind Susanne Klose, Pressesprecherin der Bremer Bäder, so nicht bekannt. Sie will sie aber nicht ausschließen. Oft gäbe es eine Vorgeschichte, dazu käme der Stress. "Wir haben einen großen Zeitdruck", so Klos.

Um wirklich allen 80 Schulen und 241 Klassenverbänden genau diese 45 Minuten Schwimmzeit anbieten zu können, ist die Organisation sehr eng getaktet.

Susanne Klose von den Bremer Bädern
Susanne Klose, Sprecherin der Bremer Bäder
Weiß um die eng getakte zeitliche Organisation des Unterrichts: Susanne Klose, Pressesprecherin der Bremer Bäder. Bild: Radio Bremen

60 Prozent der Kinder könnten nicht schwimmen, so Klose. Gleichzeitig werde auch das Verhalten mancher Kinder gegenüber dem Personal der Bremer Bäder immer aggressiver. "Es gibt immer mehr Kinder mit herausforderndem Verhalten", so Klose. Beispielsweise seien Schulschwimmbegleiterinnen beschimpft oder gar bespuckt worden. "Auch das passiert", betont Klose.

Aulepp: "Wir haben zurzeit nicht genug Lehrkräfte"

Die Kritik der Eltern richtet sich nicht gegen einzelne Personen, sondern das System, sagen sie. Eine Lösung aus ihrer Sicht: Sportlehrer begleiten den Schwimmunterricht. Laut Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) ist das allerdings nicht möglich. "Wir haben zurzeit nicht genug Lehrkräfte, die diese Begleitung oder den Schwimmunterrricht machen können. Deswegen setzen wir auf diese Kooperation."

Natürlich ist es das allerwichtigste, dass es Menschen sind, die mit den Kindern gut umgehen, aber dennoch diese Klarheit in der Kommunikation haben.

Bremens Bildungssenatorin Sascha Aulepp gibt ein Interview.
SPD-Bildungssenatorin Sascha Aulepp

Sophia aber hilft das nicht. Die Drittklässlerin wird jetzt regelmäßig durch ihre Eltern zum Schwimmunterricht begleitet.

Offenbar keine Einzelfälle in Bremen

Über Facebook haben uns mehrere Userinnen und User ähnliche Fälle geschildert. Hier eine Auswahl.

Mein Sohn wurde 2004 vom Schwimmunterricht befreit. Trotz Tauchverbot (Loch im Trommelfell) wurde er vom Bademeister unter Wasser gedrückt. Auch damals konnten keine Lehrer mehr am Schwimmunterricht teilnehmen. Sehr schade, zu meiner Zeit war es noch schön, mit der Klassenlehrerin!

Tanja Bleckwehl - 30. Oktober 2023, 17:20 Uhr.

... Wir haben bereits 2017, als mein Sohn in der 3. Klasse war, in einem Brief an die Bildungsbehörde auf diese Missstände aufmerksam gemacht. Leider gab es auf unsere Kritik und Vorschläge keine Resonanz und auch keine Konsequenzen. Es ist kein Einzelfall und es muss dringend etwas passieren!

Stefanie Kranz - 30. Oktober 2023, 17:30 Uhr.

Da scheint sich ja nichts geändert zu haben! Traurig! Meine Kinder sind mitnerweile 8 und 9 Klasse und damals war es auch schon problematisch! Die Begleitung im Bus hat die Kinder angeschrien und wurde erst drei Jahre danach als ein Kind das auf Handy aufgenommen hat gegangen 😢. Schlimm ich finde man sollte die Kinder ernst nehmen und das nicht einfach abtun!!! Ich kann nur raten Eltern begleitet das stellt euch vors Fenster und setzt Eure Kinder dem nicht so einfach aus! Wir sind als Klassengemeinschaft dagegen angegangen kann also nicht sein das die Bremer Bäder noch nie was davon gehört haben

Anke Hanken - 30. Oktober 2023, 09:15 Uhr.

... Ich habe ein solches Schulschwimmen einmal live gesehen und war entsetzt über das Verhalten der Schulbegleitungen was den Unterricht selbst anging, Sicherheitsbedenken und genereller Umgang mit den Kindern! Nichts davon wurde von respektlosen Kindern provoziert — was auch keine Entschuldigung dazu wäre.

Sabrina Schaar - 30. Oktober 2023, 09:35 Uhr.

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Autorin

  • Stella Vespermann
    Stella Vespermann Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. Oktober 2023, 19:30 Uhr