Teamcheck: Knüpft Werder im neuen Jahr an die starken Leistungen an?

Nach dem Aufstieg spielten die Bremer auch im Oberhaus groß auf. Doch die Spekulationen um Niclas Füllkrug reißen vor dem Bundesliga-Restart nicht ab. Wir machen den Teamcheck.

Wolfsburg-Trainer Niko Kovac hat es getan, ebenso Gladbach-Coach Daniel Farke und auch Hoffenheims André Breitenreiter. Sie alle betonten vor den Duellen ihrer Teams mit Werder, dass die Bremer "kein typischer Aufsteiger" seien. Trotz klammer Kasse, trotz unveränderten Spielkonzepts zur 2. Liga, trotz grün-weißen Understatements. Doch der Plan der Bremer, auch im Oberhaus auf das Erfolgsrezept der Aufstiegssaison zu vertrauen, ging auf. Mehr noch: Ungeachtet der Außenseiterrolle etablierte sich Werder nicht nur im Liga-Mittelfeld, sondern setzte auch die ein oder andere Duftmarke.

Werder-Wahnsinn gegen Dortmund und Gladbach

Schon jetzt hat der 3:2-Erfolg in Dortmund am dritten Spieltag seinen festen Platz in der Vereinshistorie: Bis zur 88. Minute hatte Werder mit 0:2 zurückgelegen und wie der sichere Verlierer ausgesehen. Doch dann besorgten erst die Joker Lee Buchanan und Niklas Schmidt den Ausgleich, bevor der ebenfalls eingewechselte Oliver Burke vor der BVB-Südtribüne die Partie vollends drehte. Drei Tore in sechs Minuten – ein Werder-Wahnsinn, der das späteste Comeback der Bundesliga-Historie bedeutete.

Auch der klare 5:1-Heimsieg gegen Mönchengladbach sorgte ligaweit für Aufsehen. Schon zur Halbzeit hatten die Bremer mit 4:0 vorne gelegen und sich in einen Rausch gezaubert. In den letzten Spielen ging den Norddeutschen mit nur zwei Siegen und vier Niederlagen sowie dem Pokal-Aus bei Zweitligist Paderborn zwar ein wenig die Luft aus. Doch auch die 1:6-Klatsche gegen Bayern München, bei der mutige Werderaner einiges Lehrgeld zahlten, tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Kein Wunder, stehen die Bremer vor dem Bundesliga-Restart doch auf einem komfortablen neunten Tabellenrang.

Spekulationen um Werder-Torjäger Niclas Füllkrug

Die bisherige Transferphase verlief an der Weser zumindest auf dem Papier überwiegend ruhig. Neue Gesichter finden sich jedenfalls keine. Dass der Verein noch eine Verpflichtung tätigt, ist trotz eher dünner Personaldecke unwahrscheinlich. Auch weil die Bremer keine Notwendigkeit für Neuzugänge sehen. "Vor allem die Art und Weise unseres Fußballs hat gezeigt, dass wir einen guten und ausgeglichenen Kader haben", sagte Sportchef Frank Baumann im Sportblitz. Auf der Seite der Abgänge stehen wiederum mit Nicolai Rapp (sieben Kurzeinsätze/nach Kaiserslautern) und Benjamin Goller (ohne Pflichtspielminute/Nürnberg) gleich zwei Spieler. Beide hatten sich in Bremen nicht durchsetzen können und suchen nun in der 2. Liga ihr Glück.

Für Unruhe im sonst so entspannten Bremen sorgten hingegen die Spekulationen um die Zukunft von WM-Fahrer Niclas Füllkrug. Dass der Torjäger (zehn Bundesliga-Treffer) frisch seine Berater-Agentur gewechselt hat, dürfte bei manchen Werder-Fans für Schnappatmung gesorgt haben. Zumal sowohl aus Sicht des Spielers als auch des Vereins ein Transfer lukrativ wäre: Zwar wäre der sportliche Verlust enorm, aber den klammen Bremern würde ein Verkauf des 29-Jährigen gewiss eine hohe Millionen-Summe einbringen. Füllkrug wiederum hat bewiesen, dass er auf hohem Niveau mehr als nur mithalten kann. Mit einem Wechsel zu einem Top-Klub bekäme er wohl die letzte Chance, auch auf Vereinsebene international zu spielen.

Trotz offenen Ausgangs geben sich beide Seiten nach außen hin entspannt. "Ich bin einfach froh hier zu sein und glaube, dass ich bei Werder noch viele Möglichkeiten habe, mich weiterzuentwickeln", sagte Füllkrug. Werders sportlicher Leiter Clemens Fritz hingegen betonte: "Wir sind aktuell gelassen." Momentan scheint es, als würden die Parteien ihre Zusammenarbeit fortsetzen. Gut möglich aber, dass nach der Saison neue Bewegung in die Füllkrug-Causa kommt.

Prägt Ole Werner eine neue Werder-Ära?

Ein Füllkrug-Verbleib wäre definitiv auch im Sinne von Werder-Trainer Ole Werner. Der 34-Jährige coachte die Bremer im 3-5-2-System zum Aufstieg und setzt auch im Oberhaus auf seine bewährte Formation. Personelle Wechsel in der ersten Elf nimmt Werner nur selten vor. Auch weil trotz der stärkeren Gegner der Erfolg geblieben ist. "Wenn es in der 2. Liga an der Mittellinie einen Ballverlust gibt, steht es 50 zu 50, dass es eine Torchance wird. In der Bundesliga ist es zu 100 Prozent eine Torchance", resümierte Werner nach seinem ersten Werder-Jahr im Sportblitz.

Die Qualität, in der Fehler ausgenutzt werden, ist ein Riesen-Unterschied zur 2. Liga.

Werder-Trainer Ole Werner im Sporblitz

Mit seinem bodenständigen Auftreten und seinem Hang zu attraktivem, aber auch ertragreichen Fußball hat Werner an der Weser reichlich Erinnerungen an grün-weiße Erfolgszeiten geweckt. Mancher Bremer traut ihm gar zu, eine ähnliche Ära zu prägen wie einst Otto Rehhagel oder Thomas Schaaf. Kurzum: Werner und Werder scheinen sich gesucht und gefunden zu haben. Wenig überraschend hat der Verein schon öffentlich verlautbart, den 34-Jährigen langfristig an sich binden zu wollen. Und auch Werner fühlt sich wohl an der Weser: "Ich hatte vom ersten Moment an ein super Gefühl."

Ein einstelliger Tabellenplatz wäre ein großer Erfolg für Werder

Mit 21 Punkten aus 15 Spielen liegen die Bremer aktuell auf Tuchfühlung zum oberen Drittel der Liga. Statt also im Kampf um den Klassenerhalt festzustecken, mischt Werder um die internationalen Plätze mit – wenn auch nur mit Blick auf die Tabelle. Während die Fans ruhig träumen sollen, bleiben Spieler, Trainer und Verantwortliche bescheiden. Und das aus gutem Grund: "Gerade die letzten ein, zwei Jahre haben gezeigt, dass wir mit Demut und Bodenständigkeit total gut gefahren sind", sagte Füllkrug.

Die lange WM-Pause nutzten die Bremer für ein Trainingslager im spanischen Murcia und einige Testspiele (2:0-Sieg gegen Drittligist Real Murcia und 2:2-Unentschieden gegen den Schweizer Erstligisten FC St. Gallen). Die Generalprobe gegen ersatzgeschwächte Schalker gewann Werder knapp mit 1:0. Spielerisch hatten die Grün-Weißen in den Testkicks jedoch nur teilweise überzeugt. Kurzum: Es gibt noch Luft nach oben für Werner und seine Schützlinge.

Bestätigen die Bremer aber auch im neuen Jahr ihre bislang gezeigten Leistungen, dürfte der Abstiegskampf ohne Werder-Beteiligung steigen. Punkten die Grün-Weißen sogar weiterhin regelmäßig, ist womöglich ein einstelliger Tabellenplatz drin. Für einen Aufsteiger wäre schon das ein riesiger Erfolg und auf mehr zu hoffen fast schon vermessen. Aber wie ja ligaweit bekannt ist, sind die Bremer vieles, aber sicherlich kein typischer Aufsteiger.