Interview
Warum wurde die Bombe in Bremen-Farge erst in der Nacht gesprengt?
Die 500 Kilogramm schwere Bombe wurde am Montagnachmittag gefunden, gesprengt wurde sie aber erst in der Nacht. Warum der Einsatz so lange dauerte, erklärt der Sprengmeister.
Rund 2.500 Menschen in Bremen-Farge mussten ab 23 Uhr ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Der Kampfmittelräumdienst hatte einen Sicherheitsradius von einem Kilometer im Umkreis einer 500 Kilogramm schweren Weltkriegsbombe festgelegt. Der Blindgänger konnte laut Polizei nicht bewegt und somit nicht entschärft werden, da der Langzeitzünder gespannt war und eine Detonation jederzeit geschehen konnte.
Um 3 Uhr in der Früh waren die Evakuierungsmaßnahmen abgeschlossen, so die Polizei Bremen weiter. Um 3:21 Uhr gab es dann Entwarnung: Die Bombe war gesprengt, die Maßnahmen wurden aufgehoben. Im Interview mit Bremen Eins erklärt Sprengmeister Andreas Rippert, warum die Sprengung erst in der Nacht möglich war – und warum damit nicht bis zum Morgen warten konnte.
So sieht die Bombe von Bremen-Farge aus:
Die Bombe ist mitten in der Nacht gesprengt worden. Wann wurde sie denn gefunden, dass das so spät noch nötig war, Herr Rippert?
Das Tanklager Farge wird teilweise abgebrochen. Bei den Arbeiten ist eine private Kampfmittelräumfirma dabei und gegen 16:15 Uhr – also nach unserem Feierabend – kam die Meldung, dass dort eine Bombe gefunden worden ist. Dann wurde der Sprengmeister direkt alarmiert – das war in diesem Fall Thomas Richter –, er ist zur Dienststelle und dann nach Farge gefahren. Und von Niedersachsen bis nach Farge im Berufsverkehr dauert es eine gewisse Zeit.
In Farge hat er dann festgestellt, dass es sich um eine 500-Kilogramm-Bombe handelt. Hinten war noch ein Leitwerk dran, das zur Stabilisierung der Bombe im Fall befestigt ist (damit sie nicht schlingert, wenn sie aus dem Flugzeug abgeworfen wird. Anm. der Red.), das musste noch abgebaut werden. Erst dann konnte der Sprengmeister sehen, dass sich daran ein englischer Langzeitzünder befand. Der Prozess dauert natürlich eine gewisse Zeit.
Man konnte offensichtlich nicht entschärfen, sondern musste sprengen. Was hat dazu geführt?
Es gibt zwei Möglichkeiten: Den Langzeitzünder unter sehr hoher, persönlicher Gefahr zu entschärfen – oder zu sprengen. Der Sprengmeister hat sich dann für das Sprengen entschieden und dazu gehören dann auch die Sicherungsmaßnahmen, die man durchführen muss. Das bedeutet in diesem Falle, dass Wassersäcke aufgebracht worden sind. Die mussten dann auch erstmal von der Dienststelle hergebracht werden. Dazu mussten zwei Kollegen aus dem Feierabend geholt werden, die die Wassersäcke aufgeladen und zum Tanklager gefahren haben. Parallel dazu wurden die Evakuierungsradien festgelegt, dazu mussten wieder viele Kollegen aus dem Feierabend geholt werden, die dann die Maßnahmen durchgeführt haben. Bis die Kollegen dann die Evakuierung durchgeführt haben, dauert es – je nachdem, wie schnell die Leute ihre Wohnungen verlassen.
Die Bombe liegt ja schon mehrere Jahrzehnte da herum. Hätte es auch die Möglichkeit gegeben mit der Sprengung bis zum Morgen abzuwarten?
Nein, bei Langzeitzündern nicht. Es gab in der Bundesrepublik immer wieder Selbstdetonationen mit Langzeitzündern, das hätte dort auch passieren können. Ein krasser Fall ist natürlich die Bombe in Göttingen auf dem Schützenplatz, wo damals drei Kollegen von uns gestorben sind (2010, Anm. d. Red). Die Bombe war zur Entschärfung vorbereitet, hat sich ohne Fremdeinwirkung dann aber umgesetzt und das kann natürlich immer passieren. Wenn dann Menschen in der Umgebung sind, und die Bombe sich selbst umsetzt, dann hat man keine Möglichkeit mehr. In der Haut derjenigen, die dann da sind, möchte ich nicht stecken.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 24. Januar 2023, 7:40 Uhr