Fragen & Antworten

Selbstfindung, Sprachen und Sport: 50 Jahre Bildungszeit in Bremen

Wie Bremerinnen und Bremer ihre Bildungszeit erleben

Bild: dpa | Marijan Murat

Beschäftige in Bremen können Bildungsurlaub nehmen, hier Bildungszeit genannt. Das Gesetz dazu gilt seit Jahren, trotzdem wissen viele wenig darüber. Die wichtigsten Infos.

Zwar gibt es das Bremische Bildungszeitgesetz bereits seit fünf Jahrzehnten. Dennoch ist wohl längst nicht allen in Bremen und Bremerhaven klar, was genau es mit einer Bildungszeit auf sich hat. Dabei ist die Idee dahinter ganz einfach: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen sich, sofern sie es rechtzeitig anmelden, unabhängig von ihrem Beruf an einigen Tagen im Jahr weiterbilden. Ihre Arbeitgeber müssen sie dafür freistellen und ihnen weiterhin den vollen Lohn zahlen, sofern die Weiterbildung als Bildungszeit in Bremen anerkannt ist.

"Das schafft Chancengleichheit", sagt Josephine Klose von der Arbeitnehmerkammer Bremen dazu. Ihre Kammer hatte an dem Gesetzesentwurf zum Bremischen Bildungszeitgesetz in den siebziger Jahren maßgeblich mitgewirkt. Seitdem hat sich die Bildungszeit im Land Bremen fest etabliert. Das sollten Sie darüber wissen:

Was genau ist unter Bildungsurlaub zu verstehen?

Es handelt sich dabei um eine Weiterbildung, für die Arbeitgeber ihren Beschäftigten bezahlten Urlaub geben müssen. Sie müssen den Bildungsurlaub zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch gewähren, dürfen dafür also nicht den Erholungsurlaub kürzen, betont der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Wichtig zu wissen: Für den Anspruch eines Beschäftigten auf Bildungsurlaub spielt es keine Rolle, ob die Weiterbildung etwas mit dem eigenen Beruf zu tun hat. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun mit der Weiterbildung etwas für ihre Vita und erweitern ihren Horizont. Und auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber profitieren davon, dass ihre Beschäftigen über ihren Tellerrand blicken", sagt Klose von der Arbeitnehmerkammer Bremen.

Am Rande: In einigen Bundesländern heißt der Bildungsurlaub, zumindest offiziell, nicht Bildungsurlaub, sondern Bildungsfreistellung oder eben, wie in Bremen, Bildungszeit. Gemeint ist damit aber das Gleiche.

Eine Personengruppe wird von einem Guide beim Wandern begleitet (Symbolbild)
Bildungszeiten können auch aus Sportprogrammen wie geführten Wanderungen bestehen. Bild: Imago | Funke Foto Services

Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

An den Kursen teilnehmen kann daran generell jeder. Doch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Arbeitsplatz in Bremen können sich für den Bildungsurlaub nach dem Bremischen Bildungszeitgesetz freistellen lassen. Gleiches gilt für Auszubildende, Mini-Jobber und Personen in arbeitnehmerähnlicher Stellung. Auch wer in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder von zuhause aus für diese Einrichtungen arbeitet, kann sich für die Bildungszeit freistellen lassen.

Das Bremische Bildungszeitgesetz gilt allerdings nicht für Richter und Beamte. Ihre Urlaubsansprüche regelt die Bremische Urlaubsverordung. Danach ist ihnen zwar für die "Teilnahme an förderungswürdigen staatspolitischen Bildungsveranstaltungen" Sonderurlaub zu gewähren, für typische Bildungsurlaube aber nur in Ausnahmefällen.

Handelt es sich beim Bildungsurlaub nach dem Bremischen Bildungszeitgesetz um eine Bremer Besonderheit?

Nein. Das Recht auf Bildungsurlaub ist heute in 14 von 16 Bundesländern gesetzlich verankert, nur nicht in Sachsen und in Bayern, wie der DGB mitteilt. Zuerst hatte Hamburg ein Bildungsurlaubsgesetz eingeführt – zum 1. April 1974. Das Bremische Bildungszeitgesetz, das vor 50 Jahren entwickelt worden ist, ist am 1. Januar 1975 in Kraft getreten.

Wie hoch ist der Anspruch auf Bildungszeit in Bremen?

Er beträgt in Bremen zehn Tage, verteilt auf zwei Kalenderjahre. Das gilt zumindest für Vollzeitbeschäftigte. Für diejenigen, die regelmäßig mehr oder weniger als fünf Tage pro Woche arbeiten, erhöht oder verringert sich der Anspruch entsprechend, teilt das Bildungsressort auf dieser Website mit. Bildungszeit kann man demnach frühestens dann beanspruchen, wenn man sechs Monate bei demselben Arbeitgeber beschäftigt ist.

Was für Seminare darf ich besuchen?

Das Spektrum reicht von Sprachkursen über politische Seminare bis hinzu Selbstfindungskursen und Sportkursen. Neben den Gewerkschaften bieten diverse Träger aus der Erwachsenenbildung im In- und Ausland Kurse an. Websites wie "bildungsurlaub.de" oder "bildungsurlauber.de" zeigen die Angebote mehrerer Träger aus mehreren Bundesländern an. Sie gliedern ihre Angebote in Kategorien wie Sprachen, Politik, Studienreisen, Gesundheit, EDV und Marketing.

Josephine Klose von der Arbeitnehmerkammer Bremen weist in diesem Zusammenhang darauf hin: "Bevor man sich für ein Angebot entscheidet, sollte man sich vom Anbieter nachweisen lassen, dass der Kurs in Bremen anerkannt wird." Hierzu können Bildungszeit-Anbieter dem Teilnehmer etwa eine Kopie oder die PDF-Datei der Anerkennung durch das Land Bremen schicken.

Worauf muss ich achten, wenn ich Bildungszeit beim Arbeitgeber beantrage?

Wichtig ist, dass man die Bildungszeit mindestens vier Wochen vorher beantragt. Expertin Klose rät zudem dazu, den Antrag schriftlich beim Arbeitgeber zu stellen. "Der Arbeitgeber muss innerhalb einer Woche mitteilen, ob er zustimmt", sagt sie.

Ablehnen dürfe ein Arbeitgeber nur aus "zwingenden betrieblichen Gründen" oder aufgrund zuwider laufender Urlaubswünsche anderer Beschäftigter. Dann etwa, wenn die beantragte Bildungszeit mit dem Urlaub anderer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zusammenfällt, die schulpflichtige Kinder haben und daher ihren Urlaub sinnvoller Weise in der Ferienzeit nehmen müssen.

Klose betont aber, dass der Anspruch auf die Bildungszeit in so einem Fall nicht grundsätzlich verfällt. Der Betroffene könne einen neuen Antrag für einen anderen Bildungsurlaubs-Zeitraum beim Arbeitgeber stellen. Für den Fall, dass sich ein Arbeitgeber, etwa aus Unkenntnis der Rechtslage, weigert, der Bildungszeit zuzustimmen, bietet die Arbeitnehmerkammer Unterstützung an. "Wir betrachten den konkreten Fall und sind auch bereit, den Arbeitgeber anzuschreiben zu informieren", sagt Klose.

Bremer Arbeitsrechtexpertin klärt Fragen rund um die Bildungszeit

Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. September 2024, 19:30 Uhr