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Medikamenten-Mangel? Was derzeit in Bremen fehlt und was nicht

Ein Kind nimmt eine Tablette.

Medikamenten-Mangel? Was im Winter zu erwarten ist

Bild: dpa | Jens Kalaene

Volle Arztpraxen, auch in Krankenhäusern steigt die Auslastung – die Krankheitswelle ist im vollen Gange. Welche Medikamente fehlen und wie sich Apotheken behelfen.

Welche Medikamente sind derzeit nicht lieferbar?

Auskunft darüber gibt tagesaktuell eine Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Bei einem Blick auf die fehlenden Medikamente fällt auf, dass viele Antibiotika darunter sind.

Die Apothekerkammer Bremen hat Lieferschwierigkeiten bei folgenden Arzneimitteln festgestellt: Antibiotika für Kinder, Antidepressiva für Jugendliche, Augentropfen und bestimmte Medikamente für chronisch kranke Menschen sowie für Krebspatienten. "Bei den Antibiotikasäften für Kinder erwarten wir, dass durch die Möglichkeiten der Beschaffung im Ausland und die Vorgaben der Bundesregierung zur Bevorratung an den Großhandel (Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz) ein Engpass vermieden werden kann", teilt Franca Reitzenstein, Pressesprecherin der Apothekerkammer Bremen, auf Anfrage mit.

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Wie beeinflussen die Lieferengpässe die Arbeit in den Praxen?

Antibiotisch wirkende Medikamente mit den vielfach verschriebenen Wirkstoffen Penicillin und Amoxicillin seien derzeit verfügbar, ebenso Fiebersäfte, teilt Marco Heuerding, Pressesprecher des Landesverbands der Kinderärzte in Bremen auf Anfrage mit.

Holger Schelp, Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen beobachtet seit ein bis zwei Jahren immer wieder Lieferengpässe unterschiedlicher Medikamente. Neben Breitband-Antibiotika seien auch schon Blutdruckmittel oder Präparate für herzkranke Menschen nicht zu bekommen gewesen. "Wir haben meist irgendeine Alternativ in petto, aber eben nicht immer. Für die Behandlung ist das blöd, weil eben nicht die erste Wahl, sondern die zweite Wahl eingesetzt werden muss", schreibt Schelp auf Anfrage. Für alle Beteiligten mache das mehr Arbeit, weil man sich erneut absprechen und Rücksprache halten müsse.

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Was mache ich, wenn ich mein verordnetes Medikament nicht bekommen kann?

Apothekerinnen und Apotheker können die Menge oder Packungsgröße eines abgegebenen Medikaments reduzieren, oder auf eine andere Darreichungsform ausweichen. In Sonderfällen kann es einen Einzelimport geben, wenn es ein Medikament in Deutschland nicht gibt und eine ärztliche Verordnung vorliegt, was aber sehr selten gemacht werde, teilt Franca Reitzenstein, Pressesprecherin der Apothekerkammer Bremen mit. "Ansonsten bleibt nur die Rücksprache mit dem Arzt und eine Wirkstoffänderung."

Eine Sonderregelung gilt bei Antibiotikasäften für Kinder. Hier haben Apotheken nach Auskunft der Apothekerkammer nun die Möglichkeit, Arzneimittel aus dem Ausland zu bestellen.

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Wie gehen die Bremer Krankenhäuser mit fehlenden Medikamenten um?

"Dass etwas nicht lieferbar ist, kommt immer wieder vor. Unsere Krankenhaus-Apotheke kennt das. Bisher war das aber immer ganz gut zu lösen", sagt Karen Matiszick, Pressesprecherin des Bremer Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno). Allerdings sei es mit einem erhöhten Aufwand verbunden, weil nach Alternativmedikamenten recherchiert oder gegebenenfalls eine Arznei selbst hergestellt werden müsse. Beim St. Joseph-Stift Bremen ist es ähnlich, wie Pressesprecher Maurice Scharmer mitteilt: "Einen akuten Mangel haben wir derzeit nicht, da wir trotz Engpässen bei bestimmten Mitteln auf Alternativen zurückgreifen können."

Im Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven verweist man auch auf die Mühen, die mit der Suche nach Alternativmedikamenten verbunden sind. "Es braucht derzeit etwas mehr Einsatz und vorausschauende Planung bei zum Teil höheren Beschaffungskosten", teilt Pressesprecher Henning Meyer auf Anfrage von buten un binnen mit. Die Versorgung sei aber sichergestellt. Antibiotika, die über eine Infusion verabreicht werden, seien dank einer langfristigen Planung und Bevorratung im Klinikum Reinkenheide ausreichend vorhanden. "Schwieriger sieht es bei Präparaten aus, die oral verabreicht werden, wie etwa Säfte, Tabletten oder auch Kapseln. Um auch hier eine adäquate Versorgung sicherzustellen, müssen wir häufiger den Lieferanten wechseln oder auch einzelne Präparate importieren, was dann mit höheren Kosten verbunden ist", schreibt Meyer.

Beim Rotes-Kreuz-Krankenhaus in Bremen hat man festgestellt, dass Patientinnen und Patienten auch nach der Entlassung häufig Schwierigkeiten hätten, das empfohlene Antibiotikum zu bekommen. Meistens gelinge es in Zusammenarbeit mit der Krankenhausapotheke, auf Alternativmedikamente auszuweichen. Allerdings kann das die Kosten enorm in die Höhe treiben. "Es kann passieren, dass Ersatzpräparate das Zehnfache von dem kosten, was wir für unsere bewährten Medikamente zahlen, wenn diese nicht verfügbar sind", schreibt Pressesprecherin Dorothee Weihe auf Anfrage von buten un binnen. "Es ist leider schwierig, verlässliche Informationen zu bekommen, ob bei angekündigten "Lieferengpässen" die Medikamente verspätet, gar nicht mehr bzw. für wie lange nicht verfügbar sind und das ist berechtigter Grund zur Sorge."

Wie gut helfen neue Gesetze und Ausnahmeregelungen, die Medikamentenmangel bekämpfen sollen?

Um den einschneidenden Medikamentenmangel aus dem vergangenen Winter künftig zu verhindern, gibt es jetzt eine Dringlichkeitsliste. "Alle Arzneimittel, die auf dieser Liste stehen, dürfen bei Nichtverfügbarkeit in der Apotheke 'gegen ein wirkstoffgleiches in der Apotheke hergestelltes Arzneimittel, auch in einer anderen Darreichungsform, oder gegen ein wirkstoffgleiches Fertigarzneimittel in einer anderen Darreichungsform ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt' ausgetauscht werden", teilt Franca Reitzenstein, Pressesprecherin der Apothekerkammer Bremen, mit.

Außerdem wurden unter anderem die Preisregeln für Kindermedikamente gelockert und es wurde Apothekerinnen und Apothekern erlaubt, Antibiotikasäfte für die jüngsten Patienten bei Bedarf auch im Ausland zu bestellen. "Das führt in diesem Bereich zu einer Entspannung", teilt die Apothekerkammer Bremen mit. "Die Lockerung der Preisregeln für Kinderarzneimittel wirkt aktuell bereits." Anders beurteilt die Apothekerkammer allerdings die gesetzlichen Regelungen mit dem Ziel, die Medikamentenproduktion wieder stärker nach Europa zu verlagern: "Die Regelungen zur Lagerhaltung und Rückholung der Produktion nach Europa sind langfristig angelegt und zeigen aus unserer Sicht noch keine Wirkung im aktuellen Geschehen."

 

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Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 16. November 2023, 13:10 Uhr