Bremer Para-Schwimmerin mit Schrauben im Rücken erfolgreich
Anna Josephine Schulz ist erfolgreich im Becken, aber für Bremen kann die 19-Jährige in Wettbewerben nicht antreten. Denn für Para-Schwimmen fehlt hier das Know-how.
Beim Schwimmen vergisst Anna Josephine Schulz alles. Von klein auf leidet die 19-Jährige an einer aggressiven Form der Skoliose. Ihre Wirbelsäule ist um 90 Grad verkrümmt. Erst schwamm sie für die Gesundheit, dann für den Erfolg.
Wenn man im Wasser ist, fühlt man sich ein bisschen schwerelos, dann spüre ich die Stäbe und Schrauben im Rücken kaum noch. Als ob ich alles machen könnte.
Anna Josephine Schulz
Vor zwei Jahren hat sie ihren Rücken versteifen lassen. Statt eines Korsetts trägt sie nun Medaillen. Im Para-Schwimmen gewann sie Doppel-Gold bei den internationalen deutschen Meisterschaften.
"Würde super gerne Bremen repräsentieren"
Über die 50 Meter Rücken schwamm sie im vergangenen Jahr deutschen Rekord. Doch nicht für Bremen, sondern für Hamburg. Denn in Bremen fehlen Ansprechpartner und Strukturen im Para-Sport.
Ich würde supergerne darauf aufmerksam machen. Ich würde supergerne meine Stadt oder mein Bundesland repräsentieren.
Anna Josephine Schulz
Kein Know-how in Bremen beim Para-Schwimmen
Bis zur ihrer Versteifungs-OP ist Schulz für Bremen von 1910 geschwommen, dort startete sie bei Wettkämpfen mit gesunden Schwimmern. Doch nach dem Eingriff wurde es schwierig.
Sie wussten gar nicht, wie sie mit mir reden können. Was mit mir passiert ist. Und als es um Wettkämpfe ging, hieß es, dass das gar nicht geht und sie mich nicht unterstützen wollen und können.
Anna Josephine Schulz
Der Sportliche Leiter von Bremen von 1910 äußerte sich schriftlich zu den Vorwürfen: "Für die Teilnahme an Wettkämpfen gibt es grundsätzlich viele Regeln zu beachten", so Oliver Poek, "das gilt genauso für Para-Wettkämpfe. Hier fehlt uns zum einen die Erfahrung und das Know-how."
Schulz startet notgedrungen für Hamburg
Schulz schwimmt nun für zwei Vereine: erstens für den TUS Huchting, um in Bremen trainieren zu dürfen. Und dann noch im Para-Sport für den Alstersport Hamburg, einem Verein für inklusiven Sport mit Landeskader – so etwas gibt es nicht in Bremen.
Bundesweit haben nur Berlin, Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt Kader-Trainer. Beim Deutschen Behinderten-Sportverband sind 200 Vereine gemeldet, vor über zehn Jahren gab es einmal einen Para-Schwimmer aus Bremen. Doch der deutsche Behindertensportverband bezeichnet Bremen als sogenannten "weißen Fleck".
Landesschwimmverband bietet Unterstützung an
"Wenn wir Kontakt aufnehmen wollen, uns wird dann auch nicht geantwortet", erklärt Susanne Jedamsky, die Co-Bundestrainerin im deutschen Behindertensportverband: "Die sind für uns nicht existent, weil da niemand ist, der sich engagiert." Schulz schwimmt einmal pro Woche im Horner Bad auf eigene Kosten und nach den Trainingsplänen aus Hamburg. Zudem schwimmt sie einmal beim TuS Huchting, als Auszubildende zur Verwaltungs-Fachangestelten hat sie nicht viel Zeit.
Zuletzt hat sich Schulz an den Landesschwimmverband gewandt, dort wurden ihr nun andere Trainingsmöglichkeiten angeboten sowie finanzielle Unterstützung. "Ich bin zufrieden in Hamburg, aber ich wünsche mir einfach, dass Bremen Para-Schwimmen bisschen mehr fördert und sieht, dass jemand hier ist." Anna Josephine Schulz schwimmt weiter: für bessere Zeiten und Chancen-Gleichheit in Bremen.
Für ihre bisherigen Leistungen wurde Schulz zu Bremens Behindertensportlerin des Jahres gewählt und wird am 7. März im GOP-Theater ausgezeichnet.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit Sportblitz, 26. Februar 2023, 19:30 Uhr