Fragen & Antworten
Arzttermin verschwitzt – wann eine Strafgebühr zulässig ist
Ärzteverbände fordern Konsequenzen, wenn Patienten Termine sausen lassen. Worauf man achten sollte und welche Lösungen es noch gibt, erklären zwei Experten.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen hatte sich ebenso wie der Bundesverband und weitere fachärztliche Verbände dafür ausgesprochen, eine Strafgebühr für nicht abgesagte Termine bei niedergelassenen Ärzten einzuführen. Grund: Zu viele Termine verstrichen ohne Absage und der Praxis entgingen Einnahmen.
Demgegenüber steht eine große Nachfrage nach Facharztterminen. Aber in vielen Fällen könne nicht einfach ein Patient aus dem Wartezimmer "nachrücken", sagen Mediziner. Denn bei verschiedenen Untersuchungen und Behandlungen werden Zeitfenster und Geräte reserviert, die Termine werden vorbereitet, zum Beispiel wenn MRT-Bilder erstellt werden oder ein Zahn überkront wird.
Dürfen Ärzte für versäumte Termine ein Ausfallhonorar nehmen?
"Die Frage, ob es rechtmäßig ist, für einen nicht abgesagten Termin ein Ausfallhonorar zu verlangen, ist ungeklärt. Es gibt verschiedene Urteile dazu mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es dazu noch nicht", sagt Kai Kirchner, Referent Krankenversicherung bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Manche Richter sähen einen sogenannten Annahmeverzug, wenn ein Patient nicht zum Termin erscheint. Das ist ein Begriff aus dem Vertragsrecht. Im Annahmeverzug befindet sich jemand, der die in einem Vertrag vereinbarte Leistung nicht rechtzeitig annimmt. Die Vergütung muss dann trotzdem bezahlt werden.
"Andere sehen eine Sonderkündigungsmöglichkeit für den Patienten: Wenn er nicht zum Termin erscheint, hat er damit den Vertrag gekündigt und muss auch nichts mehr bezahlen", sagt Kirchner. "Das macht es natürlich nicht einfach für Patienten. Der Gesetzgeber sollte die Debatte zum Anlass nehmen, die Frage nach einem Ausfallhonorar verbindlich zu regeln."
Bei der Unabhängigen Patientenberatung sieht man die Lage so: "Die Erhebung einer solchen Gebühr ist rechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wie beispielsweise, wenn die Patientinnen und Patienten im Vorfeld eindeutig und nachweisbar über die Gebühr informiert wurden und die Praxis nachweisen kann, dass der Termin nicht anderweitig vergeben werden konnte", teilt Heike Morris, juristische Leiterin, auf Anfrage mit.
Wie wissen Patienten überhaupt, dass die Praxis eine Gebühr erhebt?
Kai Kirchner von der Verbraucherzentrale Niedersachsen empfiehlt eine schriftliche Vereinbarung, damit Patienten wissen, was auf sie zukommt, wenn sie ohne Absage nicht zum Termin kommen. "Eine faire Vereinbarung sollte eine Absagefrist von maximal 24 Stunden vor dem Termin vorsehen und eine Ausnahme für kurzfristige Absagen wegen Erkrankungen machen. Das Ausfallhonorar sollte fair sein und deutlich unter der Vergütung für die geplante Leistung liegen."
Wie hoch darf die Strafgebühr sein?
Laut Kirchner müsse sie angemessen hoch sein. Aus seiner Sicht ist das zumindest weniger als der Arzt oder die Ärztin an Honorar für die Untersuchung bekommen hätten, wenn sie wie geplant stattgefunden hätte. Auch hier spricht sich der Verbraucherschützer für eine 24-Stunden-Frist aus und die Möglichkeit, auch noch kurzfristig wegen Krankheit absagen zu können, ohne die Gebühr zahlen zu müssen.
Wie kann man erreichen, dass mehr Patienten zuverlässig absagen?
Heike Morris von der Unabhängigen Patientenberatung kann sich vorstellen, dass Praxismitarbeiter schon bei der Terminvereinbarung darauf hinweisen, dass es eine hohe Nachfrage gibt und ein versäumter Termin auch andere Patienten benachteiligt, weil sie nicht kurzfristig nachrücken können.
"Eine Möglichkeit könnte auch die Verbesserung der Erreichbarkeit von Arztpraxen sein, um es Patientinnen und Patienten zu erleichtern, Termine rechtzeitig abzusagen", schreibt Morris. Wie gut Praxen für Patientinnen und Patienten erreichbar sind, ist allerdings sehr unterschiedlich. Im Idealfall gibt es noch andere Möglichkeiten, abzusagen außer per Telefon, zum Beispiel per E-Mail, über das Terminvereinbarungsportal Doctolib oder per Fax.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 10. September 2024, 6 Uhr