Interview

DFL-Investor? Filbry: "Keine Gefahr, dass Spieltag aufgesplittet wird"

Werder-Chef setzt auf Investor für die DFL

Bild: Radio Bremen

Macht die DFL einen Deal mit einem Investor und nimmt für einen Teil der TV-Erlöse 2,5 bis drei Milliarden Euro ein? Werders Finanzchef Klaus Filbry erklärt, warum er dafür ist.

Als der Geschäftsführer vom 1. FC Köln, Christian Keller, und nicht Werders Finanzchef Klaus Filbry vor zwei Wochen in den Aufsichtsrat der Deutschen Fußball Liga (DFL) gewählt wurde, sorgte dies für reichlich Spekulationen. Die Wahl war nötig geworden, weil Fredi Bobic nach seiner Freistellung bei Hertha BSC das Gremium verlassen hatte und somit ein Nachfolger her musste. Filbrys Niederlage wurde dabei auch als kleiner Fingerzeig gewertet. Immerhin gilt der Bremer in der Frage um den Einstieg eines Investors bei der DFL als Befürworter. Keller hingegen ist in dieser Causa deutlich skeptischer.

Gehofft wird bei der DFL, dass durch die Zusammenarbeit mit einem strategischen Partner möglicherweise ein Erlös von 2,5 bis drei Milliarden Euro generiert werden kann. Ebenjener Partner würde für das gezahlte Geld wiederum für die kommenden 25 bis 30 Jahre 15 Prozent der TV-Erlöse der DFL erhalten. Das Thema wird seit einiger Zeit eifrig und auch durchaus hitzig diskutiert. Das Präsidium der DFL hat sich erstmal dafür ausgesprochen, den Planungsprozess fortzuführen.

Christian Keller steht im Kölner Stadion am Spielfeldrand.
Christian Keller vom 1. FC Köln hat sich bei der Wahl in den Aufsichtsrat der DFL gegen Werders Klaus Filbry durchgesetzt. Bild: Imago | Revierfoto

Im nächsten Schritt werden nun von Investoren vorläufige Angebote eingeholt. Dadurch soll geschaut werden, wieviel Geld die DFL durch einen derartigen strategischen Partner am Markt tatsächlich einnehmen könnte. Als Interessenten gelten aktuell sechs Private-Equity-Gesellschaften. Hierbei handelt es sich um Advent, Blackstone, KKR (jeweils aus den USA), Bridgepoint (aus Großbritannien), CVC (aus Luxemburg) und EQT (aus Schweden).

Sobald die Ergebnisse der vorläufigen Angebote vorliegen, sollen diese in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vorgestellt werden. In der Folge wird dann darüber abgestimmt, ob die Verhandlungen fortgeführt werden. Damit es zu einem Abschluss kommt, bedarf es am Ende aber einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Mitgliederversammlung. Derzeit wird bezweifelt, dass diese tatsächlich zustande käme. Im Interview mit buten un binnen erklärt Filbry, warum er den Einstieg eines strategischen Partners begrüßen würde und was mit dem vielen Geld geplant wäre.

Werders Finanzchef Klaus Filbry sitzt bei der Mitgliederversammlung auf dem Podium.
Klaus Filbry arbeitet seit Januar 2010 bei Werder. Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Herr Filbry, warum sieht die DFL es als notwendig an, einen Teil der Medienrechte über einen Lizenzvertrag zu veräußern?

Als DFL gibt es vielfältige Herausforderungen. Zum einen haben wir als Liga durch die Corona-Pandemie 1,1 Milliarden Euro an Eigenkapital verloren. Zum zweiten sind wir in einem internationalen Wettbewerbsumfeld. Wir sehen, dass Ligen wie Spanien, Italien oder Frankreich teilweise schon Investorendeals umgesetzt haben beziehungsweise sich damit beschäftigen. Und wir sehen, dass außerhalb Deutschlands in alle Ligen sehr viel Investorenkapital kommt. Von daher ist es wichtig, um sich mit den Themen Digitalisierung, Wachstum und einer eigenen OTT-Plattform* auseinanderzusetzen, sich auch mit zusätzlichem Kapital auseinanderzusetzen. Das kann auch einen Wachstumsimpuls generieren.

* Anmerkung: Bei einer "OTT-Plattform" handelt es sich um ein Streaming-Angebot, das den Konsumenten Video- oder Audio-Inhalte über das Internet zur Verfügung stellt. Hierfür wird zumeist ein Entgelt gefordert. Beispiele sind Netflix oder Spotify.

Wie steht Werder zu diesem Thema?

Grundsätzlich stehen wir dem Thema aufgeschlossen gegenüber. Wir reden hier nicht über einen Anteilsverkauf, sondern ein gewisser Teil der Einnahmen wird abgetreten. Dafür bekommt man dann vorab Geld. Das kennen wir aus der normalen Sportrechtevermarktung mit Sportfive oder Infront. Wenn dieses Geld dann in neue Wachstumsfelder wie die Digitalisierung, neue Content-Formate und eine OTT-Plattform investiert werden kann und zugleich Mittel für den Sport zur Verfügung gestellt werden, um auch dort nachhaltiges Wachstum zu generieren, ist es eine sinnvolle Geschichte.

Geht es nur um das Geld? Oder sollen mit dem Investor auch Projekte angegangen werden, die alleine nicht möglich wären?

Es geht absolut um eine Weiterentwicklung der Liga und damit eine internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es geht auch darum, sich eine gewisse Unabhängigkeit aufzubauen, indem eine eigene OTT-Plattform entwickelt wird. International haben wir in den vergangenen Jahren extrem an Erlösen verloren. Von 300 Millionen Euro sind wir da auf etwa 160 oder 170 Millionen Euro runtergegangen. Die Premier League löst da im Vergleich international über das Zehnfache um. Insofern ist es wichtig, dass wir uns mit den Themen, wie wir uns selber besser vermarkten können und eventuell auch eine eigene Plattform im Ausland aufbauen, auseinandersetzen. Da geht es auch darum, wie wir neue Content-Formate für junge Menschen ins Leben rufen und wir die Liga insgesamt stärker vermarkten können. Dazu braucht man Kapital. Und Kapital ist der gesamten Liga durch die Corona-Pandemie verloren gegangen.

Erling Haaland bejubelt ein Tor.
Mit Blick auf die Frage des Einstieg eines Investors bei der DFL führt Klaus Filbry auch die englische Premier League an, die im internationalen Vergleich deutlich mehr Geld einnimmt. Bild: Imago | PA Images

Wie müssten aus Ihrer Sicht bei einem derartigen Deal die Rahmenbedingungen aussehen?

Die Themen der Mittelverwendung und Mittelverteilung sollten vorab sehr klar besprochen und auch entschieden werden. Es Ist das A und O, klar zu wissen, wie die Mittel verwendet werden und wie sie entsprechend verteilt werden. Es gibt drei Bereiche: Der eine ist der Kommunikationsbereich. Da geht es darum, die Themen weltweit kommunikativ aufzubauen. Dann gibt es den Bereich der Infrastruktur. Dazu gehört sowohl der technische Aufbau einer OTT-Struktur, als auch Investitionen in die Digitalisierung, Stadieninfrastruktur und Nachwuchsleistungszentren. Und es gibt den Sport. Auch da muss das Geld sinnvoll eingesetzt werden, damit man nachhaltiges Wachstum über Investitionen in das Kerngebiet erzielt.

Weiß Werder bereits, wie der Klub das Geld investieren wollen würde?

Ich hoffe, dass die Vorgaben sehr klar sind und sich alle Vereine auch an diese halten müssen, wenn Geld verteilt wird. Dann gibt es auch die wenigsten Diskussionen. Wenn die Liga am Ende sagt, dass Geld in eine digitale Infrastruktur oder im Sport nach gewissen Kriterien investiert werden muss, dann gilt das am Ende natürlich für die gesamte Liga.

Kritiker innerhalb der DFL schlagen stattdessen die Aufnahme von Krediten vor, um die geplanten Vorhaben anzugehen. Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen?

Wir benötigen auch Investitionen in den Sport, das ist unser Kernbereich. Ich glaube nicht, dass man für so etwas Kredite bekommt. Ein reines Modell mit Fremdkapital mit den Risiken, die damit behaftet sind, wird man aus meiner Sicht nicht umsetzen können. Um Wachstumskapital zu bekommen, ist das Modell, das aktuell auf dem Tisch liegt, das vernünftigere.

Nicht Sie, sondern Christian Keller vom 1. FC Köln wurde in den Aufsichtsrat der DFL gewählt. Er ist ein Gegner des Modells. Dies wurde auch so gedeutet, dass ein Teil der Vereine sich ebenfalls dagegen ausspricht. Trifft dies Ihrer Auffassung nach zu?

Ich würde das anders interpretieren. Das Präsidium der DFL hat sich ja dafür entschieden, diesen Weg weiterzugehen. Insofern glaube ich, dass es mittlerweile eine breite Zustimmung gibt, das Thema an dieser Stelle weiterhin zu verfolgen. Trotzdem wird Werder, wie alle anderen Vereine auch, das Thema kritisch hinterfragen.

Investoren sind bei den Fußballfans in Deutschland nicht sonderlich beliebt. Wie sollen die Anhänger miteinbezogen werden?

Wie gesagt: Wir verkaufen keine Anteile an der DFL, sondern es ist ein Lizenzdeal. Über die DFL gibt es Strukturen, bei denen mit den entsprechenden Fangruppierungen ein Dialog herrscht. Ich gehe davon aus, dass das Präsidium diesen Dialog suchen wird.

Werder-Fans protestieren mit einem großen Garfield-Schild gegen Bundesligaspiele am Montag.
Die zwischenzeitlichen Montagsspiele hat die DFL wieder aggeschafft. Klaus Filbry glaubt nicht, dass der Spieltag weiter zerstückelt werden würde. Zumindest vorerst nicht. Bild: Imago | Nordphoto

Müssen die Fans sich Sorgen machen, weil die Spieltage noch weiter zersplittert werden könnten?

Wir haben ja schon die Rahmenbedingungen für die neue TV-Ausschreibungsperiode definiert. Insofern glaube ich nicht, dass ein neuer Anstoßtermin dazukommen wird. Es wird eventuell einen Ausweichtermin für den Sonntag nochmal geben. Dort wird man an gewissen Spieltagen dann drei Spiele am Sonntag haben. Das gibt es jetzt aber auch. Ich sehe erstmal keine Gefahr, dass es eine Aufsplittung der Spieltage geben wird.

Autoren

Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit sportblitz, 19. März 2023, 19:30 Uhr