Diese Bremerhavener Apotheke bleibt ihren uralten Rezepten treu
Manchen Orten sieht man ihre Besonderheit nicht auf Anhieb an. Dann lohnt ein Blick hinter die Kulissen. Die Alte Privilegierte Apotheke von 1680 in Bremerhaven-Lehe ist so ein Ort.
Von außen ein einfaches, gelbgestrichenes Haus, wird erst im Innern die jahrhundertealte Geschichte dieser Apotheke lebendig. Apotheker Joachim Sandmann begleitet seine Kunden bei der Verabschiedung, wenn nötig sogar bis vor die Tür. In der Langen Straße in Bremerhaven-Lehe gibt es die Alte Privilegierte Apotheke schon seit über 300 Jahren. Älter ist keine andere Apotheke in der Umgebung. So unscheinbar das Gebäude von außen ist: Im Inneren ist es wie ein kleines Museum.
Diese Apotheke gleicht einem Museum
"Es gibt unsere alte Gründungsurkunde, das Privileg vom 8. Dezember 1680", berichtet Sandmann. Dem damaligen Apotheker wurde an diesem Datum die Betriebserlaubnis erteilt. Zuständig war damals der Gouverneur des schwedischen Königs mit Sitz in Stade. "Ich bin hier die Nummer 20 in der Reihe der Apothekeninhaber", sagt Sandmann.
Apotheke fiel Feuer fast völlig zum Opfer
1801 sind mehrere Häuser in dem Straßenzug abgebrannt. Auch die Alte Privilegierte Apotheke fiel den Flammen damals zum Opfer. Auf den noch vorhandenen originalen Grundmauern wurde 1802 die Apotheke wiederaufgebaut, das heutige Gebäude entstand.
Das Einzige, was man noch sieht, sind so ein paar alte Feldsteine in den Grundmauern. Mehr ist leider nicht hier, bis auf einen schönen alten Mörser. Den hat man hinterher in der Asche des Brandes gefunden. Der ist von ungefähr 1750.
Joachim Sandmann, Apotheker
Über die alte denkmalgeschützte Holztreppe geht es hinauf ins erste Obergeschoss. Vorbei an der Ahnengalerie. Auf den alten Schwarz-Weiß-Fotografien sind die Vorbesitzer der Apotheke zu sehen. Es ist wie eine kleine Zeitreise zurück in die Anfänge des 19. Jahrhunderts.
Kräuterkammer als Vorläufer von Arzneipackungen
Und dann steht der Besucher auf einmal mitten drin – in der Kräuterkammer. An den Wänden hohe, dunkle Eichenregale, auf denen unzählige Apothekerfläschchen mit Mineralien stehen. Auf der gegenüberliegenden Seite kleine Holzfässer mit getrockneten Kräutern, Wurzeln, Blättern und Blüten.
Hier sieht man, es ist kein Museum, weil all diese Kräutertonnen sind noch voll. Die benutzen wir auch noch. Und man bekommt noch einen Eindruck davon, wie es in Apotheken vor der Fertig-Arzneimittel-Zeit war. Als wir noch nicht die Schubladen aufgezogen und Packungen herausgenommen haben, da musste man aus solchen Zutaten Tinkturen, Salben und alles Mögliche herstellen.
Joachim Sandmann, Apotheker
In der Mitte des Raumes steht ein alter Arbeitstisch mit einer Balkenwaage und einem Messing-Mörser aus dem 18. Jahrhundert. "Das ist der alte Mörser, das Symbol der handwerklichen Apothekerschaft", erklärt Sandmann. "Früher wurde darin viel zerkleinert und gemischt."
280 Jahre alter Mörser als Herzstück
Mit seinen fast 280 Jahren ist der Mörser somit das älteste Stück im Haus. Die Alte Privilegierte Apotheke in Bremerhaven-Lehe ist ein Ort voller Geschichte. Aber trotzdem ist auch hier die Zeit nicht stehen geblieben: Natürlich gibt es ein modernes Labor und Computer – aus dem heutigen Apothekeralltag nicht mehr wegzudenken. Besonders ist dieser Ort trotzdem:
Das Einzige, was sie bewahrt haben, ist die Kräuterkammer, kann man so sagen. Weil es immer schon etwas Besonderes war und jeder neue Apotheker hat sicher – ähnlich wie ich – erstmal staunend hier gestanden. Alles andere wurde immer so gebaut, gemacht und umgestaltet, wie man es brauchte. Es ist ja auch das Interessante an so einem alten Haus: die Lebendigkeit, es war immer irgendetwas los hier.
Joachim Sandmann, Apotheker
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 31. März 2023, 19:30 Uhr