Versorgung gefährdet? Bremer Apotheker schlagen Alarm

Uwe Jäger, Inhaber der Hansa-Apotheke, steht am Tresen in seiner Apotheke

Darum stehen Bremens Apotheker unter Druck

Bild: Radio Bremen | Marie Roters

Der Bremer Apothekenverband und die Apothekerkammer warnen, dass bald mehr Apotheken schließen müssen. Vor allem in Woltmershausen steht es schlecht um die Versorgung.

An diesem späten Nachmittag klingelt die Tür am Eingang der Hansa-Apotheke in Woltmershausen beinahe minütlich. Dabei gilt der Mittwochnachmittag als einer der ruhigen Tage, viele Arztpraxen haben ab Mittag geschlossen.

Die Hansa-Apotheke ist die letzte ihrer Art in Woltmershausen, Rablinghausen und Seehausen. Lange Zeit gab es hier zwei Apotheken, mittlerweile ist nur noch die Hansa-Apotheke übrig geblieben – trotz genügend Kundschaft.

Apotheken mussten bereits schließen

Apotheker und Inhaber Uwe Jäger wundert das nicht. Politische Entscheidungen hätten die Wirtschaftlichkeit ruiniert, aber auch die Inflation spiele eine Rolle. "Es ist heute definitiv so, dass aufgrund der wirtschaftlichen Situation und aufgrund der politischen Lage es selbst bei der großen Einwohnerzahl, die wir versorgt haben, es mit zwei Apotheken nicht mehr ausreichend war," erzählt Jäger.

Als Beispiel für solche Entscheidungen nennt Jäger etwa die Festlegung des Apothekenhonorars im Jahr 2004 auf 8,10 Euro. Das ist der Betrag, den eine Apotheke, unabhängig vom tatsächlichen Preis, an einem rezeptpflichtigen Medikament verdient. Hinzu kommen drei Prozent des Apotheken-Einkaufspreises. Fast zehn Jahre später wurde das festgelegte Honorar auf 8,35 Euro angehoben, allerdings nicht weiter angepasst.

Neuer Entwurf von Bundesgesundheitsminister Lauterbach

Beim Bremer Apothekenverband und der Apothekerkammer ist die Sorge aktuell groß, dass in Bremen bald noch mehr Apotheken schließen müssen. Das befürchten sie, sollte der Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) so umgesetzt werden, wie er vor wenigen Wochen vorgelegt wurde.

Nach diesem noch nicht beschlossenen Gesetz soll unter anderem ein Apotheker oder eine Apothekerin nur noch acht Stunden pro Woche vor Ort in einer Filialapotheke arbeiten müssen. Bisher war eine kontinuierliche Anwesenheit während der Öffnungszeiten vorgeschrieben. Durch diese Regelung sind dann für einen Großteil der Zeit noch pharmazeutisch-technische Assistenzen oder pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte vor Ort, die nicht jedes Medikament ausgeben oder anmischen dürfen.

Apothekerkammer fordert Rücknahme des Entwurfs

Diese Pläne kritisiert der Präsident der Apothekerkammer, Klaus Scholz. Er befürchtet, die Kundinnen und Kunden nicht mehr genügend versorgen zu können: "Gerade Betäubungsmittel oder hochwertige Rezepturen werden dann nicht mehr in jeder Apotheke ausgegeben werden können." Das darf nämlich eigentlich nur ein Apotheker oder eine Apothekerin, so Scholz.

Die Apothekerkammer befürchtet deshalb noch mehr Stress auf den Schultern des Personals und noch mehr fehlendes Personal. Eine Rücknahme des Entwurfs sei deshalb wichtig, so Scholz.

Schlechte Versorgung in Woltmershausen

Ein Blick auf die Zahlen verrät: In der Stadt Bremen liegt die Apotheken-Versorgung unter dem Durchschnitt. Laut Apothekenverband gibt es in Bremen 18 Apotheken pro 100.000 Einwohner, in Bremerhaven sind es 20. In ganz Deutschland sind es 20 im Jahr 2023, das geht aus den Zahlen der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hervor. In Woltmershausen liegt die Apothekendichte bei sieben Apotheken pro 100.000 Einwohner.

In der Hansa-Apotheke spürt Inhaber Jäger die Auswirkungen politischer Entscheidungen seit vielen Jahren – durch Personalmangel und steigende Preise. Den Referentenentwurf empfindet er deshalb als Schlag ins Gesicht. Neben Personal fehlt ihm auch der Rückhalt in der Politik – und die Wertschätzung des Personals: "Nicht nur der Apotheker, sondern auch des pharmazeutischen Personals wie PTA (pharmazeutisch-technische Assistenzen, Anm. d. Red.) oder auch PKA (pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte, Anm. d. Red.)."

Referentenentwurf soll überarbeitet werden

Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums soll, wie es für diese Entwürfe üblich ist, nochmal überarbeitet werden. Auch eine Beratung im Bundestag steht noch bevor. Eine Umsetzung ist dann laut Apothekerkammer ab 2025 zu erwarten.

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Autorin

  • Marie Roters
    Marie Roters Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 1. Juli 2024, 13:40 Uhr