Warum die Ariane 6 ein Erfolg werden muss
Vier Jahre hat sie Verspätung, im Sommer soll sie zum ersten Mal starten. Auf der Ariane 6 liegen große Erwartungen und Hoffnungen – auch in Bremen.
Der letzte Ariane-Start war im Juli vergangenen Jahres. Das war aber noch eine Ariane 5, die europäische Trägerrakete, die oft als zuverlässigste weltweit bezeichnet wurde. Und eigentlich hätte ihre Nachfolgerin, die Ariane 6, schon längst in Betrieb sein sollen.
Verspätet wegen Corona und Komplexität
Aus verschiedenen Gründen hat das nicht geklappt. Die Corona-Pandemie inklusive personellen Auswirkungen sowie Lieferschwierigkeiten erklärt das nur zum Teil. François Deneu ist Direktor des Raketenprogramms Ariane 6 bei der ArianeGroup, die die Ariane 6 baut. Er sagt:
Wir haben zusätzliche Komplexität durch neue Antriebssysteme geschaffen. Und Sie müssen wissen: Ist die Rakete einmal vom Boden weg, ist alles nur noch Software-gesteuert. Alles aufeinander abzustimmen, war schwieriger als gedacht.
François Deneu, Direktor des Raketenprogramms Ariane 6
Die Verspätung sei kein Ruhmesblatt gewesen, sagt Jens Franzeck, der seit Anfang des Jahres neuer Produktionschef der ArianeGroup ist. Parallel zur Vorbereitung des ersten Starts wird in Bremen bereits an weiteren Oberstufen für die nächsten Flüge gearbeitet.
Durch Serienfertigung bis zu zwölf Oberstufen pro Jahr
Bisher sind nach offiziellen Angaben 28 Flüge mit der Ariane 6 gebucht – noch bevor die Rakete ein einziges Mal abgehoben ist. Läuft alles gut, soll jeden Monat eine Ariane 6 starten. Entsprechend müssen die Einzelteile der Rakete in höherer Taktung produziert werden.
Dafür wurde in Bremen extra ein serieller Fertigungsprozess entwickelt – ein bisschen angelehnt an die Fließbandproduktion im Automobilbau. Produktionsingenieur Max Reinhardt ist zuversichtlich, dass sich das auszahlt. Zumindest sei in der Produktion und auch im Ingenieurswesen alles getan worden. "110 Prozent, möchte ich sagen", betont Reinhardt.
Insgesamt hat die Entwicklung der neuen europäischen Raketengeneration nach letzten Angaben rund vier Milliarden Euro gekostet. Dafür erwarten die europäischen Länder, die am Ariane-Programm beteiligt sind, wieder einen eigenen Zugang zum Weltall. Zuletzt waren die Regierungen, aber auch Organisationen und Unternehmen auf Anbieter wie SpaceX in den USA angewiesen.
Hersteller hält Rakete trotz hoher Kosten für wettbewerbsfähig
Zum Vergleich: Das Raumfahrtunternehmen des Milliardärs Elon Musk hat allein im vergangenen Jahr rund 100 Raketen gestartet. Das Konzept beruht darauf, dass die Raketen wieder auf der Erde landen.
Dass die Konkurrenz unter anderem aufgrund von wiederverwendbaren Raketen günstiger ist, bedeute nicht, dass es für die Ariane 6 keine Nachfrage gebe, heißt es sowohl vom Konzern ArianeGroup als auch von der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Gerade hochsensible Satelliten wollen Regierungen lieber mit einer eigenen Rakete ins All befördern. Aber Zuverlässigkeit und Genauigkeit spielen eine Rolle. Geht ein Satellit beim Start verloren, bedeutet das einen riesigen Verlust an Geld und Zeit. Wird ein Satellit exakt in der vorher berechneten Umlaufbahn ausgesetzt, kann er meist deutlich länger betrieben werden.
Schon vor dem Erststart ist Weiterentwicklung absehbar
In den Bereichen könne die Ariane punkten, sagt Produktionschef Franzeck. Der Anspruch sei, mindestens so zuverlässig wie die Ariane 5 zu werden. Dennoch wird das im zukünftigen Raketengeschäft nicht reichen. Das hat der Generaldirektor der europäischen Weltraumagentur ESA deutlich gemacht.
Wir wollen natürlich die Ariane 6 jetzt einige lange Jahre nutzen. Wir brauchen den gesicherten Zugriff zum Weltraum. Deshalb brauchen wir eine Ariane 6, aber parallel dazu wollen wir eine wiederverwendbare Rakete entwickeln.
Josef Aschbacher, Generaldirektor der ESA
Das mehrfache Nutzen von Raketen ist nicht nur unter Umweltaspekten von Bedeutung. Es hat bei den sehr teuren Bestandteilen auch einen ganz klaren Effekt auf die Kosten. Gleichzeitig gilt es die Frage zu klären, was dann in einer großen Produktion passiert, wenn dort nur noch ein oder zwei Raketen pro Jahr entstehen statt angepeilt zwölf. Bei einem hohen Anteil an laufenden Kosten ginge das zulasten der Effizienz. Nicht zuletzt hängen daran auch Arbeitsplätze. Pro Schicht sind allein in Bremen jeweils 40 hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
Per Spezialschiff zum Startplatz in Südamerika
Erst mal muss nun aber die Ariane 6 überhaupt zeigen, was sie kann. Im Zeitraum zwischen Mitte Juni und Ende Juli soll sie von Kourou in Französisch-Guayana aus starten. Die Oberstufe ist fertig und wartet auf ihren Einsatz. Von der Produktionshalle in der Airport-Stadt bringt sie ein Schwertransporter in den Neustädter Hafen. Dort wartet ein Spezialschiff. Die eigens für den Transport gebaute "Canopée" bringt die Oberstufe aus Bremen zunächst nach Frankreich und lädt dort die Hauptstufe ein. Dann geht es über den Atlantik und im Sommer von Kourou aus ins All.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen um 6, 26. Januar 2024, 18 Uhr